# taz.de -- Pendler wollen nicht mehr draufzahlen | |
> ■ Schlechte öffentliche Verkehrsanbindung nach Stade und Cuxhaven | |
> kritisiert | |
Null-Investition bei der Bahn, ein gescheitertes Schnellfähren-Projekt. So | |
bleiben nur noch zwei Möglichkeiten für die 20.000 Hamburg-Pendler aus den | |
Landkreisen Stade und Cuxhaven: sich mit dem Auto über die chronisch | |
überlastete B73 oder durch den ständig verstopften Ort Finkenwerder zu | |
quälen. Für 80 Prozent der Pendler sind dies die geringeren Übel – so viel | |
wie in keinem anderen Nachbarkreis der Hansestadt, wie Martin Schmidt, | |
verkehrspolitischer Sprecher der Grünen in der Hamburger Bürgerschaft, | |
erläuterte. | |
Wegen dieser katastrophalen Verkehrslage gründete die Agenda 21-Gruppe der | |
Samtgemeinde Lühe mit ihren Politikern die Arbeitsgruppe „Elbe verbindet“. | |
Wie soll es mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) weitergehen? | |
Warum wird die Wasserstraße Elbe nicht besser eingebunden? Diese Fragen | |
wurden am Wochenende in Grünendeich mit einem sechsköpfigen Podium aus | |
Politikern und Fachleuten diskutiert. | |
Heftige Kritik musste sich vor allem Martin Schmidt als Vertreter der | |
Hamburger Bürgerschaft anhören. Sein Verkehrssenator, Eugen Wagner (SPD), | |
habe Schaden angerichtet, als er die HADAG-Fähren und den Elbe-City-Jet | |
(ECJ) aus dem Nahverkehrskonzept herausnahm. Mit diesem Vorwurf waren sich | |
der Kreistagsabgeordnete Egon Ohlrogge (SPD) und der Landtagsabgeordnete | |
Karsten Behr (CDU) einig. Als Trost kündigte Schmidt an, dass im kommenden | |
Jahr das HVV-Gebiet erweitert werde. Dann bestehe die Möglichkeit, den ECJ | |
in den HVV aufzunehmen und den gesamten Verkehr auf dem Wasser neu zu | |
ordnen. Schwierig daran sei allerdings, so Egon Ohlrogge, dass ÖPNV auf dem | |
Wasserwege im Gemeindeverkehrsfinanzierungsge-setz nicht vorgesehen sind. | |
Ernüchternd wirkte auch Reiner Seelheims Erkenntnis, dass ein guter ÖPNV | |
nie kostendeckend funktionieren werde. Preise, Taktzeiten und Ambiente | |
seien zu kostentreibend. Bei einer Wirtschaftlich-keitsprüfung habe er | |
festgestellt, dass es vielmehr darauf ankomme, die bisherigen Zuschüsse an | |
die Verkehrsbetriebe effektiver einzusetzen. Mit einem privaten Betreiber | |
im Boot, der etwas von Wirtschaft verstehe, wären neue Zuschüsse vielleicht | |
nicht nötig. | |
„Wir müssen die Pendler fragen, was sie wollen“, erinnerte Rolf Knetemann, | |
Bezirksleiter der Dehoga in Niedersachsen. Dabei musste Karsten Behr | |
eingestehen, dass er bisher nicht wisse, warum die Pendler den ECJ | |
ablehnten. Darauf konnte aber das Publikum sofort antworten: „Weil wir | |
Fahrplansicherheit brauchen.“ Die war bisher nicht gegeben, „weil wir beim | |
Wechsel des Verkehrmittels immer draufzahlen mussten“. | |
Ein Tarif-System aus einer Hand für alle drei Länder – Schleswig-Holstein, | |
Hamburg und Niedersachsen – „ist im Werden“, versprach Karsten Behr. Wenig | |
Hoffnung äußerte Dietmar Opalka, Verkehrsplaner bei der | |
Verkehrsgesellschaft Nord-Ost-Niedersachen in Stade, gegenüber der taz. Ein | |
Kombiticket für Schnellfähre und Bahn sei schon vor Jahren im Gespräch | |
gewesen. „Die Bahn hat alles abgeblockt.“ Da bleibt den Pendlern nur, dem | |
Aufruf der Moderatorin Christiane Oppermann zu folgen: „Am 9. September | |
sind Kommunalwahlen in Niedersachsen. Machen Sie Druck.“ Sylvia Massow | |
25 Jun 2001 | |
## AUTOREN | |
Sylvia Massow | |
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