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# taz.de -- 1.– 9. Juli 2023 : Irland und Nordirland
> Reiseleitung: Ralf Sotscheck in Kooperation mit Eckhard Ladner
Bild: Die Karstlandschaft des Burren im Westen Irlands, dort lebt taz-Korrespon…
## Dublin - Belfast - Sligo - Burren - Dublin
taz-Korrespondent Ralf Sotscheck führt die Reisegruppe in „sein” Irland;
dazu gehören in Dublin eine literarische Kneipentour und ein Schnellkurs in
irischer Geschichte bei einer Führung durch das Kilmainham Gefängnis. In
Belfast und Armagh werden wir uns bei Gesprächen mit Zeitzeugen mit dem
Nordirland-Konflikt beschäftigen, um danach in die weite Karstlandschaft
des „[1][Burren]“ im Westen der Insel einzutauchen. Hier lebt der
taz-Korrespondent.
Erste Station der Reise ist Dublin. Keine europäische Stadt – außer Berlin
– hat sich in den vergangenen 30 Jahren so stark verändert wie die irische
Hauptstadt. Wo früher in der Innenstadt Ziegen grasten, steht heute das
Finanzzentrum, wo billige Alternativläden Selbstgemachtes anboten, befindet
sich heute Dublins herausgeputzte Amüsiermeile, das Stadtviertel Temple
Bar.
Auf Irisch heißt die Stadt Baile Atha Cliath – die Stadt an der Hürdenfurt.
Aber auch der englische Name geht auf das Irische zurück: Duibh-linn heißt
„schwarzer Pfuhl.“ Wir werden mit einem Experten über die irische Sprache
und ihre Zukunftschancen sprechen. Eine Kostprobe hören Sie in den
Videogrüßen von [2][Aonghus Ó hAlmhain].
Ein Drittel der Iren, mehr als eine Million Menschen, lebt im Großraum
Dublin, und ein Drittel der Hauptstädter ist unter 25 Jahre alt. In Dublin
liegt das durchschnittliche Einkommen zwölf Prozent über dem
Landesdurchschnitt, auf dem Land liegt es acht bis zehn Prozent darunter.
Während der Boomjahre ist die Schere zwischen Armen und Reichen größer
geworden. In Irland wurden in manchen Jahren 90.000 neue Häuser gebaut.
Während der Motor für den irischen Boom mit Wachstumsraten von zehn Prozent
im Jahr in den 1990er Jahren vor allem multinationale Konzerne waren, die
mit niedriger Körperschaftssteuer angelockt wurden, verließ man sich später
zunehmend auf die Bauindustrie. Sie steuerte 2007 ein Viertel des
Bruttoinlandproduktes bei, sie beschäftigte mehr als zehn Prozent aller
Erwerbstätigen. 2008 ist sie zusammengebrochen, hat sich aber inzwischen
wieder erholt - und mit ihr die Hauspreise und Mieten, die zu den hächsten
in der EU zählen.
Während der Boomjahre sind viele Auswanderer zurückgekommen, viele
Osteuropäer, Asiaten und Afrikaner sind eingewandert, angelockt vom Boom
und den rasanten Veränderungen. Die Stadt ist bunter geworden, auch wenn
viele Immigranten seit der irischen Krise wieder in ihre Heimatländer
zurückgekehrt sind. Zeitweise waren fast zehn Prozent der irischen
Bevölkerung Immigranten, die größte Gruppe stellten die Polen. Mehr als
200.000 lebten in Irland, zwei Drittel davon in Dublin.
## Kulturmetropole Dublin
Politisch spielt Dublin in Europa nur eine untergeordnete Rolle, es
beherbergt lediglich eine einzige Einrichtung der Europäischen Union; als
Finanzzentrum kann die Stadt weder mit London noch mit Frankfurt mithalten;
und selbst das geistliche Zentrum Irlands ist nicht Dublin, sondern Armagh
in Nordirland.
Doch in seiner kulturellen Bedeutung muss sich Dublin vor keiner anderen
Metropole in Europa verstecken. Die irische Hauptstadt ist reich an Museen
und Galerien, an Kirchen und Sportstätten, an Sehenswürdigkeiten,
Einkaufs-gelegenheiten und Konzertsälen, an Kinos, Theatern und vor allem
an Pubs. Mit seinem Monumentalroman Ulysses hat James Joyce seiner
Heimatstadt ein literarisches Denkmal gesetzt, wie es keine Stadt für sich
beanspruchen kann. Allerdings nannte er Dublin auch „die alte Sau, die ihre
Ferkel frisst“.
Der Fluss Liffey teilt Dublin in zwei ungleiche Hälften: den ärmeren Norden
mit manchen schäbigen Wohnvierteln und den vornehmeren Süden mit einigen
Glanzlichtern georgianischer Architektur. Die Liffey selbst ist erst Anfang
des 21. Jahrhunderts aus ihrem Schattendasein herausgetreten, es wurden
Uferpromenaden gebaut, und am Nationalfeiertag wird ein großes Feuerwerk
auf dem Fluss abgebrannt.
Der in Dublin geborene Journalist Stan Gebler Davies äußerte noch 1990:
„Dublin ist eine arrogante Stadt. Egozentrisch und selbstsüchtig. Sie hat
das meiste dessen, was sie auszeichnet, zerstört und verschlingt gierig die
Ressourcen des Landes. Sie baut und unterhält vorstädtische Arbeiterslums,
die Leipzig oder Magdeburg beschämen würden. Die Kriminalität in einigen
Wohnvierteln überfordert die Polizei. Die Liffey stinkt. Ich liebe diese
Stadt.“
## Boomtown Belfast
Nächste Station der Reise ist Belfast im Norden der Insel. Von der Terrasse
des Restaurants Bá Mizu hoch über der Stadt sieht man die Symbole des neuen
und des alten Belfast: im Vordergrund das Riesenrad, die Luxushotels und
die Einkaufsmeile, am Horizont die beiden gelben Kruppkräne „Samson“ und
„Goliath“ am östlichen Rand des Hafens, wo 1911 die Titanic vom Stapel
lief. Die Kräne gehören Harland & Wolff, der einst größten Werft der Welt.
Vom Friedensprozess beflügelt, erlebt Belfast einen Aufschwung, der die
nordirische Hauptstadt in die Liste der „zehn aufstrebenden Städten der
Welt“ des Reiseführers „Lonely Planet“ katapultiert hat. Im Zentrum sind
Wohnhäuser, Hotels, Einkaufszentren und Bürogebäude entstanden, Straßen,
Plätze und Altbauten wurden saniert, am Ufer des Lagan gibt es nun ein
Konferenzzentrum und einen Vergnügungskomplex. 1994, als die IRA ihren
Waffenstillstand verkündete, übernachteten 200.000 Touristen in Belfast,
jetzt ist es über eine Million im Jahr.
Die neueste Attraktion ist das 400 Millionen Pfund teure Einkaufszentrum
Victoria Square, zu dem das Restaurant Bá Mizu im Nobelkaufhaus House of
Fraser gehört. Auf 75.000 Quadratmetern sind 98 Läden angesiedelt, die
Verkaufsfläche in der Innenstadt ist auf einen Schlag um ein Drittel
gewachsen.
Das ambitionierteste Projekt ist jedoch das Titanic Quarter. Hier, auf dem
früheren Grundstück von Harland & Wolff, soll ein High-Tech-Park entstehen,
in dem einmal 10.000 Menschen arbeiten werden. Forschung und Entwicklung,
akademische Ausbildung, kombiniert mit Freizeit-angeboten und Wohnraum –
das sind die Schlagworte, mit denen man weitere Investoren anlocken möchte.
Hotels, Restaurants, ein Open-Air-Theater und ein Besucherzentrum, in
dessen Mittelpunkt die Titanic steht, gehören zu den Attraktionen für
Touristen. Denen wird ein elektronischer Führer an die Hand gegeben, der
sie interaktiv zu den Stätten des einst blühenden Schiffbaus führt. Kurze
Filme lassen die großen Zeiten in dem kleinen Gerät noch einmal aufleben.
Nur wenige Schritte vom Zentrum entfernt sind katholische und
protestantische Viertel wie ein Flickenteppich angeordnet. Wo sie
aneinander stoßen, kam es früher fast jede Nacht zu Krawallen, vor allem im
Westen der Stadt mit den Vierteln um die katholische Falls Road und die
protestantische Shankill Road. Man kann sich von ehemaligen IRA-Gefangenen
durch das Viertel führen lassen. Der Spaziergang endet am Cupar Way, der
Grenze zur protestantischen Shankill Road. Hier übernehmen frühere
Gefangene loyalistischer Organisationen die Touristen, führen sie zu den
Sehenswürdigkeiten ihres Viertels und bringen ihnen ihre Sichtweise des
Konflikts nahe.
Falls und Shankill sind am Cupar Way durch eine hohe Mauer getrennt, auf
die auch noch ein hoher Zaun montiert ist. Diese „Friedenslinie“ gehört zu
den Besucherattraktionen, sie ist mit Malereien verziert. Es ist aber
keineswegs die einzige Mauer, die katholische und protestantische Viertel
in Belfast trennt. 1994 zu Beginn des Waffenstillstands gab es neun solcher
Mauern, heute sind es mehr als 40. Und sie seien noch immer notwendig,
finden die meisten Anwohner auf beiden Seiten. Als jemand im Stadtrat den
Vorschlag machte, die Mauern abzureißen, gab es einen Aufschrei.
Nach zwei Tagen Belfast fahren wir zum Kontrastprogramm in den Westen der
Insel, in die Republik Irland; vorher treffen wir uns noch mit dem
ehemaligen IRA-Mitglied Tommy McKearney bei einem Zwischenstopp im
nordirischen Armagh.
## Die Karstlandschaft des [3][Burren]
Auf den ersten Blick kommt einem diese Region im Westen Irlands wie eine
Mondlandschaft vor: graue Steinhügel und helle Kalksteinplatten, so weit
das Auge reicht. Der Name dieses Gebiets: „[4][Burren]“ leitet sich vom
irischen Wort „boireann“ ab, was „felsiger Ort“ bedeutet. Schon Oliver
Cromwells Offiziere behaupteten vom Burren: „Zuwenig Bäume, um einen
aufzuhängen, zu wenig Wasser, um einen zu ersäufen, zu wenig Erde, um einen
zu verscharren.“
Beim genauen Hinsehen entdeckt man jedoch eine landschaftliche
[5][Vielfalt, die einmalig in Europa ist]. In dem knapp tausend
Quadratkilometer großen Gebiet wachsen Anemonen, Moose, Klee, Zwergrosen,
Kreuzblumen, Veilchen, Enzian, Schlüsselblumen und Orchideen. Pflanzen aus
dem Mittelmeerraum, aus den Alpen und der Arktis gedeihen einträchtig
nebeneinander. Wir sprechen mit Experten von „Burrenbeo“, einer lokalen
Initiative in Kinvara, über die Probleme der ländlichen Regionen sowie über
die Chancen und Gefahren des Tourismus.
Zum Abschluss der Reise geht es zurück nach Dublin. Auf dem Weg besuchen
wir noch Locke's Distillery in Kilbeggan. In Dublin können wir die Reise
mit einem Literary Pub Crawl beschließen: einer feucht-fröhlichen
Kneipenbegehung, bei der Schauspieler zu den Lieblingskneipen irischer
Schriftsteller führen und in jedem Pub Texte rezitieren.
25 Jan 2013
## LINKS
[1] http://download.taz.de/BURREN_GERMAN.pdf
[2] /!170934/
[3] http://download.taz.de/BURREN_GERMAN.pdf
[4] http://download.taz.de/BURREN_GERMAN.pdf
[5] http://www.burrenbeo.com/
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Irland
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