# taz.de -- Mescalero taucht auf | |
> Ein Anonymus meldet sich: Der Autor des Buback-Nachrufs, der noch heute | |
> die CDU verstört, gibt sich der taz als Literaturwissenschaftler zu | |
> erkennen | |
von ANNETTE ROGALLA | |
Im April 1977 machte ein anonymer Artikel einer Göttinger Studentenzeitung | |
Schlagzeilen: Im so genannten Mescalero-Artikel wurde sowohl | |
„klammheimliche Freude“ über den Mord an Generalbundesanwalt Siegfried | |
Buback geäußert als auch die Abkehr vom Terror gefordert. Heute, fast 24 | |
Jahre später, taucht sein Verfasser aus der Anonymität auf. Er bezichtigt | |
sich selbst als schwarzes Schaf, und weil er Literat und Wortspieler ist, | |
schreibt Klaus Hülbrock in einem offenen Brief an Bubacks Sohn: „Ich bin | |
das scharfe Schwarz.“ | |
Der Mann, der die folgenschweren Wörter von der „klammheimliche Freude“ in | |
die Welt setzte, will weder Interviews noch Telefongespräche. Immerhin | |
lässt er sich von der taz per E-Mail befragen. Hülbrock will weiterhin | |
unentdeckt leben. Irgendwo in Ostdeutschland wohnt der Volkskundler und | |
Literaturwissenschaftler. „Ich arbeite seit 20 Jahren daran, ausländischen | |
Studenten und Wissenschaftlern die deutsche Sprache und Kultur nahe zu | |
bringen“, schreibt er heute. | |
Jahrzehntelang schwieg er zu dem Pamphlet, das wirkte wie ein verbaler | |
Sprengsatz. Nie zuvor hatte ein Artikel in der Bundesrepublik eine solche | |
öffentliche Hysterie erzeugt. Warum meldet sich so einer unverhofft zu | |
Wort? „Ich freu mich immer – und zwar nicht klammheimlich –, wenn der alte | |
Geier wieder seine Kreise zieht. Manche Sätze geben ihr Gift erst nach | |
Jahren ab. Buback und seine ‚Seilschaft‘, wenn ich so sagen darf ... alle | |
diese alten Burschenschaftler und RCDSler, die heute Staatsverdruss | |
erzeugen: Sie zielen mit Trittin ja auf den Falschen.“ Und irgendwie mochte | |
Mescalero die aktuelle Diskussion über die Frage nach der jüngsten | |
politischen Vergangenheit der Bundesrepublik nicht an sich vorüberziehen | |
lassen. Wenn sich die Alt-68er und frühen 70er „an dem Nachruf nochmal | |
aufhängen wollen, na: da möchte ich doch gerne dabei sein. Die Erzeugung | |
von Staatsverdruss ist immer bewegend.“ | |
Den Buback-Nachruf hat Hülbrock „janz alleene hinjesudelt“, ohne Hilfe | |
seiner damaligen Göttinger Spontigruppe „Bewegung undogmatischer Frühling�… | |
Vielleicht weil sich nie ein konkreter Name mit dem Nachruf verband, wurde | |
er in den 70er-Jahren zu einem Manifest der Spontibewegung. Der Nachruf, | |
den sein Verfasser heute „Literatur“ nennt, traf den blanken Nerv von | |
Politikern, Wirtschaft und Medien. Doch damals wie heute fühlte sich | |
Hülsbrock „absolut nicht wichtig“. Er schreibt: „Wir waren klein, | |
hundsgemein und schäbig. Deshalb nicht lediglich Opfer, sondern auch Täter. | |
Freilich nicht die Täter, zu denen man uns machen wollte. Auch im linken | |
Lagerkoller gemacht hat durch Herablassung.“ | |
29 Jan 2001 | |
## AUTOREN | |
ANNETTE ROGALLA | |
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