# taz.de -- Das Portrait: Erfinder des Thatcherismus | |
> ■ Friedrich August von Hayek | |
Wo viele den Terror der Ökonomie beklagen, feiern seine Anhänger den | |
Siegeszug des Individuums – der Nationalökonom Friedrich August von Hayek, | |
Ideenfabrikant für Reagan und Thatcher und Gegenspieler John Maynard | |
Keynes, wurde heute vor 100 Jahren in Wien geboren. Jede zentrale Steuerung | |
der Wirtschaft, so das Hayeksche Credo, scheitert am Informationsdefizit | |
des Staates. Ökonomisches Wissen wird im Markt erzeugt, gespeichert und | |
über das Preissystem kommuniziert. Der Staat kann diese in der Gesellschaft | |
verstreute Informationsvielfalt jedoch nie vollständig erfassen. | |
Greift die Regierung dennoch in Marktprozesse ein, bringt sie das komplexe | |
Ordnungsgefüge des Marktes durcheinander, und der Wohlstand der Nation | |
sinkt. Hayek wollte die Bandbreite staatlichen Handelns radikal begrenzen, | |
Notenbanken privatisieren und den Sozialstaat abschaffen. Lange, so schien | |
es, stand er mit dieser Ansicht auf verlorenem Posten. Nach den Erfahrungen | |
der Weltwirtschaftskrise waren im Nachkriegswesteuropa die Theorien seines | |
Cambridger Erzrivalen Keynes angesagt. Der Nationalstaat steuerte das | |
Wirtschaftsgeschehen und konnte marktkorrigierende und sozialstaatliche | |
Regelungen durchsetzen. Die Krise des Keynesianismus in den Siebzigern | |
verhalf dem Liberalismus zu neuem Ruhm. 1974 erhielt Hayek den Nobelpreis | |
für Wirtschaftswissenschaften. Er war Hoftheoretiker der Liberalisierer und | |
Deregulierer der achtziger Jahre. Als Inquisitoren des Internationalen | |
Währungsfonds nach der Wende den Ostblock privatisierten, hatten sie Hayeks | |
Werke im Gepäck. Gegen den Glauben an die Gestaltbarkeit der Welt setzte | |
Hayek die Idee einer evolutionären Entwicklung von Gesellschaftssystemen: | |
„Unsere gegenwärtige gesellschaftliche Ordnung ist nicht das Ergebnis eines | |
menschlichen Entwurfs, sondern ging aus einem wettbewerblichen Prozeß | |
hervor, in dem sich die erfolgreicheren Einrichtungen durchsetzten.“ Darauf | |
jedoch mochten sich seine Kritiker nicht verlassen. Gerade wenn man mit | |
Hayek glaubt, daß gesellschaftliche Prozesse den Gesetzen der Evolution | |
gehorchen, ist nicht einzusehen, warum das Bestehende immer das | |
Bestmögliche sein soll: Nur allzuoft setzt sich politische Macht | |
erfolgreich gegen gesellschaftliche und ökonomische Rationalität durch. Der | |
Markt marktet nicht im Vakuum. Mark Schieritz, Tom Häderle | |
7 May 1999 | |
## AUTOREN | |
M.Schieritz/T.Häderle | |
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