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# taz.de -- Workshop Nr. 9: Die TeilnehmerInnen
> Die TeilnehmerInnen des Workshops „Scheitern“.
Bild: Die TeilnehmerInnen.
Bei der Auswahl der TeilnehmerInnen wird darauf geachtet, dass eine
interdisziplinäre Gruppe mit unterschiedlichen Vorkenntnissen im
Journalismus entsteht. JedeR kann sich bewerben. Die je zehn Frauen und
Männer pro Workshoptermin sind zwischen 18 und 28 Jahre alt und kommen aus
allen Regionen Deutschlands und aus dem Ausland.
Konrad Bülow. Vor 27 Jahren wurde ich in Frankfurt am Main auf die
Menschheit losgelassen. Mit zehn Jahren zog ich nach Trier, wo ich unter
einigen Schwierigkeiten mein Fachabitur ergatterte. Nach meinem Wehrdienst
in Idar-Oberstein durfte ich 2008 endlich wieder ins Rhein-Main-Gebiet
zurück, dieses Mal nach Darmstadt. Hier studiere ich seither Geschichte und
mache erste journalistische Gehversuche.
Scheitern ist ein aktuelles Thema, wie schon ein Blick in die Politik
zeigt: Schwarz-Gelb ist gescheitert, ebenso wie die westliche Finanzpolitik
und die Verteidigung Deutschlands am Hindukusch. Scheitern heißt aber nicht
gleich Ende, sondern kann auch ein Signal sein, etwas Besseres anzufangen.
Jannis Carmesin. Als Halb-Zypriot vor 20 Jahren im badisch-schwäbischen
Grenzgebiet geboren. Irgendwann Schülerzeitung, SWR, Badische Neueste
Nachrichten. Nach dem Abitur FSJ Kultur – ein Jahr Medienpädagogik,
Kurzfilmdreh und Theaterworkshop. Leidenschaftlicher Fußballfan. Politisch
interessiert und aktiv, Ehrenamt im Seniorenheim. Seit kurzem Student im
schönen Ruhrpott: Journalismus und Politik in Dortmund.
Klimawandel, opferreiche Globalisierung und Märkte, die sich den Menschen
zum Spielball gemacht haben – unser Gesellschaftsmodell steht vor einem
Scherbenhaufen. Scheitert es? Scheitern wir? Welche Auswege finden wir?
Zwischen Utopie und Realität müssen wir Antworten finden.
Vincent Streichhahn. Gerade bin ich in meinem letzten Schuljahr. Danach
hoffe ich dann trotz des ersten G8 Jahrgangs in Berlin einen Studienplatz
in Sozialwissenschaften zu bekommen und nebenbei journalistisch tätig zu
sein. In der taz habe ich bereits zwei Praktika gemacht und mich daher sehr
über die Zusage für den Workshop gefreut. Ansonsten schreibe ich für die
Junge Welt.
Als ich das Motto „Scheitern“ erfuhr, dachte ich an den arabischen
Frühling. Nicht das dieser gescheitert wäre, doch ist der Kampf um Freiheit
nicht damit beendet einen Diktator zu stürzen, wenn der alte Staatsapparat
an der Macht bleibt. Damit die Revolutionen nicht scheitern, ist der
weitere Kampf notwendig.
Mila Brill, ich bin (noch) 17 Jahre alt. Nächstes Jahr mache ich
voraussichtlich mein Abitur und darf aber jetzt schon im dritten Semester
als Schülerstudentin der Uni Köln das Germanistikstudium „ausprobieren“. …
dieser Richtung wird es hoffentlich auch nach dem Abi für mich weitergehen,
da es wenige Dinge gibt, die ich lieber tue als Lesen und Schreiben.
Die UN-Resolution für Syrien scheitert. Scheitert der Euro, scheitert
Europa, sagt Merkel. In Berlin scheitert Rot-Grün, und die FDP sowieso. In
Deutschland, in der EU, in der Welt scheint zurzeit mehr falsch als richtig
zu laufen. Kann sich das ändern? Und wenn ja – wodurch?
Paloma Castro-Solla. Unkritisch, sensationsgeil, desinteressiert. All das
bin ich nicht. Als kölsche Kommunikations-Studentin jedoch nach einem
Praktikum in der Boulevard-Presse umso überzeugter, dass man Journalismus
braucht, der auch ohne Seite-1-Girl wirkt. Wenn ich nicht gerade diese
schnelllebige Welt samt Bewohnern erkunde, halte ich gern mal Momente auf
Foto fest, denn nichts ist beständiger als Veränderung.
Scheitern ist doch Einstellungssache. Wenn alles immer glatt läuft, fragt
auch keiner mehr nach. Perfektion schafft weder Forschung, noch
Innovationen. Keine Wunder und keine Querdenker. Ich selbst bin an so
mancher Herausforderung des Lebens gescheitert. Komme ich dafür nun auf den
Scheiterhaufen?
Hannah Frühauf. Ich bin 27 Jahre alt und studiere Sozialwissenschaften in
Berlin. Aufgewachsen bin ich in Mainz. Bevor ich nach Berlin gezogen bin,
habe ich ein Jahr in Ghana geschwitzt und mich – genauso lange – in
Finnland wieder abgekühlt. Scheitern tut weh. Scheitern ist der erste
Schritt zur Besserung. Scheitern ist, was du draus machst.
Grace Krause. Ich bin 27 Jahre alt und schließe gerade den
Master-Studiengang 'Internationale Kriminologie' in Hamburg ab. Davor habe
ich in Köln Sozialarbeit studiert und arbeite nebenbei in der Drogenhilfe.
Für die Zukunft möchte ich gerne Teil einer kritischen 'Public Criminology'
sein. Anfangen tue ich damit jetzt schon schon durchs Bloggen und
Vereinsarbeit.
Scheitern tut jede/r mal. Wer's kann, lernt draus. Schlimm wird das
Scheitern nur, wenn man es nicht anerkennen kann. Dann werden weiter Gelder
in Projekte gepumpt die nicht funktionieren, Kriege ziehen sich in die
Länge und Unschuldige werden hingerichtet.
Markus Pöhlking. Ein 27-jähriger Osnabrücker aus Münster, der sich denkt:
Es ist alles aufgeschrieben, was wir wissen. Das ist ziemlich viel Papier.
Und Dinge, wir eigentlich wissen müssten? Wo stehen die? Auf dem Papier?
Menschen können glücklich werden ohne das Wissen auf den Papieren. Papier
neigt dazu, den Menschen nicht ausreichend zu berücksichtigen. Vielleicht
bietet Journalismus manchmal die Chance, auf dem Papier das Individuum
gegen Theorien und Schemata zu behaupten.
Berauscht von der so erfolgreichen, eigenen Vita, wähnt sich mancher
vielleicht mit Sartre d´Accord, wenn er spricht: „Gescheitert? Das sind die
anderen.“ Ist ein gescheitertes Zitat qua Selbstverständnis dann schon
eigenes Scheitern? Könnte man diskutieren. Genauso: Ob andere scheitern
müssen, weil mancher nur im Gefühl des Erfolgs Sinn findet?
Felix Herrmann. Ich bin 23 Jahre alt und studiere Geschichte und Persisch
in Berlin. Ich bin durch den Iran gereist und habe eine Reportage über zwei
junge Frauen in Teheran geschrieben und baue mit Freunden und Künstlern
eine Kapelle in Oberbayern. Im Moment befinde ich mich in Marrakesch und
mache eine Regieassistenz bei einer Filmproduktion.
„Scheitern“, das ist ein sehr interessantes Thema. Mir fällt auf, dass ich
den Begriff nie benützen würde. Es klingt nach einem existentiellen und
endgültigen Fehler. Habe ich das nie erlebt, oder verdränge ich es nur? Bin
ich zu jung dafür, oder glaube ich einfach nicht an das Konzept
"Scheitern"?
Miriam Yosef, Studentin, 24 Jahre alt. Die letzten Jahre habe ich im
Bereich Entwicklungshilfe und Menschenrechte in verschiedenen Projekten in
der Karibik, im Nahen Osten sowie in Westafrika mitgearbeitet. Zurück in
Deutschland studiere ich nun Jura, werde jedoch auf Menschenrechte
wechseln. Journalistisches Vorbild ist für mich Christiane Amanpour.
Scheitern ist allgegenwärtig und in allen Bereichen des Lebens anzutreffen.
Sei es zum Beispiel das Scheitern einer Regierungsform, wirtschaftliches
Scheitern oder das einer Ehe. Gleichzeitig kann Scheitern auch immer die
Gelegenheit für ein Umdenken und einen Neuanfang sein.
Olaf Schardt. Als frisch gebackener Abiturient stehe ich nun mit 20 Jahren
kurz vor dem Studium der Europawissenschaften in Osnabrück. Aufgewachsen im
wunderschönen aber etwas langweiligen Bremen, ging ich 2008 für ein Jahr
nach Kerala/Südindien. Während der freien Zeit zwischen Abitur und Studium
konnte ich als Praktikant bei Campact e.V einen Einblick in die ökosoziale
Protestbewegung gewinnen.
Indien als gescheitertes Land zu bezeichnen würde mir aufgrund der
atemberaubenden kulturellen und politischen Vielfalt auf dem Subkontinent
schwerfallen. Der Blick auf vergiftete Flüsse, das unfassbares Elend in den
Slums oder die Unterdrückung der Bauern durch Agrarkonzerne, allesamt
Symptome einer toxischen Mischung aus Bevölkerungsexplosion und
Turbokapitalismus, zeigt aber meiner Meinung nach eindeutig, woran eine
Gesellschaft scheitern kann.
Alexander Maier, 21 Jahre alt, geboren im sowjetischen Kasachstan und
aufgewachsen in einem kleinen Ort in Niedersachsen. Nach Abitur und
Zivildienst in der Altenpflege folgte eine kleine Umorientierung in Sachen
Lebensplanung, und mittlerweile studiere ich im 3. Semester
Politikwissenschaft in Berlin. Politisch interessiert und engagiert, aber
journalistisch unerprobt bin ich gespannt auf den Workshop und die taz.
Nicht nur im Privaten, auch in der Politik wird fleißig gescheitert. Ob
internationale Klimaschutzabkommen oder Berliner Koalitionsverhandlungen:
Scheitern stellt keinen Endpunkt dar, sondern ist fast immer Teil des
politischen Prozesses. Unser Interesse sollte daher seinen Folgen und
Chancen gelten.
Anne Fromm, 25 Jahre alt, Studentin der Europasoziologie in Berlin, vorher
in Leipzig, Schweden, Frankreich und Australien, ursprünglich aus Erfurt,
für verschiedene Medien tätig, u.a. jetzt.de und detektor.fm, musikaffin
und passionierte Radfahrerin.
Ich bin nicht: sicher, was nach meinem Studium kommt, schlimm gescheitert.
Rot-Grün ist in Berlin gescheitert, der Euro droht zu scheitern und Demi
Moores Ehe ist gescheitert. Alle scheitern ständig. Das ist bitter, aber
eigentlich auch normal. Viel spannender ist doch, was nach dem Scheitern
passiert: Rappeln, Aufstehen, Weitergehen!
Ricarda Paul. Ich bin 22 Jahre alt, habe einen Sohn, bin Abiturientin und
komme aus Eppstein. Ich habe bereits ein Berufspraktikum in der Redaktion
einer vegetarischen Zeitung absolviert. Scheitern bedeutet die eigenen oder
Fremderwartungen nicht zu erfüllen. Gibt der Mensch die Verantwortung für
sein Handeln ab, dann ist das Scheitern etwas Negatives. Sieht er es aber
als neue Chance, kann ein vorangegangenes Scheitern der Motor zum Erfolg
sein.
Salvan Joachim, 24 Jahre alt und Joachim ist tatsächlich der Nachname. Er
studiert Politikwissenschaft, Neuere deutsche Literatur und Philosophie in
München. Dort schreibt und spricht er auch für Medien wie den Kulturvollzug
und M94.5. Eine taz-Beilage zum Thema „Scheitern“. Ob sie erscheint?
Dario Schach, 23 Jahre, aus dem Ruhrgebiet. Im flachen Münster studiere ich
Philosophie und Geschichte. Wie viele hier fahre ich gerne Fahrrad und
freue mich jedes Mal, wenn zur Rushhour klar wird: Mit dem Fahrrad bin
schneller als mit dem Auto da. Scheitern 1: FDP, Fünf-Prozent-Hürde,
Berlin, September 2011.
Scheitern 2: Jeder muss da mal durch. Denn das Gefühl niemals gescheitert
zu sein, muss eines der schlimmsten sein, wenn man nicht weiß, was
Scheitern bedeutet. Selbst der Versuch das Gefühl des Scheiterns zu fühlen
muss scheitern, wenn man nicht scheitern will. Also: Scheitern! Ist schon
ok.
Janina Bembenek Die Nachrichten liest Janina Bembenek noch vor ihrem ersten
Kaffee. Doch ungewöhnliche Themen findet die 23-Jährige am liebsten
unterwegs auf Europas Kopfsteinpflaster. Geboren in Wiesbaden, zog es sie
fürs Studium der Kommunikations-, Medien- und Theaterwissenschaft nach
Leipzig. Derzeit steckt sie in den finalen Zügen. Ausgleich für das
theorielastige Studium? Journalismus!
Zwischen gesellschaftlichem Erwartungsdruck, elterlichen Hoffnungen und
Selbstansprüchen entsteht die Angst zu Scheitern. Abi, Uni, Job: Der
Lebenslauf zählt. Verstärkt durch mediales Elitedenken. Das Wort Scheitern
bleibt in der Generation Curriculum Vitae unausgesprochen, Burnout wird zur
Antwort.
Jan-Hendrik Pfleging Ich bin 20 und gerade aus Laos zurückgekommen, wo ich
nach meinem Abitur für ein Jahr in einem Drogenrehabilitations-Zentrum
gearbeitet habe. Nun klopft das Studium an die Tür, doch bevor ich mich
entscheide, möchte ich noch ein paar Dinge ausprobieren. Leider hat mich
unser Schulsystem in meiner Studiums- und Berufswahl nicht weitergebracht.
Scheitern bedeutet für mich etwas Endgültiges. Es bedarf der Akzeptanz
dieser Endgültigkeit sowie einer Neuorientierung, um Gewinn aus der
Situation ziehen zu können.
Sophie Elmenthaler 1985 in Hamburg geboren, verbrachte ich die
Gymnasialzeit auf einem Internat in der Nähe von Lüneburg. Nach dem Abitur
2003 studierte ich Kulturwissenschaften und Arabistik in Leipzig. Zweimal
war ich längere zeit im Jemen zu Studien- und Forschungszwecken.
Neben dem Studium singe ich im Chor, spiele Rugby und arbeite für den
Leipziger Verein eurient e. V. Scheitern ist etwas Persönliches. Scheitern
ist umfassend, nicht partiell und komplex. Scheitern bedeutet, dass die
Rahmenbedingungen nicht stimmen. Denn wenn sie stimmen, und etwas nicht
klappt, ist es Versagen. Integration scheitert, weil ein schlecht
definiertes Konzept unter falschen Rahmenbedingungen nicht klappt.
Integration ist falsch.
Akiko Kiuchi 25 Jahre alt. Geboren und aufgewachsen in Ichikawa, Japan. Ich
lebe seit 2008 in Frankfurt (Oder) und studiere dort die osteuropäische
Geschichte. Meine besonderen Interessen sind die russische, polnische und
georgische Sprache, und die Geschichte des Kaukasus. Kaliningrad und
Georgien haben einen besonderen Platz in meinem Herzen.
Wir stehen sicherlich am Scheideweg. Krise bedeutet aber zugleich Chance.
Dabei ist uns allen überlassen, ob die Bildungs-, Umwelt-, Integrations-
und Finanzpolitik gelingt. Kritisches Denken ist gefragt. Dies ist ein
Plädoyer für eine offene Welt, in der es Alternativen zum Status quo gibt.
27 Jun 2013
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