Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Krise in Portugal: Sparpläne verfassungswidrig
> Das portugiesische Verfassungsgericht kippt Sparpläne der konservativen
> Regierung. Kürzungen des Arbeitslosengelds und der Witwenrente lehnte das
> Gericht ab.
Bild: Den Euro-Rettungsschirm hatte Portugal gerade erste verlassen.
LISSABON afp | Als „enormes Ärgernis“ hat Portugals Regierungschef Pedro
Passos Coelho am Samstag die Entscheidung des Verfassungsgerichts
bezeichnet, mehrere Sparbeschlüsse seines Kabinetts zu kippen. Die Richter
hatten am Freitagabend drei Maßnahmen im Haushalt für 2014 für
verfassungswidrig erklärt, darunter Kürzungen im öffentlichen Dienst sowie
bei der Witwenrente. Laut Passos Coelho wird die Regierung auf die
Entscheidung nicht „überstürzt“, aber „zu gegebener Zeit“ reagieren.
Die Verfassungsrichter hatten in der Vergangenheit schon mehrfach
Sparmaßnahmen der konservativen Regierung kassiert. Am Freitag erklärte das
Gericht nach einer Klage der Opposition unter anderem die Kürzung bei
Gehältern von über 675 Euro im Monat im öffentlichen Dienst für unzulässig.
Diese Entscheidung gelte aber nicht rückwirkend, erklärte Richter Joaquim
Sousa Ribeiro. Auch die von der Regierung beschlossenen Steuerabgaben auf
Arbeitslosen- und Krankengeld in Höhe von sechs beziehungsweise fünf
Prozent lehnte das Verfassungsgericht ab, ebenso Kürzungen bei der
Witwenrente.
Von den Sparbeschlüssen der Regierung billigten die Richter einzig die
Kürzung von Pensionszuschüssen für Beschäftigte in staatlichen Unternehmen.
Der Generalsekretär der oppositionellen Sozialisten, Antonio José Seguro,
zeigte sich erfreut über die Zurückweisung der Regierungspläne.
Im Vorgriff auf die Entscheidung der Richter hatte Ministerpräsident Passos
Coelho Steuererhöhungen nicht ausgeschlossen, um die dadurch entstehenden
neuen Löcher im Haushalt zu stopfen. Spekulationen der Medien zufolge
könnte die Regierung die Mehrwertsteuer von 23 auf 25 Prozent erhöhen, um
eine Deckungslücke von schätzungsweise 500 Millionen Euro zu schließen.
Portugal hatte erst vor zwei Wochen den Euro-Rettungsschirm offiziell
verlassen. Im Gegenzug für 78 Milliarden Euro an Notkrediten von
Euroländern, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem
Währungsfonds (IWF) hatte sich das Land vor drei Jahren zu einem
schmerzhaften Sparkurs verpflichtet. So wurden etwa Renten und Pensionen
gekürzt und Sozialleistungen beschnitten.
Doch Portugal hat die Krise noch nicht überwunden: Zwar konnte das
Haushaltsdefizit auf 4,9 Prozent der Wirtschaftsleistung halbiert werden.
Im gleichen Zeitraum stieg die Gesamtverschuldung aber von 94 auf 129
Prozent, die amtliche Arbeitslosenrate liegt bei 15,3 Prozent. Passos
Coelho kündigte deshalb an, die Haushaltsdisziplin fortzusetzen.
Bei der Wahl zum Europaparlament vor einer Woche siegten die
oppositionellen Sozialisten mit 31,5 Prozent der Stimmen und lagen damit
vier Punkte vor dem Regierungsbündnis. Und am Freitag musste sich Passos
Coelho erneut einem von der Kommunistischen Partei initiierten
Misstrauensvotum im Parlament stellen. Mit den Stimmen seiner Koalition
überstand er es.
1 Jun 2014
## TAGS
Portugal
Euro-Krise
Sparprogramm
Pedro Passos Coelho
Portugal
Portugal
Finanzen
Sozialleistungen
Europawahl 2014
Migration
Portugal
Eurokrise
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Parlamentswahl in Portugal: Schwierige Mehrheiten
Das Ergebnis ist uneindeutig, das Durchregieren wird für die
Austeritäts-Anhänger schwieriger. Damit liegt Portugal im europäischen
Trend.
Parlamentswahl in Portugal: Regierung verliert absolute Mehrheit
In Portugal bleibt die Partei von Regierungschef Coelho stärkste Kraft. Sie
wird es aber schwer haben, sein Sparprogramm fortzusetzen.
Neue Wege im Maschinenbau: Der Kredit kommt vom Verkäufer
Der schwäbische Mittelständler Trumpf will unabhängig davon sein, wem die
Banken Geld leihen: Er gründet eine Bank für seine Kunden. Hilft es?
ILO-Bericht zur sozialen Sicherung: Ausgegrenzt und arm
Sozialer Schutz? Davon kann ein Gros der Weltbevölkerung nur träumen, sagt
die Internationale Arbeitsorganisation. Die EU wird kritisiert.
Kommentar Europawahl-Ergebnis: Schockwelle für das Parteiensystem
In Deutschland ist man sturzzufrieden, die Wahl bestätigt das
Parteiensystem. Der Rest des Kontinents driftet hingegen gefährlich
auseinander.
Europa und Migration: Jenseits der Staatsbürgerschaft
Das Versprechen der Freizügigkeit ist Europas größte Eigenwerbung. Damit
Migranten auch etwas davon haben, verschieben sie selbst die Grenzen.
Wirtschaft in Portugal: Die „Männer in Schwarz“ sind weg
Portugal hat den Rettungsschirm verlassen. Drei Jahre lang hatten
internationale Geldgeber einen Sparkurs diktiert, der vor allem Renten und
Sozialleistungen kürzte.
Ex-Kommissionsberater über Eurokrise: „Die Wut wird sich entladen“
Philippe Legrain beriet EU-Kommissionspräsident Barroso zum Beginn der
Krise. Die Kommission hatte keine Ahnung und folgte Merkel blind, sagt er
heute.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.