Freunde über lange Zeit

    Herr  K. ist ein langjähriger Freund von Perry R. «Wenn ich es
    nicht besser wüsste, würde ich meinen, es  herrsche  die  Lüge
    zwischen  uns,  jedoch  kennen wir uns seit Jahrhunderten. Das
    bitte ich, wörtlich zu nehmen.» Perry hat  oft  von  Herrn  K.
    gesprochen.  Und  Herr  K. hat oft von Perry gesprochen. Beide
    verbindet so etwas wie eine ¿ nein, Hassliebe ist das  falsche
    Wort. Der Hass ist zu heftig. Also es ist schwer zu sagen, was
    die  beiden  wie  verbindet. Aber eins ist gewiss: Herr K. ist
    seit Jahrhunderten enttäuscht. Man kann die Leistungen von  R.
    anerkennen,  sagt er sich, «aber was ich nicht begreifen will,
    ist die Außerkraftsetzung der repräsentativen Demokratie ¿ von
    Beginn an». Das Solare Imperium ist nicht groß anders als  das
    China des 21. Jahrhunderts, denkt Herr K. Denn faktisch sei P.
    ja wirklich ein Imperator alten Stils. Ein Imperator eines Im‐
    periums.  Früher  hat  man  Landstriche verlassen können. Dann
    Kontinente. Heute findet man keinen Ort im bekannten All,  der
    nicht  zum Imperium gehört. Flucht ist unmöglich. P. habe sich
    nicht unbedingt unentbehrlich gemacht. Er regiere  jedoch  mit
    harter  Hand. Im Alltag bemerke man das gar nicht, dennoch ist
    es so. «Ich bin enttäuscht. Aber vielleicht  ist  diese  Härte
    der   Preis  für  die  relative  Unsterblichkeit:  nicht  mehr
    aufhören zu können.» Herr K. denkt  sich  gewiss  eine  andere
    Zukunft.  Er denkt in Kategorien der Mitbestimmung und in Form
    kleinerer Einheiten. Er hat Angst: «Es wird die  Zeit  kommen,
                         da alles zerbricht.»

    Holger Karsch