# taz.de -- 1987 - 1996: Die taz wird Genossenschaft | |
> Die taz feiert zehnjähriges Bestehen mit einem Fest im Berliner | |
> Tempodrom. Und sie wird Hausbesitzerin. | |
## | |
## | |
## 1987 | |
Die taz fälscht das SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“ und verbreitet es | |
in der Bundesrepublik. Viele der Vorhersagen bewahrheiten sich später: | |
McDonald´s in Leipzig, Hanfanbau in Brandenburg. | |
## 1988 | |
Eine „Porno-Seite“ löst einen neuen taz-Frauen-Streik aus. Die | |
verantwortlichen Redakteure Wiglaf Droste und Helmut Höge werden für eine | |
Woche vom Dienst suspendiert. Ein weiterer Skandal entzündet sich an einem | |
Artikel des Berliner Künstlers Thomas Kapielski, der darin den Begriff | |
„gaskammervoll“ zur Beschreibung einer Disco verwendet. Die | |
Mitgliederversammlung entlässt daraufhin zwei Redakteurinnen der Berliner | |
Kultur-Redaktion. Die taz übernimmt regelmäßig Beiträge aus der in London | |
erscheinenden Monatszeitschrift „Index on Censorship“. „Index“ widmet s… | |
verbotenen Texten aus aller Welt und wird in über 100 Ländern vertrieben. | |
Die taz gibt außerdem die ersten Ausgaben der deutschsprachigen „Lettre | |
International“ heraus. Unter der Leitung von Frank Berberich entsteht die | |
europäische Kulturzeitschrift als Vierteljahresschrift . Ein | |
„Leitungsgremium“ unter Führung von Wirtschaftsredakteurin Georgia Tornow | |
übernimmt Aufgaben einer Chefredaktion. Nachdem der Hurrikan „Joan“ halb | |
Nicaragua verwüstet hatte, initiiert die taz die Spendenaktion „Schulen für | |
Bluefields“. Ihre LeserInnen spenden innerhalb weniger Monate DM 590.000. | |
## 1989 | |
Die taz feiert 10-jähriges Bestehen mit einem Fest im Berliner Tempodrom. | |
Und sie wird Hausbesitzerin: Ihr gehört nun ein mit Mitteln der Stiftung | |
Umverteilen gekaufter denkmalgeschützter Altbau in der Kochstraße 18, | |
mitten im alten Berliner Zeitungsviertel. Seit 1993 erinnert hier eine | |
Gedenktafel an den APO-Vordenker Rudi Dutschke, der 1968 nach beispielloser | |
Hetze in den Springer-Zeitungen einem Attentat zum Opfer fiel. 1979 starb | |
er an den Spätfolgen. | |
Georgia Tornow und die taz-Redaktion begrüßen den Dalai Lama im neuen | |
Verlagshaus. Der iranische Revolutionsführer Chomeini ruft die Muslime auf, | |
den Autor Salman Rushdie zu töten: Die taz veröffentlicht Auszüge seines | |
Buchs „Satanische Verse“. Als die Mauer fällt, werden die ersten Exemplare | |
der taz noch am selben Tag in den Osten exportiert. | |
## 1990 | |
Seit 26. Februar erscheint die von Ostberliner KollegInnen im | |
taz-Anbau-Verlag produzierte Ost-taz als erste bundesdeutsche Zeitung | |
flächendeckend in der DDR. Kurzzeitig erreicht die Auflage über 100.000 | |
Exemplare. Wenig später scheitert das Projekt am Streit über den Abdruck | |
von Listen mit Stasi-Liegenschaften und wird zur Währungsunion am 1. Juli | |
wieder eingestellt. Ein Teil der Redaktion, unter ihnen Mitbegründer Jürgen | |
Kuttner, wechseln in die Zentralredaktion nach Kreuzberg. | |
Die Frauenseite wird eingestellt: Die Macherinnen setzen darauf, | |
Frauenthemen ab sofort quer durch alle Ressorts in der taz unterzubringen. | |
World Media, ein internationales Gemeinschaftsprojekt von 18 Zeitungen aus | |
der ganzen Welt, erscheint erstmalig mit der taz-Weihnachtsausgabe. Weitere | |
Ausgaben erscheinen in den folgenden Jahren. Finanzielle Engpässe zwingen | |
die taz 1992, aus dem Projekt auszusteigen. | |
## 1991 | |
Die taz reagiert auf den Wegfall der bis dahin überlebensnotwendigen | |
Berlin-Förderung mit der Gründung der[1][ taz-Genossenschaft]. In einer | |
internen Zerreißprobe setzt sich das Genossenschaftsmodell damit gegen | |
Planungen durch, Investoren und Fremdkapital in die taz zu holen: 3000 | |
Gründungsmitglieder zeichnen für drei Millionen D-Mark Anteile und retten | |
die taz aus der aktuellen Finanzkrise. Mit dieser Konstruktion ist das bis | |
heute gültige Unternehmensmodell der taz geschaffen. Ein Vorstand, in dem | |
die taz-Geschäftsführung und drei von den taz-MitarbeiterInnen gewählte | |
Mitglieder sitzen, wird in jährlichen Generalversammlungen vom Aufsichtsrat | |
entlastet. | |
Gegen die neue und brutale Fremdenhatz setzt die taz mit einer | |
Sonderausgabe ein Zeichen: 67 AusländerInnen machen die taz. | |
Neben dem Altbau in der Kreuzberger Kochstraße wird ein von Architekt | |
Gerhard Spangenberg entworfener Neubau bezogen. Die „Wahrheit“-Seite - | |
konzipiert von Mathias Bröckers und Karl Wegmann - erscheint erstmals, am | |
6. Dezember zeichnet ©TOM sein erstes „Touché“. | |
## 1992 | |
Einheitslohn und Basisdemokratie sind seit Einführung des neuen | |
Verlagsmodells Geschichte, die taz bekommt Abteilungs- und | |
Ressortleitungen. Im Januar tagt erstmalig der neu gegründete | |
taz-Betriebsrat. Mit Elke Schmitter und Michael Sontheimer gibt es zum | |
ersten Mal eine Chefredaktion, Jürgen Gottschlich ist Stellvertreter. | |
Blattreform und neues Layout: Die taz erfindet das Ressort „Wirtschaft und | |
Umwelt“. In einer Rettungskampagne „Keine taz mehr – ohne mich!“ werden | |
11.000 neue AbonnentInnen gefunden. Die gedruckte Auflage steigt auf über | |
84.000, die Aboauflage auf 45.000 Exemplare. | |
## 1993 | |
Fusion von „Bündnis 90“ und „Die Grünen“. Die taz-Berichterstattung i… | |
den Gräueln des Bosnien-Kriegs dominiert. Der ovale Redaktionstisch der taz | |
diente 1969 dem Sozialistischen Anwaltskollektiv, dann der Kommune 1 und | |
später dem Sozialistischen Zentrum. HausbesetzerInnen hatten ihn 1990 aus | |
der taz-Kantine geklaut, seitdem ist er verschollen. Es hält sich | |
hartnäckig das Gerücht, er sei 1993 bei Potsdam verbrannt worden. | |
## 1994 | |
Völkermord in Ruanda. Die taz etabliert sich als führende Zeitung für | |
Afrika-Berichterstattung in Deutschland. Das erste taz-Archiv auf CD-ROM | |
erscheint. Mit Arno Luik, Thomas Schmid und Norbert Thomma folgt ein neues | |
Chefredaktionsteam auf die von der Redaktion im April abgelösten | |
VorgängerInnen. Der 15. Geburtstag wird mit einem Fest in der Berliner | |
Volksbühne begangen. | |
Die taz versucht, sich mit einer Ausweitung ihrer Anzeigenakquise neu auf | |
dem schwierigen Anzeigenmarkt zu positionieren. Trotz Teilerfolgen umfassen | |
bezahlte Anzeigen 1996 nicht mehr als 17 % der Gesamterlöse, der Rest | |
stammt aus Abonnements und Einzelhandelsverkäufen. Imageprobleme und die | |
geringe Auflage sind der Grund. | |
Die taz unterstützt die Gründung der deutschen Sektion der | |
Nichtregierungsorganisation „Reporter ohne Grenzen“. Alljährlich zum „Tag | |
der Pressefreiheit“ am 3. Mai erscheint deren Fotoband „100 Fotos für die | |
Pressefreiheit“. Das Büro der Sektion ist in den ersten Jahren im | |
taz-Verlagshaus untergebracht. | |
## 1995 | |
Im Mai erscheint die erste deutschsprachige Ausgabe der Le Monde | |
diplomatique als Beilage in der taz und als selbständiger Titel. „LMd“ wird | |
sich in den folgenden Jahren zu einem der Erfolgsbereiche der taz | |
entwickeln. Seit Mai ist die taz als erste deutsche Tageszeitung komplett | |
im Internet zu lesen. | |
## 1996 | |
Die taz-Anzeigenabteilung professionalisiert sich weiter durch bundesweite | |
Verlagsvertretungen. Zum 17-jährigen Geburtstag der taz produzieren | |
KarikaturistInnen die aktuelle Ausgabe. Die Zeitung ist von Flensburg bis | |
Passau bereits am frühen Morgen ausverkauft. Klaudia Brunst und Michael | |
Rediske übernehmen, zunächst kommissarisch, die Redaktionsleitung. | |
Hermann-Josef Tenhagen stößt als Stellvertreter hinzu. Nach einer erneuten | |
Finanzkrise stellt die taz die Vertrauensfrage: „5.000 Abos bis zum 30. | |
September oder wir machen dicht.“ Die Aboauflage überschreitet die magische | |
Grenze von 50.000 Exemplaren. Das „Drei-Liter-Modell“ propagiert – | |
erfolgreich – die Anwerbung neuer Genossenschaftszeichnungen zum Überleben | |
des Verlags. | |
8 Feb 2013 | |
## LINKS | |
[1] /Genossenschaft/!p4271;re02/ | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |