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# taz.de -- Deeskalation unerwünscht
> ■ Drei besetzte Häuser in der Kreutzigerstraße geräumt
Erneut wurden gestern drei besetzte Häuser geräumt. Gegen 6.30 Uhr stürmten
zweihundert Polizisten die Häuser Kreutzigerstraße 12, 13 und 21 in
Friedrichshain. Ein Sonderkommando sprengte die Haustür der Nummer 21 und
postierte sich anschließend mit Gewehr im Anschlag auf den Dächern der
Straße. Mindestens sechs Personen wurden festgenommen. Die Bewohner der
Kreutzigerstraße hatten sich im vorhinein auf ein gewaltfreies Vorgehen
geeinigt.
Anlaß und Zweck der Polizeiaktion war zunächst unklar. Nach Françine
Jobatey, Sprecherin der Innenverwaltung, sollten die Häuser nur begangen,
nicht geräumt werden. Illegale Bewohner müßten die Häuser aber verlassen.
Später gab die Polizei bekannt, das Haus Nummer 13 sei auf richterlichen
Beschluß wegen Verdachts des Drogenhandels durchsucht worden. Statt der
Drogen habe man aber nur vier Ausländer mitnehmen können. Das nun leere
Haus werde dem Verwalter übergeben. In der Nummer 12 habe die Polizei
Mitarbeiter der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain (WBF) begleitet, um
dort die Mietverhältnisse zu überprüfen. WBF- Sprecherin Stötzer gab jedoch
an, ein Räumungsantrag sei gestellt gewesen. Die Hälfte der Bewohner wurde
des Hauses verwiesen.
Laut Polizeiangabe lag nur für die Nummer 21 ein Räumungsbegehren des
Eigentümers vor. Die Eigentümer der 21 hatte jedoch gegenüber der
selbstverwalteten Ostberliner GenossInnenschaft (SOG) eine Aussetzung ihres
Räumungsantrags bis zum 31. Oktober zugesagt. Die BesetzerInnen wollen mit
Hilfe der SOG das Haus erwerben. Über den Preis war man einig. Nur die
nötigen Kredite konnten die Banken nicht wie vom Eigentümer verlangt
innerhalb weniger Tage zusichern. Die Mehrheit der Bewohner wohnte im
übrigen schon drei bis fünf Jahre in dem Haus. Somit wäre für die Räumung
ein Gerichtsurteil notwendig gewesen. Um die Räumung zu legitimieren,
behauptet die Innenverwaltung aber, es handele sich um eine Neubesetzung.
„Bisher haben viele auf Deeskalation gesetzt“, erklärt ein Bewohner der
Kreutzigerstraße. Da Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) aber permanent über
das Recht hinausgreife, könne er jetzt nur jedem empfehlen, sein Recht
selbst in die Hand zu nehmen. Seit dem Amtsantritt von Innensenator Jörg
Schönbohm (CDU) wurden schon zehn Häuser meist mit fadenscheinigen
Begründungen geräumt. Gereon Asmuth
30 Oct 1996
## AUTOREN
Gereon Asmuth
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