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# taz.de -- Workshop Nr. 17: Die TeilnehmerInnen
> Die TeilnehmerInnen des Workshops „Boulevard“.
Bild: Die TeilnehmerInnen.
Bei der Auswahl der TeilnehmerInnen wird darauf geachtet, dass eine
interdisziplinäre Gruppe mit unterschiedlichen Vorkenntnissen im
Journalismus entsteht.
JedeR kann sich bewerben. Die je zehn Frauen und Männer pro Workshoptermin
sind zwischen 18 und 28 Jahre alt und kommen aus allen Regionen
Deutschlands und aus dem Ausland.
Clara Kiesbye, 18. Von Föhr ging's erst nach Lübeck und dann nach
Braunschweig, um dort bald Abitur zu machen, mir mit Menschen, Politik und
(Zukunfts-)Musik die Zeit zu vertreiben – und mit einem Schulprojekt im
lokalen Journalismus für Radio, Zeitung & Co. Meine Vorliebe zu Sprachen
und Abenteuer trieb mich zudem ein Jahr nach Venezuela – mit
Spanischvorkentnissen? Das wär ja langweilig!
Boulevard – er verklärt uns den Blick für die Realität, macht Mücken zu
Elefanten und umgekehrt: Sich über die vermeintlichen Stars zu echauffieren
ist halt bequemer als über die wirklichen Skandale in der Welt und vor der
Haustür nachzudenken. Manipulation pur! Und wir merken es noch nicht mal...
Dmitrij Direktor, kurz Dima. Ich bin 27 Jahre alt und Student des
Umweltingenieurwesens an der Uni Kassel. In der Hauptstadt der Ukraine
geboren, lebe ich seit meinem 5.Lebensjahr mit meiner Familie in Kassel.
Nach einer Motivationsdurststrecke steuere ich nun, durch einen
China-Aufenthalt befeuert, mit Vollgas gen Uniabschluss. Ein großes
Interesse weckt bei mir zur Zeit der Pfad des Selbstständigen und das
Unternehmertum.
- Seit Erscheinen der ersten Boulevard-Zeitung Deutschlands B.Z. am Mittag
1904 hat sich das Boulevard-Genre drastisch vergrößert und leider an
Bedeutung zugenommen. Während die Vorkriegsthemen noch von breiter
politischer Berichterstattung geprägt sein mochten (Wiki), hat der
inhaltliche Wert des Nachkriegs-Boulevards-Journalismus dank bekannter
auflagenstarker Tageszeitungen stark nachgelassen.
Eva Boser, ich bin 19 Jahre alt und komme aus Nürnberg. Dort habe ich
diesen Sommer mein Abitur an der Rudolf Steiner-Schule absolviert. Nach ein
paar Monaten reisen, mache ich derzeit ein Praktikum in einer integrativen
Gärtnerei.
Sensationsgeile Überschriften, skandalöse bis obszöne Bilder, emotionale
Wortwahl untermalt von authentischen Anekdoten. Wohin führt uns die
Boulevardisierung der Presse? Wir gehen den Problemen aus dem Weg auf der
Suche nach leichter Unterhaltung.
Lukas Franzen, bin 25, komme aus Aachen. Mit meinem Studium (Politik und
VWL/Wirtschaftsgeschichte) bin ich gerade fertig geworden. Im November
startet mein Volontariat bei den Blättern Aachener Zeitung und Aachener
Nachrichten - dem Verlag, wo ich vor meinem Studium schon eine Ausbildung
zum Medienkaufmann gemacht habe. Meine Interessen: Musik, reisen,
politische Literatur.
Boulevard, das steht bei mir für Bild und Bunte, Paul Sahner und Kai
Diekmann, Lothars Liebschaften und royale Hochzeiten. Kurz: Klatsch und
Tratsch, den Menschen auf Toilette, beim Arzt oder Friseur lesen – und
vielleicht zu viel Beachtung schenken?
Fanny Steyer, bin 24, Französin und Wahlberlinerin. Ich bin in Straߟburg
und in Paris aufgewachsen und habe Literaturwissenschaft und
deutsch-französischen Journalismus studiert. Zum Journalismus bin ich
während einem Austauschjahr in Berlin gekommen. Ich bin freie Journalistin
und interessiere mich fürs Kochen, Radiomachen, für Frankreich, Kultur, und
gesellschaftliche Fragestellungen.
Wenn man mir „Boulevard“ sagt, denke ich sofort an die Boulevard-Presse.
Und diese ist für mich kein qualitativer Journalismus. Aber natürlich kann
man „Boulevard“ auch anders verstehen, deshalb bin ich gespannt auf den
Workshop, wo wir das Thema Boulevard kritisch reflektieren werden.
Markus Kowalski (20), studiert in Halle an der Saale Politikwissenschaften
und Germanistik. Aufgewachsen im beschaulichen Dorf im Osten zwischen
einsamer Öde und evangelikalen Kirchenleuten, hat er nach dem Abi mit einer
Kehrtwende schnell Feuer für den kritischen Journalismus gefangen.
Die sogenannten Nachrichten der Boulevardpresse rauschen regelmäßig an mir
vorbei. Morgens beim Bäcker kann ich die BILD-Schlagzeile des Tages oft nur
mit einem Augenrollen kommentieren. Doch dieses bunte Blatt lesen täglich
Millionen Menschen. Wo sind die bloß alle?
Fitore Muzaqi (25), ich studiere den Master /Communication Arts/ an der
Hochschule für bildende Künste in Braunschweig und erkunde den Norden seit
einem Jahr als Neuling. Mein Interesse gilt den verschiedenen
Darstellungsformen jeglicher Art, vor allem jedoch dem Film und der
Fotografie. Für den Journalismus begeistere ich mich seit meiner Kindheit.
Informationen zu sammeln, sie zu formulieren und an andere weiterzuleiten,
damit aufzuklären, zu begeistern und zu unterhalten macht für mich den Reiz
des Journalismus aus.
Der Begriff "Boulevard" stellt ursprünglich den Platz dar, an dem vorher
Mauern eine Stadt umzingelt haben. Dies bedeutet auch, dass er einen Raum
der Freiheit darstellt, da Mauern meiner Meinung nach einengen und
ausgrenzen. Dies lässt sich als Metapher in vielen Bereichen des
gesellschaftlichen Lebens übertragen. Es ergeben sich viele spannende
Richtungen aus Politik und Gesellschaft, die hier einbezogen werden können.
Ich freue mich schon auf das Ergebnis unserer Gruppe zu diesem Thema.
Markus Lücker, 25, geboren in irgendeinem vergessenen Nest, tief in der
ostdeutschen Tundra. Danach Student der Theaterwissenschaft an der FU
Berlin, ewiger Pendler zwischen Hamburg und Hauptstadt sowie
Gelegenheitsschreiberling für verschiedene Publikationen mit dem
Schwerpunkt Kultur.
Am 8. Juni 1972 schoss Nick Ut sein Napalm Girl, jene Ikone des
Vietnamkonflikts, die dem Kriegsfotografen den Pulitzer-Preis einbringen
sollte. Genau 35 Jahre später wird ihn ein weiteres heulendes Mädchen
weltweit auf die Titelseiten befördern: Paris Hilton auf dem Rücksitz eines
Streifenwagens…
Franca Forth, 23, aufgewachsen in München und am Meer. Nach dem Abitur kam
der Entschluss Bayern zu verlassen und den Osten zu erkunden. Nach drei
Jahren Studium in Leipzig, vor ein paar Wochen nach Berlin gezogen, um
einen Master in Nordamerikastudien anzufangen. Habe über Sex-Skandalen
amerikanischer Politiker geforscht, nebenbei einen Betonhocker gebaut und
für verschiedene Online-Zeitungen geschrieben.
Klatsch-Nachrichten wuchern sich durch unseren Alltag und verschaffen sich
fast überall Gehör. In der U-Bahn, auf der Straße oder beim Einloggen ins
E-Mail Postfach leuchten uns die grellen Schlagzeilen der Boulevardmedien
entgegen und wir erfahren ungewollt, dass Ryan Gosling und der Zoo X
Nachwuchs bekamen.
Nicolai Kühling (26) Ich habe 2014 Journalismus und PR an der Westfälischen
Hochschule abgeschlossen und studiere jetzt Gartenbauwissenschaften sowie
Kulturwissenschaft an der HU Berlin. Mit anderen Worten: Das Handwerk habe
ich schon, in den kommenden Jahren folgen Fachwissen und hoffentlich jede
Menge (Berufs-)erfahrung. Die übrige Zeit wird gegärtnert, gespielt,
geraucht und gesungen.
Bei einer Veranstaltung zu den „Folgen der 68er Jahre“ saߟ ich neben ein…
Revolutionärin um die Achtzig. Als sie hörte, dass ich Journalismus
studiere, schenkte sie mir aus einer Brotbox voll verblassender
Demo-Souvenirs einen 30 Jahre alten Button: „BILD – Nein Danke!“. Immer
noch aktuell.
Julia Heuermann, ich bin 25 Jahre alt und lebe in Hamburg. Geboren und
aufgewachsen bin ich in Flensburg an der dänischen Grenze und bin demnach
also ein echtes Nordlicht. Nach meinem Bachelor in Maschinenbau habe ich im
September 2014 meinen Master in Energietechnik abgeschlossen. Nun stehen
mir verschiedenste Wege offen ich muss mich nur noch für einen entscheiden.
Boulevard: Das Angebot an Zeitungen und Zeitschriften dieses Genres ist
riesig. Alle kennen die Boulevardmedien, doch angeblich liest sie ja
keiner. Der Bedarf an reißerischen Meldungen, Klatsch und Tratsch scheint
eine Art Grundbedürfnis der Gesellschaft zu sein. Warum ist das so?
Oliver Reimer, 23 Jahre alt, Student der Afrikanistik und
Kulturwissenschaften in Leipzig und Mitarbeiter bei JournAfrica!, einer
Plattform für neuen, authentischen Journalismus aus Afrika.
Boulevard ist für mich die moderne Agora, der Ort an dem über Nachrichten
diskutiert wird und Meinungen postuliert werden. Ein Ermöglichungsgrund an
den wir uns begeben müssen um Meinung mitzugestalten.
Lara Kühnle, 21 Jahre alt und komme aus dem idyllischen Ländle, wo ich
nicht nur mein Abitur gemacht habe, sondern auch seit zwei Jahren an der
Universität Stuttgart Elektrotechnik studiere. Um der Eintönigkeit des
Ingenieurdaseins zu entfliehen beschäftige ich mich in meiner Freizeit am
liebsten mit Sport und Kultur und habe besonders viel Spaß am Kochen.
Boulevard steht für mich vor allem für Klatsch und Tratsch, alte Damen im
Wartezimmer diverser Arztpraxen und unspektakuläre Geschichten, die so
erzählt werden, dass man sie trotzdem spannend finden kann. Außerdem muss
ich spontan an große, breite Straßen denken.
Sebastian Kränzle, nach dem Abitur habe ich ein Jahr in Frankreich
gearbeitet. Das Land ließ mich nie ganz los - jetzt studiere ich in
Freiburg unweit der französischen Grenze. Alle wollen nach Berlin, doch ich
bin mitten im schönen Schwarzwald gelandet. Ich bin 21, vertrete unsere
Fachschaft im Studierendenrat und oft im Freien beim Laufen anzutreffen.
Boulevard kann politisch sein und auch Spaß machen. Boulevard kann sogar
investigativ sein. Doch immer steht Boulevard für Kommerzialisierung,
Effekthascherei und der Versuch, Umstände stark vereinfacht darzustellen –
wobei Hintergrundinfos auf der Strecke bleiben.
Morgane Llanque, 20, Urberlinerin mit lateinamerikanischen Wurzeln. Abitur
2012. Studiert Geschichte und Politikwissenschaft in Berlin und ist
Stipendiatin der Journalistenschule ifp. Nach Hospitanzen bei Welt Online,
der Sächsischen Zeitung und dem Startup Pressekompass legt sie nun eine
Zwischenstation beim Theater ein und ist gespannt.
Der Boulevardstil ist ein vergiftetes Geschenk: er befriedigt die
Sensationsgeilheit und den Voyeurismus der Menschen. Das macht ihn für
Medien lukrativ, aber auch gefährlich: Von einem reißerischen Stil
versprechen sich immer mehr seriöse Tageszeitungen bessere Verkaufzahlen.
Damit büßen sie aber vor allem ihre Glaubhaftigkeit ein.
Sebastian Raviol, 23 Jahre alt und geboren in Karlsruhe. Ich habe
irgendwann gemerkt, dass mir Alles rund um Journalismus Spaß macht. Was mit
Spielberichten für den eigenen Handball-Verein und einem
Sportjournalismus-Studium angefangen hat, findet derzeit seine Fortsetzung
in einer freien Mitarbeit bei einer Karlsruher Zeitung. Ab dem
Wintersemester 2015 möchte ich meinen Master in Journalismus machen.
Der Boulevard ist von den Medien abhängig und umgekehrt. Dieser Art von
Berichterstattung kann man viel vorwerfen – dass sie aber immense Nachfrage
mit sich bringt, ist nicht von der Hand zu weisen. Der Boulevard findet
dort daher seinen berechtigen Platz. Solange journalistisch-ethische
Grundsätze eingehalten werden, ist dagegen auch nichts einzuwenden.
Nina Monecke, 23 Jahre, aus einem kleinen Dorf im Harz, wo die Landschaften
erhellender sind, als die politischen Meinungen der Bewohner. Hat
Politikwissenschaft in Bremen und Prag studiert, lebt und arbeitet seit
Kurzem in Berlin. Findet die ihr angedichtete Negativität
fehlinterpretiert: Es gibt einfach zu viele Schieflagen um uns herum, über
die man sich aufregen kann und auch muss!
Boulevard hat oberflächlichen Reiz. Eine schillernde Hülle, die nichts
Nachhaltiges beinhaltet. Oder? Vielleicht eine potentielle Lehre für uns,
die wir darauf hereingefallen sind, als wir statt unserem Verstand nur
unseren Augen gefolgt sind.
Tarik Kemper, 26, ist in Berlin geboren, aufgewachsen und nach einigen
Umwegen wieder dorthin zurückgekehrt. Er leistete einen Freiwilligendienst
in den USA, studierte Amerikanistik und Kommunikations- und
Medienwissenschaften in Leipzig und Ankara. Wenn er nicht gerade am Reisen
ist, studiert er den Master European Studies an der Viadrina Universität
Frankfurt (Oder).
Mit Boulevardjournalismus hat man es zu tun, wenn man die Zeitung seines
Gegenüber in der U-Bahn mitlesen kann. Die Kritik daran ist oft
gerechtfertigt, aber geht es im digitalen Zeitalter von sozialen Medien
überhaupt noch ohne dicke Schlagzeilen und große Fotos?
Sophie Bauer, 1990 in Bonn am Rhein geboren und dort aufgewachsen. Zur Zeit
sitze ich an meinen Bachelorarbeiten in Ethnologie und Politikwissenschaft,
den Fächern, mit denen ich mich unter anderem die letzten Jahre an der Uni
Leipzig beschäftigt habe. Nebenbei lerne ich weiter Kiswahili und bin
Praktikantin. Danach wird es in den Master gehen – Berlin, Frankfurt oder
Vechta stehen hoch im Kurs.
Warum lädt der Boulevard so zum Träumen ein? Ist es nur der Reiz der
Fremdsprache, der ihm anhaftet? Es ist mehr. Es ist der Hauch des
Historischen, eine verblichene Postkarte, Berlin der 20er Jahre, breite
Straßen, Frauen in schicken Kleidern, eine einsame Straßenbahn – Boulevard.
Tobias Hausdorf, 21-jähriger Berliner, hat 2011 das Abitur abgelegt und
studiert Englisch und Geschichte an der HU. Auslandsaufenthalte in den USA
und den Niederlanden haben ihm gelehrt: Perspektivenwechsel lohnen sich
immer. Tinte am Journalismus hat er als freier Mitarbeiter bei der
Märkischen Oderzeitung und beim Studierendenmagazin „spree“ geleckt, die er
seit Oktober als Chefredakteur leitet.
Boulevard: Aus einer prächtigen Straße wurde …, ja, was? Nicht-Nachrichten?
Unterhaltung? Was hat Boulevard überhaupt noch mit Journalismus zu tun?
Macht sich die Presse damit nicht selbst irrelevant? Fragen folgen Fragen
und hoffentlich Antworten.
21 Oct 2014
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