# taz.de -- Dänische Ministerin ist reif für die Insel | |
> Die sozialdemokratische Innenministerin will straffällig gewordene | |
> Flüchtlinge auf einer Insel internieren. Erste Rücktrittsforderungen | |
> werden laut | |
STOCKHOLM taz ■ Die dänische Innenministerin Karen Jespersen will kriminell | |
gewordene Flüchtlinge auf einer Insel internieren, am besten auf einer | |
unbewohnten. Da könnten sie keinen Schaden mehr anrichten, begründet die | |
Sozialdemokratin ihren Vorschlag. Und das war kein Ausrutscher. Mit der | |
Feststellung, Dänemark solle nie eine multikulturelle Gesellschaft werden, | |
sondern immer „christlich und durch und durch dänisch“ bleiben, legte die | |
Genossin noch ein Grundanliegen fremdenfeindlicher Kreise obendrauf. | |
Zur Freude der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei: Endlich schwenke | |
ein Regierungsmitglied auf die Linie ihrer Partei ein, sagte deren | |
Vorsitzende Pia Kjaersgaard. | |
Anders reagierte der Koalitionspartner der Sozialdemokraten, die | |
linksliberale Radikale Venstre. „Jespersen ist eine Belastung für die | |
Regierungszusammenarbeit“, stöhnte deren Fraktionsvorsitzende Elisabeth | |
Arnold: „Ich begreife absolut nicht, was sie damit eigentlich sagen will. | |
In der Regierung abgesprochen ist das nicht.“ Etwas tiefer in der | |
Hierarchie der Sozialdemokraten und Liberalen wurden Rücktrittsforderungen | |
gegenüber der Innenministerin laut. Trete sie nicht zurück, so drängen laut | |
der Tageszeitung Jyllands-Posten einige liberale Abgeordnete, solle die | |
Partei die Koalition aufkündigen. | |
Die dänische Polizei hat seit einiger Zeit Probleme mit kriminellen Banden, | |
die sich auf Ladendiebstahl spezialisiert haben. Ein Großteil der | |
TäterInnen hat ausländischen oder Flüchtlingshintergrund. Da sei nicht | |
Ausländerhetze die passende Reaktion, kritisiert der Vorsitzende der | |
Zentrumsdemokraten, Peter Dütoft, die Innenministerin, sondern praktische | |
Polizeiarbeit. „Worte sind gefährlich. Hört man solche Hetze oft genug, | |
gilt sie als legitim“, warnt Dütoft. | |
Jespersen, die ihre politische Laufbahn einmal ganz linksaußen begonnen | |
hatte, scheint solche Kritik weiter nicht zu stören: „Wir müssen den | |
Bürgern zeigen, dass wir das Problem ernst nehmen“, verteidigt sie ihren | |
Vorstoß. Offenbar bringt das Popularitätspunkte: Laut einer am Samstag von | |
der Boulevardzeitung B.T. veröffentlichten Umfrage sollen 80 Prozent der | |
DänInnen den Inselvorschlag begrüßen. Hamid El Mousti, Kopenhagener | |
Lokalpolitiker und gerade letzte Woche zum ersten Parlamentskandidaten der | |
Sozialdemokraten mit ausländischer Herkunft gewählt, befürchtet den Beginn | |
eines Schwenks seiner Partei in der Ausländerpolitik. Man sei dabei, sich | |
von der bislang „relativ anständigen“ Flüchtlingspolitik zu verabschieden, | |
kritisierte er Jespersen in einem Interview der Tageszeitung Politiken. El | |
Mousti und andere GenossInnen wollen auf dem diese Woche in Ålborg | |
stattfindenden Parteitag der Sozialdemokraten die Innenministerin zur Rede | |
stellen. REINHARD WOLFF | |
12 Sep 2000 | |
## AUTOREN | |
REINHARD WOLFF | |
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