9:1    Die fuenfte Posaune: 9,1-12

Der fuenfte Engel blies seine Posaune. Da sah ich einen Stern, der
vom Himmel auf die Erde gefallen war; ihm wurde der Schluessel zu dem
Schacht gegeben, der in den Abgrund fuehrt.
[12,4; Mt 24,29; Mk 13,25
1-21: Die Heimsuchungen der ersten vier Posaunenvisionen treffen
nicht unmittelbar die Menschen, sondern Bereiche der Natur. In der
fuenften und sechsten sind daemonische Maechte am Werk, die die
unglaeubigen Menschen quaelen (9,1-12) und ein Drittel von ihnen toeten
(9,13-21).
1f: Der "Abgrund" ist nicht der Aufenthaltsort der Toten (die
Scheol, der Hades), sondern das ebenfalls unter der Erde gedachte
Gefaengnis, in dem nach juedischer Vorstellung die gefallenen Engel
auf ihre endgueltige Bestrafung warten. Aus diesem Abgrund laesst ein
Engel ("ein Stern") ein daemonisches Heuschreckenheer (vgl. Ex
10,12-20; Joel 1,6f.15; 2,1-11) heraufsteigen.]

9:2    Und er oeffnete den Schacht des Abgrunds. Da stieg Rauch aus dem
Schacht auf, wie aus einem grossen Ofen, und Sonne und Luft wurden
verfinstert durch den Rauch aus dem Schacht.
[Ex 19,18; Gen 19,28; Joel 2,10]

9:3    Aus dem Rauch kamen Heuschrecken ueber die Erde, und ihnen wurde
Kraft gegeben, wie sie Skorpione auf der Erde haben.
[Ex 10,12]

9:4    Es wurde ihnen gesagt, sie sollten dem Gras auf der Erde, den gruenen
Pflanzen und den Baeumen keinen Schaden zufuegen, sondern nur den
Menschen, die das Siegel Gottes nicht auf der Stirn haben.
[Ex 10,15; Ez 9,4]

9:5    Es wurde ihnen befohlen, die Menschen nicht zu toeten, sondern nur zu
quaelen, fuenf Monate lang. Und der Schmerz, den sie zufuegen, ist so
stark, wie wenn ein Skorpion einen Menschen sticht.

9:6    In jenen Tagen werden die Menschen den Tod suchen, aber nicht
finden; sie werden sterben wollen, aber der Tod wird vor ihnen
fliehen.
[Ijob 3,21]

9:7    Und die Heuschrecken sehen aus wie Rosse, die zur Schlacht geruestet
sind; auf ihren Koepfen tragen sie etwas, das goldschimmernden
Kraenzen gleicht, und ihre Gesichter sind wie Gesichter von Menschen,
[Joel 2,4f]

9:8    ihr Haar ist wie Frauenhaar, ihr Gebiss wie ein Loewengebiss,
[Joel 1,6]

9:9    ihre Brust wie ein eiserner Panzer; und das Rauschen ihrer Fluegel
ist wie das Droehnen von Wagen, von vielen Pferden, die sich in die
Schlacht stuerzen.
[Joel 2,5]

9:10   Sie haben Schwaenze und Stacheln wie Skorpione, und in ihren
Schwaenzen ist die Kraft, mit der sie den Menschen schaden, fuenf
Monate lang.

9:11   Sie haben als Koenig ueber sich den Engel des Abgrunds; er heisst auf
hebraeisch Abaddon, auf griechisch Apollyon.
[Die Namen Abaddon und Apollyon bedeuten beide "Verderber"; Apollyon
ist vielleicht eine Anspielung auf den heidnischen Gott Apollon.]

9:12   Das erste "Wehe" ist vorueber. Noch zweimal wird das "Wehe" kommen.

9:13   Die sechste Posaune: 9,13-21

Der sechste Engel blies seine Posaune: Da hoerte ich eine Stimme, die
von den vier Hoernern des goldenen Altars her kam, der vor Gott
steht.

9:14   Die Stimme sagte zu dem sechsten Engel, der die Posaune haelt: Binde
die vier Engel los, die am grossen Strom, am Eufrat, gefesselt sind.
[Gen 15,18
14f: Die vier Strafengel stehen am Eufrat bereit, um ein gewaltiges
Heer daemonischer Krieger loszulassen (vgl. besonders Ez 38,14-16).
Der Eufrat ist fuer juedisches Denken die ideelle Ostgrenze des
verheissenen Landes. Der Einfall des feindlichen Heeres vom Osten her
ist vielleicht eine Anspielung auf den Ansturm der von den Roemern
gefuerchteten Partherheere.]

9:15   Da wurden die vier Engel losgebunden, die auf Jahr und Monat, auf
Tag und Stunde bereitstanden, um ein Drittel der Menschheit zu
toeten.

9:16   Und die Zahl der Reiter dieses Heeres war vieltausendmal tausend;
diese Zahl hoerte ich.
[Woertlich: 20000 Myriaden. 1 Myriade = 10000. Die Gesamtzahl von 200
Millionen ist als Symbol unermesslicher Groesse gemeint.]

9:17   Und so sahen die Pferde und die Reiter in der Vision aus: Sie trugen
feuerrote, rauchblaue und schwefelgelbe Panzer. Die Koepfe der Pferde
glichen Loewenkoepfen, und aus ihren Maeulern schlug Feuer, Rauch und
Schwefel.
[Dan 8,1f]

9:18   Ein Drittel der Menschen wurde durch diese drei Plagen getoetet,
durch Feuer, Rauch und Schwefel, die aus ihren Maeulern hervorkamen.

9:19   Denn die toedliche Macht der Pferde war in ihren Maeulern und in ihren
Schwaenzen. Ihre Schwaenze glichen Schlangen, die Koepfe haben, mit
denen sie Schaden zufuegen koennen.

9:20   Aber die uebrigen Menschen, die nicht durch diese Plagen umgekommen
waren, wandten sich nicht ab von den Machwerken ihrer Haende : Sie
hoerten nicht auf, sich niederzuwerfen vor ihren Daemonen, vor ihren
Goetzen aus Gold, Silber, Erz, Stein und Holz, den Goetzen, die weder
sehen, noch hoeren, noch gehen koennen.
[Jes 17,8; 2,8.20; Ps 106,37; Dan 5,4.23; Ps 115,4-7; 135,15-17]

9:21   Sie liessen nicht ab von Mord und Zauberei, von Unzucht und
Diebstahl.