Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Stahlgewitter bricht über Tony Blair herein
> Der indische Unternehmer Mittal, Konkurrent der britischen
> Stahlindustrie, schenkte Labour Geld. Dann half Blair Mittal bei einem
> Rumänien-Geschäft. Zugleich verloren britische Stahlkocher ihre Jobs.
> Blair sieht keinen Zusammenhang
DUBLIN taz ■ Eine Hand wäscht die andere. Das gilt für die britische
Labour-Partei nicht weniger als früher für die Konservativen. Wie sich
jetzt herausstellte, hat sich Premierminister Tony Blair in einem
persönlichen Brief an seinen rumänischen Amtskollegen Adrian Nastase im
vergangenen Juli dafür eingesetzt, die staatliche rumänische Stahlfirma
Sidex an LNM, ein Unternehmen des indischen Milliardärs Lakshmi Mittal, zu
verkaufen. Blair deutete in seinem Brief an, dass die Chancen für Rumäniens
Beitritt zur EU dann erheblich steigen würden. Nur einen Monat zuvor hatte
Mittal der Labour Party 125.000 Pfund gespendet.
Als Zeitungen darüber berichteten, versicherte Blair zunächst, er habe von
der Spende nichts gewusst, bevor er später erklärte, es sei „öffentlich
bekannt“, dass die Firma ein Labour-Spender sei. Er sagte auch, sein Brief
sei lediglich eine Routineangelegenheit zur Unterstützung einer britischen
Firma gewesen. Das ist LNM aber keineswegs: Die Firma ist auf den
niederländischen Antillen registriert, der Hauptsitz der Schwesterfirma
Ispat, der die Stahlproduktion untersteht, befindet sich in Rotterdam. Das
Unternehmen operiert in neun Ländern. Großbritannien gehört nicht dazu.
Mittal ist auch kein Brite; er hat bloß eine Villa in London.
Blairs Brief erreichte den rumänischen Premierminister zu einem
entscheidenden Zeitpunkt. Nastase hatte den Deal mit Mittal auf Eis gelegt
und verhandelte stattdessen mit Usinor, einem französischen Unternehmen.
Blairs Brief stimmte die rumänische Regierung schließlich um. Nastase war
zunächst über Mittals Übernahmepläne beunruhigt, hatte die Firma des
indischen Geschäftsmannes doch 1996 das staatliche irische Unternehmen
Irish Steel für ein Pfund gekauft. Vor der Privatisierung pumpte die
Dubliner Regierung 38,2 Millionen Pfund in die marode Firma, und Mittal
versprach eine ähnliche Summe, um die 400 Arbeitsplätze zu retten. Vorigen
Sommer machte Irish Steel dicht und hinterließ 36 Millionen Pfund Schulden.
Nastase sagte, in Anbetracht dieser Tatsache sei er Blair dankbar für die
Garantie, dass es sich bei LNM um einen verlässlichen britischen Partner
handle.
LNM erklärte inzwischen, es sei weder ein britisches Unternehmen noch Teil
von Ispat. Man habe den Premierminister nicht um den Brief gebeten. Blairs
Sprecher sagte letzte Woche, das habe der ehemalige Labour-Europaminister
Keith Vaz getan. Nun aber bestreitet Blair das – aus gutem Grund. Ein
Zusammenhang zwischen Vaz und Blairs Brief an Nastase wäre höchst
schädlich, ist der Exminister doch gerade für einen Monat aus dem Unterhaus
verbannt worden, weil er einen Untersuchungsausschuss belogen hatte. Der
Untersuchungsausschuss beschäftigte sich mit den schmuddeligen
Finanzaffären von Vaz und wies ihm in drei Fällen nach, gegen die
Verhaltensregeln für Abgeordnete verstoßen zu haben. Mittals Frau Usha
unterstützte 1997 den Wahlkampf von Vaz mit 5.000 Pfund.
Blairs Engangement für Mittals Unternehmen ist vor allem in Wales auf
Empörung gestoßen. Die dort angesiedelte Firma Corus, Nachfolger der
früheren Staatsfirma British Stell und der größte Arbeitgeber in der
britischen Stahlindustrie, steht in direkter Konkurrenz zu LNM. Corus
musste im vorigen Jahr mehr als 6.000 Leute entlassen.
Das saubere Image der Labour Party ist nun angeschlagen. 39 Prozent der
Wähler finden es nicht in Ordnung, wie die Regierungspartei sich
finanziert. Von den Konservativen meinen das nur 34 Prozent. RALF SOTSCHECK
20 Feb 2002
## AUTOREN
RALF SOTSCHECK
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.