| # taz.de -- Am Ende gewinnen immer die Guten | |
| > Die Bundeswehr präsentiert voller Stolz ihre eigene schnelle | |
| > Eingreiftruppe. Wo dieses Kommando Spezialkräfte jedoch überall | |
| > eingesetzt werden soll, darüber redet die Hardthöhe nicht so gern ■ … | |
| > Calw Bettina Gaus | |
| Es ist ein bißchen wie bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg, nur | |
| moderner. Soldaten, von den Stiefeln bis zu den Helmen in tiefes Schwarz | |
| gekleidet, schleichen sich an einen alten Schuppen neben einem einsam | |
| gelegenen Haus an. Gewehre im Anschlag. Aus dem Haus treten zwei | |
| Terroristen mit Strumpfmasken auf Patrouillengang. Blitzschnell werden sie | |
| von den Soldaten „unter Anwendung der erforderlichen Gewalt lautlos | |
| neutralisiert und bleiben gefesselt und geknebelt zurück“. Damit die | |
| Zuschauer verstehen, was sie sehen, erklärt ihnen General Fred Schulz, | |
| Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte (KSK), die Vorgänge per | |
| Lautsprecher. | |
| Sekunden später bricht die Hölle los. Explosionen donnern, zur Ablenkung | |
| der Terroristen gezündet, Schüsse krachen, am Zaun schießt ein Feuerball in | |
| die Höhe. Soldaten lassen sich von einem Hubschrauber am Seil herab aufs | |
| Dach des Hauses, in dem elf Deutsche seit Tagen von Separatisten des | |
| fiktiven Staates Goldland als Geiseln gehalten werden. Soldaten dringen ins | |
| Gebäude ein, weitere Schüsse. Die Terroristen werden besiegt. Die | |
| erschöpften Geiseln sind gerettet. Auch in Segeberg gewinnen am Ende immer | |
| die Guten. | |
| Zum ersten Mal seit Aufstellung des KSK im letzten Jahr dürfen Journalisten | |
| bei einer Heeresübung zuschauen, an der die Elite- Einheit beteiligt ist. | |
| Im Zeitraffer werden Sicherung eines von Separatisten blockierten | |
| Flughafens, Geiselbefreiung und Evakuierung deutscher Staatsbürger | |
| vorgeführt. | |
| Einen Teil des Schauspiels verfolgen auch Verteidigungsminister Volker Rühe | |
| und Wehrexperten der im Bundestag vertretenen Parteien von der Tribüne aus | |
| — nur niemand von den Bündnisgrünen. Für die hat Angelika Beer angekündig… | |
| „Wir werden diesen touristischen Teil nicht mehr mitmachen.“ Die Frage nach | |
| parlamentarischer Kontrolle der Elite-Einheit ist trotz mehrfachen Drängens | |
| aus ihrer Sicht „nicht zufriedenstellend“ beantwortet. Sie fordert die | |
| Auflösung des KSK. Da Geiselbefreiungen und Evakuierungen aus | |
| Sicherheitsgründen oft geheimgehalten werden müssen, kann der Bundestag | |
| derartigen Operationen im Regelfall erst nachträglich zustimmen. Angelika | |
| Beer will, daß wenigstens eine parlamentarische Kontrollkommission vorab | |
| informiert werden soll. | |
| Im Zusammenhang mit der Übung „Schneller Adler“, die insgesamt zehn Tage | |
| dauerte, tauchen derartige Probleme gar nicht erst auf. „Die Operation hat | |
| doch einen Umfang, der gar nicht geheimgehalten werden kann“, meint Volker | |
| Rühe und betont, daß ein Einsatz wie der jetzt gezeigte nur mit vorheriger | |
| Zustimmung des Bundestages möglich wäre. Wohl wahr: An der Übung sind 1.630 | |
| Soldaten beteiligt. | |
| Das Interesse der Medien ist groß. Eine Viertelstunde ist für Gespräche des | |
| Verteidigungsministers mit den Soldaten vorgesehen. Foto- und | |
| Fernsehkameras umlagern Volker Rühe, als der einen Soldaten fragt: „Na, | |
| alles gut gelaufen?“ Ja, alles gut gelaufen. Diese öffentliche Übung diene | |
| doch nur „der Legitimierung von Instrumenten“, die politisch bedenklich | |
| seien, hatte Angelika Beer im Vorfeld befürchtet. | |
| Die neue Spezialeinheit soll nicht nur deutsche Staatsbürger evakuieren und | |
| Geiseln befreien. „Das KSK ist eine Truppe, die im gesamten | |
| Aufgabenspektrum der Streitkräfte zum Einsatz kommt“, erklärt der | |
| Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Helmut Willmann. | |
| Aus einem Bericht des Verteidigungsministeriums geht hervor, was das im | |
| einzelnen bedeutet: So sollen die Elitesoldaten beispielsweise für | |
| „Kampfeinsätze auch im gegnerischen Gebiet, einschließlich der Lähmung oder | |
| Zerstörung wichtiger Objekte“ ausgebildet werden. Dabei sollen sie | |
| Informationen „in der Tiefe des gegnerischen Raumes“ sammeln. „Dies | |
| erfordert eine spezifische Expertise der einzusetzenden Kräfte sowie eine | |
| entsprechende Ausrüstung, über die herkömmliche Aufklärungskräfte nicht | |
| verfügen“, teilt die Hardthöhe mit. Wofür sind denn „herkömmliche | |
| Aufklärungskräfte“ in den letzten 40 Jahren ausgebildet worden? Warum | |
| braucht Deutschland ausgerechnet jetzt, wo es erstmals in diesem | |
| Jahrhundert nur von befreundeten Staaten umgeben ist, Elitesoldaten für | |
| diese Aufgaben? | |
| In drei Fällen darf das Spezialkommando nach Auskunft des | |
| Verteidigungsministeriums auch innerhalb Deutschlands eingesetzt werden: | |
| zum Objektschutz und zur Verkehrsregelung im Spannungs- und | |
| Verteidigungsfall, im inneren Notstand sowie im Katastrophenfall. Die | |
| Hardthöhe stellt klar: „Für die Bekämpfung des Terrorismus, soweit dieser | |
| von zivilen Störern getragen wird, ist das KSK nicht zuständig.“ | |
| Genaueres über die Rechtsgrundlagen möglicher Einsätze und das Spektrum der | |
| Aufgaben des KSK wollen Journalisten immer wieder von Heeresinspekteuer | |
| Willmann wissen. Der reagiert schließlich ungehalten: Für derlei Fragen | |
| „sind Sie hier auf der falschen Versammlung. Wir demonstrieren heute unsere | |
| Fähigkeiten.“ Das läuft wie am Schnürchen. Am Schluß der Übung gibt's no… | |
| eine Parade. „Jetzt zeigen wir Ihnen die, die das alles bewegen und mit | |
| Leben erfüllen: unsere Männer.“ Aufstellung der Einheiten, Blick geradeaus. | |
| Helmut Willmann ist zufrieden: „Dies war ein guter Tag für das deutsche | |
| Heer.“ | |
| 13 Sep 1997 | |
| ## AUTOREN | |
| Bettina Gaus | |
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