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# taz.de -- ■ Das Portrait: Indro Montanelli
Chamäleon, Wendehals, Geschäftemacher – oder einer der wenigen aufrechten,
geradlinigen Konservativen? Fest steht: Was immer Indro Montanelli, 86,
auch angefangen hat, er hat es geschafft, was draus zu machen. Heute gehört
der gebürtige Florentiner zu den meistgelesenen Kommentatoren Italiens –
auch bei der Linken: ein Rechter, der in seiner erst voriges Jahr
geschaffenen Tageszeitung la Voce die Rechte genau in der Weise zerpflückt,
wie es die Linke auch gern tun würde, aus Mangel an Ideen und Ansehen aber
nicht kann.
Italiens Auf-Rechter Foto: Montesi/Ropi
Begonnen hat er bei Mussolini, sich schon bald von der damaligen Politik
losgesagt – und blieb dennoch beim Corriere della sera. Erst als der
Corriere zum Hauptförderer des „Historischen Kompromisses“ zwischen KP und
Katholiken wurde, verließ Montanelli die Zeitung aus Protest gegen „diese
vermauschelte Demokratie“ – und gründete nach einem kurzen Zwischenspiel
bei la Stampa 1974 sein eigenes Blatt, Il Giornale nuovo.
Das lebte zunächst vor allem von den feurigen Artikeln Montanellis gegen
alles und jeden, hatte aber bald Mühe, beim ausufernden Konkurrenzkampf und
bei der Einführung neuer Techniken mitzuhalten. Da bot sich einer als
Geldgeber an, der seinerzeit noch kaum mit Politik in Verbindung gebracht
wurde: Silvio Berlusconi. Er sicherte Montanelli redaktionelle
Unabhängigkeit zu, und beide fuhren nicht schlecht damit – bis sich der
Medienmogul 1993 in die Politik begab und die Förderung durch „seine“
Zeitung als selbstverständlich ansah. Da verabschiedete sich der rüstige
Montanelli – und zeigte, daß er eine neue Zeitung ebenso schnell aufbauen
kann wie Berlusconi eine Partei.
Das Modell der Unabhängigkeit kupferte er dabei ausdrücklich vom linken il
manifesto ab, das Geld holte er sich von den Lesern über Kleinaktien
zusammen, und so ist la Voce entstanden, das inzwischen alle anderen Medien
an Schlagfertigkeit und Respektlosigkeit weit überholt hat. „Die einzige
Zeitung, die den elektronischen Medien trotz der Print-Nachteile Paroli
bietet“, urteilte die New York Times fast neidvoll. In der Tat ein Genuß,
die täglichen Aufmacher zu betrachten – halbseitige Fotomontagen, die meist
mit Film- oder Buchtiteln versehen sind, so etwa „High noon“, als
Berlusconi endlich abtrat. Kein Wunder, daß Berlusconi Montanelli
inzwischen als seinen „schlimmsten und bösesten Feind“ ansieht. Werner
Raith, Rom
2 Feb 1995
## AUTOREN
Werner Raith
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