# taz.de -- der „hufeisenplan“: UNNÖTIGE PROPAGANDA | |
Am 8. April vergangenen Jahres, kurz nach Beginn der Bombardierung | |
Jugoslawiens durch die Nato, ging das Bundesverteidigungsministerium mit | |
dem „Hufeisenplan“ an die Öffentlichkeit. Das Papier stammte angeblich aus | |
Geheimdienstkreisen. Darin wurde behauptet, dass jugoslawische Truppen in | |
mehreren Hufeisen ähnelnden Formationen in das Kosovo eindringen würden, um | |
die albanische Zivilbevölkerung in die Zange zu nehmen und zu zwingen, sich | |
nach Makedonien und Albanien abzusetzen. | |
Schon damals gab es viele skeptische Stimmen zum „Hufeisenplan“: Einerseits | |
weist dieser offensichtlich formale Schwachpunkte auf – bis hin zu der | |
Tatsache, dass kein operatives Ziel genannt wurde. Andererseits war | |
zumindest langjährigen Beobachtern bewusst, dass seit Beginn des | |
Balkan-Konflikts 1991 viele derartige „Pläne“ veröffentlicht worden waren… | |
von denen keiner einer genauen Recherche standgehalten hatte. | |
Nun fordern Abgeordnete von CDU, Grünen und PDS, dass Verteidigungsminister | |
Rudolf Scharping offen legen solle, woher er den „Hufeisenplan“ hatte. | |
Bisher verweigert der Minister die Aussage. Das ist unverständlich: | |
Schließlich ist die Geschichte der „ethnischen Säuberung“ Exjugoslawiens | |
hinreichend bekannt. Jeder bessere Buchladen bietet heute international | |
anerkannte wissenschaftliche Untersuchungen zu den in Kroatien oder Bosnien | |
verübten Kriegsverbrechen oder zur Belgrader Politik im Kosovo. Und selbst | |
in der serbischen Hauptstadt kann man ohne Schwierigkeiten kritische | |
serbische Literatur zu diesem Thema finden. | |
Auch ohne Geheimdiensterkenntnisse ist klar: Das Belgrader Regime hat seit | |
1991 eine brutale Kriegspolitik betrieben. Milošević’ Militärs, seine | |
Polizisten und mit ihm verbündete Kriminelle haben in Bosnien und Kroatien | |
geraubt, geplündert und getötet. Im Kosovo wurde zehn Jahre lang ein | |
Apartheidsystem betrieben, das dem südafrikanischen wenig nachstand. | |
Um den verbrecherischen Charakter des Milošević-Regimes zu belegen, braucht | |
es keinen „Hufeisenplan“. Scharping sollte schnell verraten, wer ihm diese | |
doch recht unwahrscheinliche Geschichte damals zugesteckt hat – und sich | |
gegebenenfalls für die Veröffentlichung entschuldigen. Zukünftig sollte er | |
sich an die Fakten halten. Im Falle Exjugoslawiens reichen die völlig aus. | |
RÜDIGER ROSSIG | |
bericht SEITE 7 | |
1 Apr 2000 | |
## AUTOREN | |
RÜDIGER ROSSIG | |
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