# taz.de -- "Viel Geld kann einen fertigmachen" | |
> ■ Interview mit Alfred Platow (48) von der Düsseldorfer Versiko AG über | |
> die Vermögensverwaltung von linken Millionenerben: "Erben großer Summen | |
> müssen annehmen lernen, um loslassen zu können" | |
taz: Versiko macht nicht nur in Versicherungen, sondern auch | |
Vermögensberatung? | |
Alfred Platow: Ja, sogar die komplette Vermögensverwaltung. Angefangen | |
hatte es ganz zufällig 1985: Ein langjähriger Versicherungskunde bat um | |
eine Finanzberatung. Er sagte, der Vater sei gestorben, er sei der Erbe, | |
hatte dann einen Waschkorb voll mit Unterlagen und Kontoauszügen hier | |
hingestellt und gesagt, er wolle da nicht dran und könne noch nicht mal die | |
Briefe öffnen. „Klärt ihr das“, bat er, „verwaltet es für mich und mac… | |
irgend etwas gesellschaftspolitisch Sinnvolles damit.“ | |
Ein Einzelfall? | |
Das dachten wir anfangs. Aber wir haben schnell gelernt: Geld kann Leute | |
wirklich fertigmachen. Gerade Erben aus dem intellektuellen Milieu sind bei | |
großen Vermögen moralisch manchmal völlig überfordert. Manche haben immer | |
verdrängt, was auf sie zukommen könnte. Andere haben nichts davon geahnt: | |
Und dann sind da außer dem erwarteten kleinen Häuschen der Eltern plötzlich | |
vier Millionen Mark in Wertpapierfonds angelegt. Ein anderer erbte ein | |
ganzes Wohnviertel in Westberlin und hatte plötzlich über tausend Mieter. | |
Und er sagt: „Das kann ich nicht, das will ich nicht. Ich als Vermieter? | |
Niemals.“ | |
Wird Versiko somit zu einer Art „Seelentröster“ von Millionären? | |
Nein. Aber ich staune immer wieder, wie engstirnig und geizig gerade die | |
großen Erben sein können, daß sie sich nichts mehr gönnen wollen, wie | |
blockiert die sind. Wenn ein Außenstehender jetzt einen Lachanfall bekommt | |
über die Skrupel der Millionenerben, dann kann ich nur sagen: „Sei froh, | |
daß du nicht betroffen bist.“ Denn das Entscheidende ist immer: Man erbt | |
auch die Familiengeschichte und häufig viele Schuldgefühle. Und damit haben | |
einige große Probleme. | |
Der Vater ein Immobilienspekulant oder böser Fabrikherr, das | |
Familienanwesen vielleicht in der Nazizeit unter unbekannten Umständen | |
erworben, persönliche Verletzungen aus früher Zeit ... so in dieser Art? | |
Zum Beispiel. Es gibt viele Gründe für den Erbschock. Und der will | |
behandelt sein. | |
Eine Aufgabe für einen Kaufmann? | |
Ich bin nicht nur Handelskaufmann, sondern auch Diplomsozialarbeiter und | |
Erzieher. Zuerst ist da immer die sozialarbeiterische Betreuung, | |
wöchentliche Beratungsgespräche. Mit manchen dauern die ein volles Jahr. Da | |
gehen wir richtig ans Eingemachte. Wichtig ist, in den Gesprächen an Fragen | |
und Ängste heranzukommen: „Was bedeutet Geld wirklich für mich? Bin ich | |
jetzt ein anderer Mensch? Werde ich etwa so wie mein Vater? Ändert sich | |
mein Lebensplan, und wohin führt das?“ Es dauert oft sehr lange, bis die | |
Erben zu akzeptieren gelernt haben, daß sie die elterliche Geschichte | |
mitgeerbt haben. Verdrängen wäre genau der falsche Weg. Gerade die Erben | |
großer Summen müssen annehmen können, denn nur dann können sie loslassen. | |
Warum macht Versiko überhaupt Vermögensberatung? | |
Weil wir mit jetzt 21 Jahren Erfahrung Alternativen bieten können zu den | |
Angeboten der privaten Banken. Wir haben Wege gefunden, geerbtes Kapital | |
über den üblichen Ertrag hinaus auch sozialpolitisch sinnvoll einzusetzen. | |
Das Ziel ist ja nicht der vollgoldene Grabstein, sondern den individuellen | |
Wünschen entsprechend einen positiven Geldkreislauf in Bewegung zu setzen. | |
Bitte eine Erfolgsgeschichte! | |
Nennen wir ihn Fritz W., 39, Einzelkind, alleinstehend, als Studienrat in | |
einer WG lebend – und plötzlich Multimillionär. Als der Vater, ein | |
prominenter Gynäkologe, stirbt, tauchen weltweit verstreut Kapitalanlagen | |
auf, Gesamtsumme über fünf Millionen Mark. W. mußte sich mit Widerstand und | |
Abscheu allen repräsentativen Verpflichtungen widmen. Er fühlte sich völlig | |
überfordert und sagte immer: „Mein Vater hat mich ausgetrickst.“ Zuerst | |
hatte er sogar auf der Stelle mit One-way- Ticket und unbekanntem Ziel | |
abhauen wollen ... | |
... und das Erbe wäre dem unsterblichen Stiefvater Staat zugefallen. Der | |
Erb-GAU! | |
Genau. Es ist eine politische Grundüberzeugung der Firma Versiko, daß | |
gerade eine Millionenerbschaft bei uns so angelegt wird, daß kein Pfennig | |
an Steuern anfällt. Einer glaubte einmal, bei seinem Großvermögen sei ein | |
gewisser Anteil Einkommensteuer angemessen. Er war nicht davon abzubringen. | |
Den haben wir abgelehnt. Denn für solche Ablaßzahlungen mit | |
Entlastungsfunktion des Gewissens sind wir nicht zuständig. | |
Bei Fritz W. hat das dann geklappt? | |
Ja, ich habe angefangen, nach Ws verborgenen Wünschen zu forschen und mit | |
ihm eine Lebensplanung entwickelt. Dabei habe ich fast die Vaterrolle | |
übernommen und ihm einzelne, wirtschaftlich durchaus interessante | |
Schachzüge des Vaters auf den Geldmärkten in Salami-Taktik erklärt. Ganz | |
langsam hat er angefangen zu verstehen und irgendwann die Dinge annehmen | |
können, wie sie sind. Heute lebt er als Reiseleiter in Neuseeland, läßt | |
sich von Versiko 4.500 Mark monatlich überweisen und weiß sein Vermögen | |
hierzulande sinnvoll verwaltet. | |
Kann jeder Erbe zu Versiko kommen? | |
Für eine Beratung ja. Unsere Vermögensverwaltung machen wir erst ab einer | |
Summe von einer Million Mark aufwärts, gegen ein Prozent Honorar. Heute | |
betreue ich 21 solcher Millionenerben mit zusammen 61 Millionen Mark. | |
Interview: Bernd Müllender | |
25 Nov 1995 | |
## AUTOREN | |
Bernd Müllender | |
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