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# taz.de -- Monsieur Tati
Jacques Tatischeff wird am 9. Oktober 1907 in Le Pecq in Frankreich als
Sohn eines Bilderrahmers russischer Herkunft geboren. Er wächst in der Nähe
von Paris auf und besucht das Lycée de Saint-Germain-en-Laye. Zunächst
bleibt Jacques Tati im Familiengewerbe und durchläuft eine Lehre zum
Bilderrahmenbauer in London. Seine tatsächliche Leidenschaft entdeckt Tati
aber im Sport, er spielt Tennis, boxt und erweist sich als hervorragender
Rugbyspieler. Hier legt er den Grundstein seines Schauspiels und seiner
„pantomimes sportives“.
Sein filmisches Alter Ego Monsieur Hulot entwickelte er später aus der
Eigenart, seine Mitmenschen im Alltag zu beobachten und zu parodieren.
Hulot ist ein pantomimischer Charakter, oft verglichen mit Charlie Chaplin
und Buster Keaton, der durch scheinbares Ungeschick subtile Komik entstehen
lässt. Der Filmkritiker André Bazin urteilte über Hulot: „Er ist ein
wandelndes Wollen und Zögern, sein Sein ist Diskretion. Aber natürlich ist
diese Leichtigkeit, mit der Monsier Hulot die Welt berührt, genau die
Ursache aller Katastrophen, denn sie folgt nie den Regeln des Anstands und
der sozialen Wirklichkeit. Monsieur Hulot besitzt das Genie der
Ungelegenheit. Das heißt aber nicht, dass er linkisch oder ungeschickt
wäre. Er ist im Gegenteil die Grazie selbst, ein Traumwandler, und die
Unordnung, die er verursacht, ist die der Zärtlichkeit und der Freiheit.“
Sechs Spielfilme umfassen das Werk von Jacques Tati. In „Jour de fête“
(1949) will ein Dorfpostbote obsessiv seinen simplen Job modernisieren.
„Les vacances de Monsieur Hulot“ (1953) zeigen erstmals den Charakter des
Monsieur Hulot mit Sonnenschirm, Regenmantel und Pfeife im Mund. Auf Urlaub
an der Küste geht hier wirklich vieles schief. In „Mon Oncle“ (1958) wird
Monsieur Hulot in aller Farbenpracht mit dem modernen vollautomatisierten
Haushalt seines Bruders konfrontiert. „Playtime“ (1967) ist ein
Episodenszenario mit Hulot und einer Gruppe von Touristen im hoch
technisierten Paris. „Trafic“ (1971) führt Hulot durch Verkehrschaos zu
einer Autoshow. Und schließlich „Parade“ (1973), eine Art Dokumentarfilm
über den Auftritt von französischen Kabarettisten. Sein letzter Film in
Vorbereitung, nie vollendet, war „Confusion“ und sollte sich mit dem Medium
Fernsehen auseinander setzen.
Mit zahlreichen Preisen gewürdigt, gelang Tati der Durchbruch mit dem Film
„Die Ferien des Monsieur Hulot“ und dem Großen Preis der Internationalen
Kritik von Cannes 1953. Viele weitere Preise folgten, darunter der Oscar
für den besten ausländischen Film für „Mon Oncle“ – und für „Playti…
Grand Prix der Französischen Filmakademie 1968.
Seine Werke zeichen sich aus durch den subtilen Einsatz der Tonebene sowie
später durch extreme Farbigkeit. Jean-Pierre Jeunet, der Regisseur des
Films „Die fabelhafte Welt der Amélie“ (2001), ließ sich von Tatis Farben
und der Ausstattung inspirieren. In Frankreich ehrt man Tati als eine Art
Nationalhelden, beim diesjährigen Filmfestival in Cannes gab es eine
Retrospektive und die umjubelte Aufführung von „Playtime“ im originalen
70-Millimeter-Format. Das Filmmagazin Cahiers du Cinema widmete ihm eine
Sonderedition. Die Ausstellung „La vie en Tatirama“ war bis Ende Oktober in
Paris zu sehen. 2003 wandert sie weiter in die Designmetropole Rotterdam.
Jacques Tati war verheiratet und hinterließ eine Tochter, Sophie
Tatischeff, und einen Sohn, Pierre. Er starb am 4. November 1982 an einer
Lungenembolie. NINA MAYRHOFER
2 Nov 2002
## AUTOREN
NINA MAYRHOFER
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