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# taz.de -- Ein Hauch süßer Traurigkeit
> ■ Gegensatz: Laurie Freelove und Mary Coughlan im Moments
Welten lagen zwischen den beiden Musikerinnen, die beim „Women in
(E)motion“-Festival am Samstag im rappelvollen Moments auftraten. Die aus
Austin, Texas, kommende Singer/Songwriterin Laurie Freelove eröffnete den
Abend mit einer Art Hardcore-Country. War ihr Gesang zu Beginn noch geprägt
vom Wechsel zarter, manchmal nur geflüsteter Passagen zu harschen, mit
Country-typischen Kieksern versetzten Sequenzen, die ihren Songs eine
eigenwillige Dramatik verliehen, dominierten später meist expressive
Gesangslinien, in denen ihre Altstimme häufig metallische Schärfe
erreichte. So bekam die zwischen Folk und Modern Country angesiedelte Musik
der resolut auftretenden Sängerin und Gitarristin einen Zug ins Punkige,
ähnlich wie bei Ani DiFranco. Diese harsche Live-Attitüde ging ein wenig zu
Lasten der musikalischen Variabilität, für die Freelove ansonsten bekannt
ist. Sie stand auch in irritierendem Kontrast zum meist leicht entrückten
Gesichtsausdruck ihres Begleiters Glenn Kawamoto, der verträumt an seinem
Bass herumtänzelte. Ein bißchen frech allerdings war der frühzeitige Abgang
des Duos nach gerade mal einer halben Stunde. Zwar versöhnte sie das
konsternierte Publikum bei ihrer herbeigeklatschten Rückkehr zunächst mit
der Behauptung, alles sei ein Fake gewesen, aber schlußendlich stellte sich
heraus, dass sie doch nur zu einer Zugabe zurückgekommen war.
Eine völlig andere Stimmung verbreiteten anschließend die Irin Mary
Coughlan und ihre beiden Begleiter, James Delany am Piano und Greg Bolland
an der Gitarre. Die Musik der Sängerin ist eine gleichermaßen eingängige
wie anspruchsvolle Verknüpfung von Elementen aus Blues, Jazz, Pop und
irischer Folklore, durchzogen von einem Hauch süßer Traurigkeit. Dabei
verbreitet Coughlans samtige Altstimme eine direkt zu Herzen gehende Wärme.
Das ist in erster Linie eine Qualität ihrer Stimme, in der immer etwas
Gebrochenes, wunderschön Melancholisches mitschwingt. Verstärkt wird diese
Qualität durch den leicht lakonischen Tonfall, in dem Coughlan singt. Ihre
Songs sind geprägt von einer bitteren Süße, in der sich die Brüche ihres
eigenen Lebens widerzuspiegeln scheinen. Sie handeln von Einsamkeit, der
unstillbaren Sehnsucht nach Liebe, dem Verlassenwerden, „gefallenen
Mädchen“, den kleineren und größeren Schicksalschlägen, die das Leben ein…
versetzt, der Flucht in die Sucht, aber auch der Hoffnung, daß es doch noch
anders werden könnte.
Das Repertoire des Abends bestand vorwiegend aus Songs ihrer letzten beiden
Alben „Live in Galway“und „After the Fall“. Darunter das herzergreifende
„That Face“, in dem sie ihren eigenen Alkoholismus verarbeit, und „Magdal…
Laundry“, einem Song über Kloster-Wäschereien, in die schwangere,
„gefallene Mädchen“gesteckt wurden, denen man die Kinder nach der Geburt
wegnahm, um sie zur Adoption freizugeben. Dabei stand das Auftreten
Coughlans in seltsamem Gegensatz zur Tiefe, Emotionalität und Wärme, die
ihre Musik ausstrahlte. Die Vierzigjährige wirkte eher wie ein
verunsichertes Mädchen, zwischen Übermut und Scheu schwankend, wußte meist
nicht wohin mit ihren Armen. In etwas unbeteiligtem, fast schnodderigem Ton
erläuterte sie kurz die Inhalte der Lieder. Vielleicht lag das daran, dass
sie durch einen angebrochenen Fuß gehandicapt war. Wie auch immer, die
ZuhörerInnen waren zu Recht begeistert vom Auftritt der großartigen
Sängerin und ließen sie erst nach mehreren Zugaben von der Bühne.
Arnaud
Die nächsten „Women in (E)motion“: Faye Carol und Kito Gamble, am 18.3. im
Moments, 20.3. im Rathaus Stuhr, 22.3 im Kito
16 Mar 1998
## AUTOREN
Arnaud
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