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# taz.de -- Pharma-Forschung: Ein Mensch aus Chips
> Ein Großteil der Tierversuche könnte in Zukunft überflüssig werden.
> Wichtige Forschungsergebnisse liefern auch künstliche Organe – wie die
> „Chip-Lunge“ zeigt.
Bild: Modell der „Chip-Lunge“ des Wyss Instituts.
BERLIN taz | Die Idee klingt verlockend. Wenn es gelingen würde, den
menschlichen Körper komplett zu simulieren, könnte die medizinische
Forschung weitgehend auf Tierversuche verzichten. Wissenschaftler des Wyss
Instituts der Universität Harvard haben nun einen wichtigen Schritt
gemacht: Die Bio-Ingenieure haben ein [1][daumengroßen Chip] gebaut, der
die menschliche Lunge samt Atemweg und Blutgefäß simuliert, berichtet das
Fachmagazin Technology Review.
Mit dem künstlichen Atmungsorgan wurden in [2][einer Studie] Lungenödeme
untersucht, die unter anderem als Nebenwirkung von Krebsmedikamenten
auftreten können. Bei solchen Ödemen tritt Blutflüssigkeit aus den
Kapillargefäßen in die Lunge ein. Die Folge ist eine reduzierte
Sauerstoffaufnahmefähigkeit, die tödlich sein kann.
Analog zur echten Lunge befindet sich in der „Chip-Lunge“ ein mit Luft
gefüllter und mit menschlichen Lungenzellen ausgekleideter Kanal, der durch
einem Membran von einem mit Blutersatzstoff gefüllten Kanal getrennt ist.
Das Team um Dongeun Huh spritzte den Wirkstoff eines Krebsmedikaments in
das „Blutgefäß“ und stellte fest, dass Flüssigkeit und Blutplasmaproteine
durch die Membran in den Luftkanal gelangten. Die Durchlässigkeit der
Zellmembran hatte sich durch den Wirkstoff verändert.
Die weit verbreitete Annahme, das Immunsystem spiele eine wichtige Rolle
bei der Membranveränderung, hat sich demnach nicht bestätigt – denn die
künstliche Lunge hat gar keines, betont Koautorin Geraldine Hamilton. In
einem nächsten Schritt testeten die Wissenschaftler ein Medikament, dass
die Durchlässigkeit der Membran erfolgreich dämmt. Die Wirkung wurde in
einer früheren Studie im [3][Tierversuch getestet] und zeigte, dass das
Ödemrisiko bei Mäusen mit Herzproblemen sinkt.
## Organ-Chips reichen nicht
„Natürlich werden auch noch in vielen Jahren Versuchstiere eingesetzt“,
sagt Hamilton. Denn simulierte Organe stellen lediglich eine sehr stark
vereinfachte Imitationen der biologischen Vorgänge im Körper dar. Vor allem
die hormonelle Steuerung fehlt, betont Michael Hayward von der
Biotechnikfirma Taconic. Die meisten Krankheiten betreffen viele Organe,
betont er. Entsprechend wichtig sei es, deren Wechselwirkungen
untereinander zu verstehen – das kann aber nur mit echten Organen
funktionieren.
Hamilton glaubt trotzdem an den großen Wurf: „Nicht nur konnten wir
klinische Reaktionen des Körpers nachbilden, wir fanden sogar etwas Neues
heraus. Das zeigt, welche Auswirkungen solche Chips für die
Medikamentenentwicklung in Zukunft haben könnten.“
Die „Chip-Lunge“ war nur der Anfang. Die Wissenschaftler des Wyss Instituts
arbeiten bereis an Simulationen von Magen, Herz und Niere.
21 Nov 2012
## LINKS
[1] http://wyss.harvard.edu/viewpage/240/lungonachip;jsessionid=F609DCC9B4FC3C9…
[2] http://stm.sciencemag.org/content/4/159/159ra147
[3] http://stm.sciencemag.org/content/4/159/159ra148
## AUTOREN
Patrick Loewenstein
## TAGS
Tierversuche
Medizin
Krebs
Künstliche Organe
Wyss Institut
Harvard
Lunge
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