# taz.de -- Der Abriss des Ahornblatts hat begonnen | |
> Seit gestern rollen die Bagger. Eine Pressekonferenz von Baustadtrat | |
> Thomas Flierl (PDS) wurde zum Tribunal | |
Alle Proteste haben am Ende nichts genutzt. Seit gestern ist endgültig | |
klar, dass das Ahornblatt auf der Fischerinsel abgerissen wird. „Wir werden | |
den Abriss mit Vehemenz betreiben“, kündigte der Vertreter der Investoren | |
auf einer Pressekonferenz von Mittes Baustadtrat Thomas Flierl (PDS) an. | |
Gestern abend hatten die Bagger bereits mit dem Abbruch des hinteren Teils | |
des denkmalgeschützten Gebäudes aus dem Jahr 1971 begonnen. | |
„Abschied und Neubeginn auf der Fischerinsel“ hieß der Titel der | |
Pressekonferenz, zu der Flierl gestern nicht nur Medien, sondern auch den | |
Investor, dessen Architekten Gernot Nalbach sowie den Vertreter der | |
obersten Denkmalbehörde, Frank Keidel, geladen hatte. Dass aus der | |
Pressekonferenz eher ein Tribunal wurde, lag an denen, die sich die | |
Gelegenheit, ein letztes Mal gegen den Abriss zu protestieren, nicht | |
entgehen lassen wollten. | |
Die Initiative zum Erhalt des Ahornblattes forderte alle Beteiligten auf, | |
noch einmal nach einer Alternativlösung zu suchen. Der Chefredakteur der | |
Deutschen Bauzeitung, Wilfried Dechau, fragte den Architekten Nalbach nach | |
dessen Moral, und warum er nicht aus dem Projekt ausgestiegen sei, als sich | |
abzeichnete, dass das Ahornblatt der Bebauung zum Opfer fallen würde. Und | |
Ahornblatt-Architekt Ulrich Müther, eigens aus Binz angereist, erinnerte | |
daran, dass es sogar in der DDR möglich war, sich gegen den Abbruch eines | |
Denkmals zu wehren. | |
Genutzt haben die Proteste wenig. Vom Medienrummel sichtbar irritiert, wies | |
Baustadtrat Flierl alle Schuld auf den Investitionsdruck. Nalbach sagte, | |
einen Ausstieg hätte er sich finanziell nicht leisen können, und | |
OMG-Vertreter Müller meinte, es gebe allein schon wegen der Planungskosten | |
kein Zurück. Selbst derjenige, der kraft seines Amtes ein Machtwort hätte | |
sprechen können, zuckte nur mit den Schultern. „Man kann nicht jedes | |
Denkmal retten“, sagte Frank Keidel, Denkmalschützer bei der | |
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Er verwies auf das öffentliche | |
Interesse, das einen Abbruch ermögliche. | |
Noch vor dem Ende der Veranstaltung hatten Müller, Keidel und Nalbach den | |
Raum verlassen. Übrig blieb Baustadtrat Flierl, dessen Partei sich nun | |
vorwerfen lassen muss, mit dem Abriss eines der wichtigsten Gebäude der | |
DDR-Moderne in Verbindung gebracht zu werden. | |
In den nächsten Tagen soll nun das Ahornblatt von innen ausgehöhlt und | |
schließlich bis September entfernt werden. An seiner Stelle soll eine | |
achtstöckige Blockrandbebauung entstehen, die, so Archiket Nalbach unter | |
dem Gelächter der Abrissgegner, an die Bebauung der früheren Fischerinsel | |
erinnere. Der Rückbau der Gertraudenstraße, die Flierl immer wieder als | |
Argument für den Abriss ins Feld führte, wird allerdings auch mit dem | |
Nalbach-Bau nicht in Angriff genommen. UWE RADA | |
20 Jul 2000 | |
## AUTOREN | |
UWE RADA | |
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