Donnerstag, 10. Juli 2014
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L. ist fuer ein paar Tage aufs Festland gefahren: Friseurbesuch,
Kosmetikerin, die jaehrliche Einladung zum franzoesischen
Nationalfeiertag. Folglich bin ich fuer einige Zeit allein im Haus.
(Nicht wirklich allein: M. ist ebenfalls hier, doch zwischen uns gibt
es eine Art stillschweigendes Abkommen, nach dem keiner sich in die
Angelegenheiten des anderen einmischt. Welche Angelegenheiten koennten
das ueberhaupt sein? Beide haben wir grundsaetzlich nichts dringendes
zu tun. So ist M.s Anwesenheit fuer mich mit weniger Verpflichtungen
verbunden als die Obhut ueber ein in Pflege genommes Haustier. Wie bei
einer Katze vielleicht, wo man sich von Zeit zu Zeit fragt, ob sie
wohl draussen herumstreune oder schon ihre Milch auflecke.) Nahezu
aller Verpflichtungen ledig und ohne die beklemmende Anwesenheiten der
anderen, sollte man da nicht erwarten, dass der Geist zu wandern
beginnt, in die ersehnten, im Alltag unzugaenglichen Regionen?  Dieser
Tage stand zu lesen, dass - vor die Wahl gestellt - eine erstaunliche
Zahl von Probanden eher bereit ist, sich selbst einen Stromschlag zu
versetzen, als sich 15min den eigenen Gedanken zu ueberlassen. Und
auch ich befinde mich hier oft in Verlegenheit: soll ich die Sonne
scheinen, den Wind wehen, die Gedanken streifen lassen oder mich lange
aufgeschobenen Projekten widmen? Und ist nicht der Traum von einem
selbstbestimmten Leben: nichts selbst bestimmen zu muessen, ohne von
aussen bestimmt zu werden, in seiner undialektischen Naivitaet,
weniger Utopie als die Sehnsucht nach dem sorglosen Schwappen in der
Fruchtblase?