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# taz.de -- Kuschs Kampf für Knäste
> In Billwerder soll Hamburgs größtes und unwirtlichstes Gefängnis
> entstehen. Schwarz-Schill lässt sich das 43 Millionen Euro kosten  ■ V…
> Kai von Appen
Von seiner Logik her ist CDU-Justizsenator Roger Kusch nur konsequent: Da
er die Auffassung vertritt, jeder Junkie sei ein Krimineller und sein
Kleindealer ein Verbrecher, die konsequent bestraft werden müssen, müssen
auch Kapazitäten in den Knästen geschaffen werden. In Billwerder ist nun
der Gefängnisneubau zum zweiten Mal binnen Monaten umkonzipiert worden. Auf
der grünen Wiese soll Hamburgs größte Haftanstalt für 800 Gefangene
entstehen. 43 Millionen Euro zusätzlich muss CDU-Finanzsenator Wolfgang
Peiner aus dem Stadtsäckel für den Mega-Knast umschichten. Hart kämpfen
musste Kusch dafür nicht: „Es gibt Notwendigkeiten, über die man nicht
diskutieren kann.“
Eigentlich war die neue Vollzugsanstalt Billwerder vom rot-grünen Senat als
Vorzeigemodell für einen modernen und auf Resozialisierung ausgerichteten
offenen Strafvollzug konzipiert worden. 382 Gefangenen sollten im Neubau
der Vollzugsanstalt Vierlande Platz haben. Das üppige Areal sollte von
einem Entwässerungsgraben, der nur visuell eine Barriere darstellen sollte,
umgeben werden und einen großen Sportplatz und Parkanlagen haben.
Der Rechtssenat plante flugs um. „Das Maß der offenen Vollzugsplätze in
Hamburg ist im Bundesdurchschnitt zu hoch“, befindet Kusch, Verfechter
geschlossener Knäste. Statt normaler Fenster enthalten fortan die Neubauten
Gitterverstrebungen, um das 20 Hektar große Areal wird eine Doppelsperre
aus einer 1700 Meter langen Mauer mit Wachtürmen und einem Zaun errichtet.
Damit nicht genug. Nach den Kusch-Vorgaben ist der Bau nochmals
umkonzipiert und durch drei weitere Haftgebäude ergänzt worden – da, wo
eigentlich der Sportplatz geplant war. „Damit wird Billwerder rund 800
Haftplätze haben und größte Haftanstalt Hamburgs werden“, sagte Kusch
gestern bei der Vorstellung. „Damit der Kampf gegen die Kriminalität
fortgesetzt werden kann, braucht Hamburg dringend mehr Plätze im
Strafvollzug, denn ein Aufnahmestopp in den Gefängnissen muss auf jeden
Fall vermieden werden.“
Hamburg fehlten zurzeit rund 200 Haftplätze, nach den Prognosen ist die
Tendenz steigend. Und da die Gerichte nur begrenzt mitspielen, wenn
Häftlinge in Container gesteckt oder zu zweit in Einzelzellen gepfercht
werden, setzt Kusch auf Kapazitätsausweitung statt auf Liberalisierung.
Der neue Knast besteht aus einem geplanten neuen Sicherheitstrakt nach dem
Vorbild von „Santa Fu“, der umkonzipierte Rohbau wird ein Trakt der Marke
normaler Standard. Selbst die verbliebenen 35 offenen Plätze im
Freigängerhaus befinden sich hinter den Mauern.
Beim unwirtlichen Discount-Neubau für 92 Millionen Euro macht Kusch sogar
auf den Einzelknacki gerechnet ein Schnäppchen. Denn der Preis pro
Haftplatz verringert sich auf 115.000 Euro, da die Infrastruktur –
Werkstätten und anderes – effizienter für 300 Männer mehr genutzt werden.
Die Park- und Freizeitanlagen passen ohnehin nicht in das Konzept des
geschlossenen Vollzugs. Und auf die Verklinkerung der Betongebäude kann bei
einem echten Knast optisch verzichtet werden. Ein Teil-Komplex soll 2003
bezugsfertigt sein.
13 Apr 2002
## AUTOREN
Kai von Appen
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