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# taz.de -- Das Web-Video der Woche: Das Leben als Musical
> Die US-Gruppe "Improv Everywhere" hat sich auf Flashmob-Theater
> spezialisiert. Ihre letzte Aktion: Ein spontanes Musical in einem
> Fastfood-Restaurant.
Bild: Die singende Burgerbräterin in Aktion.
Ein normales Fastfood-Restaurant mitten in einem Einkaufszentrum in L.A.
Eine Frau in der typisch demütigend-häßlichen Kluft amerikanischer
Fastfood-Ketten steht hinter dem Tresen einer Burgerbräterei und bedient
eine Kundin. Niemand beachtet sie - bis sie plötzlich lauthals in Gesang
ausbricht. Singend beklagt sie, dass sie dringend neue Servietten braucht.
Die Leute an den Tischen drehen sich um, gaffen sie an - und plötzlich
stimmt ein weiterer Mann ein, der ebenfalls Servietten verlangt, weil er
sich Senf auf die Hose gekleckert hat. Beide springen auf die Theke und
wieder herunter und tanzen Polka durch den Foodcourt in der US-Mall.
Die Gäste an den Tischen sind verwirrt. Es ist wie ein Wirklichkeit
gewordenes Musical, wo die Menschen auch immer aus dem Nichts heraus
anfangen zu singen und zu tanzen und sich die ganz alltägliche Welt
plötzlich in eine Showbühne verwandelt. Immer mehr Gäste stimmen in Gesang
und Tanz mit ein: Eine dicke Frau mit einem Baby, ein
Reinigungsangestellter mit Kehrschaufel - und schließlich ein Mitarbeiter
des Sicherheitsservices, der per Funk Serviettenverstärkung anfordert.
Die Gäste des Fastfood-Restaurants sind Zeuge einer [1][Aktion] der
US-Gruppe "Improv everywhere" geworden. Die lose Gruppe von
Hobbyschauspielern begann 2001 in New York, im öffentlichen Raum komische
und provozierende Aktionen zu inszenieren. Das Schema ist immer das
gleiche: Aus dem Nichts tauchen die "Agenten" von "Improv everywhere" auf
und starten in alltäglichen Situationen mitten im öffentlichen Raum ihre
Aktionen. Mal ist es nur eine Handvoll "Undercover-Agenten", die aus dem
Nichts heraus anfangen zu schauspielern, manchmal sind es ein paar Hundert.
Im New Yorker Hauptbahnhof froren kürzlich 200 von ihnen [2][mitten in der
Bewegung] für ein paar Minuten ein, während die restlichen Passanten durch
die gespenstisch erstarrte Masse irrten. Ein paar Hundert von ihnen spielte
[3][Twister auf einem gepflasterten Platz], fünf zockten [4][Poker im
Swimming Pool] eines Edel-Hotels. Die "Missionen" der Gruppe sind gut
vorbereitet und minutiös geplant - einzige Unbekannte ist, ob
Sicherheitsleute oder Polizisten eingreifen. Einen tieferen Sinn sollen
ihre Aktionen nicht haben, meint "Improv everywhere"-Gründer Charlie Todd -
es gehe einfach nur darum, sich selbst Unterhaltung zu schaffen, nicht auf
Massenmedien angewiesen zu sein.
Unterhaltsam sind die Aktionen, die fast alle als Video auf der
[5][Homepage] der Gruppe abrufbar sind, allemal. Dort kann man zusehen, wie
ein Selbstmörder mit großem albernen Trara von einem 50 cm hohen Betonsims
gerettet wird, wie eine schlecht verkleidete Band auf einem Hochhausdach
das legendäre Dachkonzert von U2 simuliert und wie 20 Menschen in roten
Badekappen im Springbrunnen am New Yorker Washington Square ein
Wasserballett aufführen.
Längst beschränkt die "Improv Everywhere"-Truppe ihre Aktionen nicht mehr
auf New York. Auch in anderen Teilen der USA und der Welt entstehen immer
mehr Zweigstellen, die das Spontan-Theater zurück in den öffentlichen Raum
bringen. Auch in Deutschland formieren sich derzeit einige
Untergruppierungen, die in Foren eifrig erste Missionen aushecken.
12 Mar 2008
## LINKS
[1] http://improveverywhere.com/2008/03/09/food-court-musical/
[2] http://improveverywhere.com/2008/01/31/frozen-grand-central/
[3] http://improveverywhere.com/2007/08/22/the-mp3-experiment-four/
[4] http://improveverywhere.com/2006/11/15/swimming-pool-poker/
[5] http://improveverywhere.com/
## AUTOREN
Meike Laaff
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