# taz.de -- Bambule vor die Tore gejagt | |
> Bauwagen-BewohnerInnen räumen ihren Platz im Karoviertel angesichts der | |
> Polizeiübermacht. Odyssee über das Schanzen- und Univiertel bis nach | |
> Hammerbrook. Am Ende werden sie der Stadt verwiesen und nach | |
> Niedersachsen eskortiert | |
von KAI VON APPEN | |
Die BewohnerInnen des Bauwagenplatzes Bambule im Karoviertel sind der | |
staatlichen Räumungsgewalt gewichen. Unmittelbar nach dem Aufmarsch eines | |
Großaufgebotes von PolizistInnen gestern in den frühen Morgenstunden sind | |
die letzten Wohnlaster von der Vorwerkstraße abgezogen und haben einen | |
Treck der „Heimatvertriebenen“ gebildet. Bei dem Versuch, auf den Campus zu | |
gelangen, kesselte sie ein Heer von Polizei mehrere Stunden ein, so dass in | |
der City der Verkehr lahm lag. Insgesamt waren 1000 PolizistInnen im | |
Einsatz. Zur Krönung wurden die Bauis am Abend der Stadt verwiesen. | |
Schon mitten in der Nacht beginnt das Treiben auf dem Bauwagenplatz, | |
nachdem Infos eintreffen, dass sich aus Schwerin und Eutin Polizeieinheiten | |
mit Räumpanzern und Wasserwerfern in Richtung Hamburg in Gang gesetzt | |
haben. Heimlich werden Wohnwagen weggeschafft und auf andere Wagenplätze | |
verteilt. Der eigentliche Platz ist morgens leer. UnterstützerInnen eilen | |
den letzten Bauis zur Hilfe, errichten kleine Müllbarrikaden. | |
„Die Römer kommen“, ruft ein Unterstützer, als planmäßig gegen 7.30 Uhr… | |
ersten Polizeieinheiten aufmarschieren und sich an der Feldstraße die | |
Wasserwerfer sammeln. Aus dem Lautsprecherwagen der Bauis dröhnt düstere | |
Techno-Musik. Eine Sprecherin grüßt die Umstehenden: „Danke, dass ihr so | |
zahlreich beim ersten Schnee gekommen seit.“ Derweil bilden sich | |
Menschenketten, um sich der Polizei entgegenzustellen. | |
An der Marktstraße kommt es zu ersten Drängeleien zwischen Polizei und | |
DemonstrantInnen. Währenddessen begleiten an der Laiezstraße Mütter ihre | |
ABC-Schützlinge unbeeindruckt durch die Menschentraube zur Schule neben dem | |
Bauwagenplatz. „Müsst ihr hier jetzt weg?“, fragen die Kleinen ungläubig | |
eine Bambule-Frau. | |
Über Lautsprecher wird zur spontanen Demo aufgerufen: „Wir können uns nicht | |
in Luft auflösen.“ Die Polizei gewährt freien Abzug unter Sirenengeheul. | |
Aus dem Lautsprecherwagen der Bauis kommt ein letzter Gruß: „Wir | |
verabschieden uns von unseren netten Nachbarn und den Lehrern und Schülern. | |
Wir haben uns hier wohlgefühlt, wir kommen wieder.“ | |
Die Demo geht durch die Nachbarschaft. Schnell werden noch zwei Bauwagen | |
beim Wohnprojekt Schanzenstraße „zwischengeparkt“. Am „Dreiländereck“ | |
Schulterblatt/Altonaer Straße wird der Treck gestoppt. Der Bezirk Altona | |
möchte Bambule nicht auf sein Territorium lassen, der Weg zur Roten Flora | |
im Bezirk Mitte ist von Polizeieinheiten und Wasserwerfern versperrt. Die | |
Staatsmacht gewährt erst nach Verhandlungen mit Bambule-Anwalt Manfred | |
Getzmann den Marsch durch Eimsbüttel zum Dammtor. | |
Was die Ordnungshüter nicht ahnen: Bambule liegt von den Asten der Uni | |
Hamburg und der HWP eine Einladung zur Kundgebung „alternative studentische | |
Lebensformen“ vor. Auf der Grindelallee biegen die Bauwagen plötzlich in | |
Richtung Campus ab. PolizistInnen springen davor. Es kommt zum | |
Schlagstockeinsatz, die Uni wird abgeriegelt, die Bauis werden umzingelt. | |
Drei Wagen haben aber schon den Campus erreicht. Die Region verwandelt sich | |
in eine Polizeifestung, es wird zur Räumung angesetzt. Den Asta-Vertretern | |
Bela Rogalla und Sebastian Leber gelingt es, die Eskalation zu verhindern. | |
Doch eine Kundgebung mit Wagen möcht Uni-Vizepräsident Wilfried Hartmann | |
nicht zulassen. Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) habe | |
angerufen. Hartmann: „Das möchten wir nicht und das dürfen wir auch nicht | |
möchten.“ Die GAL-Bürgerschaftsangeordnete Antje Möller versucht, eine | |
Lösung zu finden. Doch von Bezirksamtsleiter Markus Schreiber kommt nur der | |
Vorschlag: „Die Hundehalle in Harburg“. Das ist selbst Einsatzleiter Peter | |
Born zu viel. „Ich weiß schon, warum ich kein Politiker geworden bin.“ Nach | |
langen Vermittlungen gewährt er freien Abzug: Immer nur zwei Wagen | |
zusammen, dann werde man die Leute in Ruhe lassen. | |
Doch schon wenige Stunden später ist das Wort nichts mehr wert: In | |
Hammerbrook auf einer LKW-Tankstelle macht die Polizei Tabula rasa. Erst | |
will sie die Gefährte beschlagnahmen, dann erteilt sie den Bambule-Leuten | |
per Platzverweis ein Stadtverbot. Und eskortiert sie bis zur Landesgrenze | |
nach Niedersachsen. | |
5 Nov 2002 | |
## AUTOREN | |
KAI VON APPEN | |
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