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# taz.de -- daumenkino: Christian Züberts Film „Lammbock“
> Zum breiten Bock
Während die Ökonomie der Droge auf der Leinwand durchaus etwas mit
psychosozialen Verwerfungen zu tun haben kann („Traffic“, „Blow“), wäh…
es in den letzten Jahren durchaus Bilder gab, für das, was wunderliche
Moleküle an den Synapsen so alles anstellen („Naar de klote“, „Clubbed to
death“), während sich also einiges getan hat in der filmischen
Phänomenologie des Bedröhnens und Bedröhntseins, ist bei uns mal wieder
alles schön beim Alten geblieben.
Einmal, weil die Kombination Loser–Kiffer–Provinz eigentlich in die
Siebziger- und Achtzigerjahre gehört, also in die Zeiten, als alle, die zu
lahm, zu lustlos oder zu verheiratet waren, um sich den Westberliner
Hängerbiotopen anzuschließen, halt weiter in Würzburg, Tuttlingen oder
Schwarme ihre Tütchen bauten und sich dabei noch irgendwie anders vorkommen
konnten. Zum anderen, weil Christian Züberts Kifferfilm „Lammbock“ genau
den dumpfbackigen Pennälerhumor reproduziert, mit dem sein Produzent Sönke
Wortmann zur Galionsfigur einer deutschen Komödienregression wurde, die man
insgeheim eigentlich überwunden hoffte.
Moritz Bleibtreu und Lukas Gregorowicz als zwei Freunde, die ihren
Würzburger Pizzalieferservice als Vertriebsweg für Selbstangebautes nutzen,
Gras unter Salamischeiben, die „Pizza Gourmet“ als schickes Codeword und
eine Marihuanaplantage im Wald (!), die von Blattläusen bedroht wird.
Irgendwie hat das alles natürlich mit den klassischen Kifferkinohelden
Cheech & Chong zu tun, aber während diese beiden ihr großartiges Hängertum
noch mit anarchistischer Pop-Philosophie untermauerten, besteht „Lammbock“
vor allem aus endlosen pubertären Kiffergesprächen, die man
achtundzwanzigjährigen Pizzeriabesitzern eigentlich nicht mehr abnimmt. Es
geht um Pamela Anderson, Brustvergrößerungen, Mehmet Scholl, um Sex und all
die Freundinnen, bei denen man einen hoch bekommt oder auch nicht.
Die Joints sind hier also nur Vorwand für das übliche Stammtischgeschwafel
irgendwo zwischen Mike Krüger und „Ein verrücktes Paar“, denn Gras, so
sieht wohl Züberts Komödienrechnung aus, ist ja irgendwie ein bisschen
links, ein bisschen subversiv, ein bisschen anders, während Jungsgeblöke,
Provinz und Bier dann doch zu sehr mit sich eins sind.
„Lammbock“ wäre eigentlich ein prima Anti-Drogen-Film für Schulklassen. M…
einer Message, die keinen Zweifel lässt, dass man vom Dealen als
Start-up-Idee die Finger lassen sollte, und mit zwei verlaberten Helden,
die in ihrem Hängertum doch nur das spießbürgerliche Klischee vom asozialen
Kiffer verkörpern, der nichts auf die Reihe kriegt und sich aus lauter
Angst vor dem Erwachsenwerden das Hirn aus der Birne raucht. KATJA
NICODEMUS
„Lammbock“. Regie: Christian Zübert. Mit Moritz Bleibtreu, Christian
Zübert, Lucas Gregorowicz, Marie Zielke, Antoine Monot jr. u. a.
Deutschland 2001, 90 Min.
24 Aug 2001
## AUTOREN
KATJA NICODEMUS
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