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# taz.de -- Picasso boykottiert Paris
> ■ Das große Friedensgemälde Guernica von Pablo Picasso soll wegen der
> Atomtests nicht nach Frankreich kommen
Paris (taz) – Dürfen die Franzosen „Guernica“ wiedersehen? Paris hat das
berühmte Bild von der Zerstörung der Stadt durch die Deutschen entstehen
gesehen. Picasso malte es noch während des Spanischen Bürgerkriegs in
seinem Atelier in der Rue des Grands-Augustins am linken Seine-Ufer. Jetzt
möchte das Pariser Museum „Centre Pompidou“ das Bild Ende nächsten Jahres
im Rahmen seiner Ausstellung „Face à l'histoire“ („der Geschichte
gegenüber“) zeigen. Doch Spanien sperrt sich. Pablo Picassos monumentale
Anklage gegen Gewalt und Krieg dürfe nicht an ein Land ausgeliehen werden,
das Atombomben teste, heißt es. Die Kritiker verweisen auf den eindeutig
pazifistischen Hintergrund des Bildes und führen, wie der Historiker Javier
Tusell, Picasso selbst als Kronzeugen gegen den Verleih an. Der Ex-Direktor
des Prado ist ob des Projektes „moralisch entrüstet“.
Das Madrider Museum „Reina Sofia“ führt andere Gründe an: Seine
Kunstexperten – unterstützt von Kulturministerin Carmen Alborch –
argumentieren, das Gemälde würde zu sehr unter einem Transport leiden. So
böten Handelsflugzeuge nicht genügend Platz für das 7,76 mal 3,49 Meter
große Gemälde, der Land- und Schienenweg sei zu gefährlich. Diese
Behauptung wird von Experten allerdings stark bezweifelt. Technische
Probleme waren bislang kein Hindernis für Picasso- Ausstellungen – so
überquerten noch im vergangenen Jahr die „Desmoiselles d'Avignon“ den
Atlantik. Dennoch versicherte Regierungschef González seinem französischen
Besucher Chirac in der vergangenen Woche, die einzige Begründung für ein
etwaiges „Nein“ seien Probleme beim Transport.
Eine endgültige Entscheidung läßt auf sich warten. Spaniens
Kulturministerin hat die Kompetenz in der heiklen Frage an den
Regierungschef weitergegeben und den Kunstverleih damit zum Politikum
ersten Ranges gemacht. González seinerseits hat gegenwärtig kein Interesse,
seine Gefolgschaft mit einer unpopulären Entscheidung zu vergrätzen – im
nächsten März sind Wahlen. Anschließend wird vieles anders sein: Madrid hat
dann wahrscheinlich eine konservative Regierung. Die französischen
Atomtests werden abgeschlossen sein.
Picasso malte sein Bild viele Jahre vor dem Bau der ersten Atombombe.
Bomben standen dennoch am Anfang: Am 27. April 1937 hatte ein deutscher
Luftangriff die baskische Kleinstadt Guernica zerstört – eine direkte
Unterstützung Hitlers für Francos Putschisten. Spaniens Republikaner hatten
die Auftragsarbeit Picassos 1937 in ihrem Pavillon auf der Pariser
Weltausstellung gezeigt. Nach der Niederlage der Republikaner siedelte
„Guernica“ in die USA über, wo es 42 Jahre lang im New Yorker „Museum of
Modern Art“ ausgestellt war – bis Diktator Franco starb. Picasso hatte
verfügt, daß es erst nach der Wiederkehr demokratischer Verhältnisse in
sein Land kommen solle. Dort sollte es – auch das ein ausdrücklicher Wille
des Malers – einen Platz im „Museo del Prado“ finden. Doch dort hing es n…
wenige Jahre. Nach heftigem Streit zwischen Kunstexperten, Picasso-Erben
und der spanischen Regierung zog es 1988 in das „Reina Sofia“ um. Dorothea
Hahn
17 Oct 1995
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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