2:1    Davids letzte Anordnungen und sein Tod: 2,1-12

Als die Zeit herankam, da David sterben sollte, ermahnte er seinen
Sohn Salomo:

2:2    Ich gehe nun den Weg alles Irdischen. Sei also stark und mannhaft!

2:3    Erfuell deine Pflicht gegen den Herrn, deinen Gott: Geh auf seinen
Wegen, und befolg alle Gebote, Befehle, Satzungen und Anordnungen,
die im Gesetz des Mose niedergeschrieben sind. Dann wirst du Erfolg
haben bei allem, was du tust, und in allem, was du unternimmst.

2:4    Und der Herr wird sein Wort wahr machen, das er mir gegeben hat, als
er sagte: Wenn deine Soehne auf ihren Weg achten und aufrichtig mit
ganzem Herzen und ganzer Seele vor mir leben, wird es dir nie an
Nachkommen auf dem Thron Israels fehlen.

2:5    Du weisst selbst, was Joab, der Sohn der Zeruja, mir angetan hat: was
er den beiden Heerfuehrern Israels, Abner, dem Sohn Ners, und Amasa,
dem Sohn Jeters, angetan hat. Er hat sie ermordet, hat mit Blut, das
im Krieg vergossen wurde, den Frieden belastet, und mit unschuldigem
Blut den Guertel an seinen Hueften und die Schuhe an seinen Fuessen
befleckt.
[2 Sam 3,27; 20,10
Damals war David nicht in der Lage, Joab zu bestrafen. Nach
israelitischer Vorstellung von Vergeltung entsprachen die Anweisungen
Davids an seinen Sohn der auf David lastenden Verpflichtung, den Tod
der beiden Maenner zu raechen.]

2:6    Lass dich von deiner Weisheit leiten und sorge dafuer, dass sein graues
Haupt nicht unbehelligt in die Unterwelt kommt.

2:7    Doch die Soehne Barsillais aus Gilead sollst du freundlich behandeln.
Sie sollen zu denen gehoeren, die von deinem Tisch essen; denn sie
sind mir ebenso entgegengekommen, als ich vor deinem Bruder
Abschalom fliehen musste.
[2 Sam 17,27-29]

2:8    Da ist auch Schimi, der Sohn Geras, vom Stamm Benjamin, aus Bahurim.
Er hat einen boesen Fluch gegen mich ausgesprochen, als ich nach
Mahanajim floh. Doch ist er mir an den Jordan entgegengekommen, und
ich habe ihm beim Herrn geschworen, dass ich ihn nicht mit dem
Schwert hinrichten werde.
[2 Sam 16,5; 19,19-24
8f: Die alte Zeit glaubte, dass ein einmal ausgesprochener Fluch
mit unwiderstehlicher Kraft fortwirkt. David musste daher fuerchten,
dass seinem Haus Unglueck drohte, solange Schimis Fluch nicht geraecht
war. Da er selbst durch den Eid gebunden war, sollte Salomo die
Drohung beseitigen.]

2:9    Jetzt aber lass ihn nicht ungestraft! Du bist ein kluger Mann und
weisst, was du mit ihm tun sollst. Schick sein graues Haupt blutig in
die Unterwelt!

2:10   David entschlief zu seinen Vaetern und wurde in der Davidstadt
begraben.

2:11   Die Zeit, in der David ueber Israel Koenig war, betrug vierzig Jahre.
In Hebron regierte er sieben und in Jerusalem dreiunddreissig Jahre.

2:12   Salomo sass nun auf dem Thron seines Vaters David, und seine
Herrschaft festigte sich mehr und mehr.

2:13   Das Ende der Gegner Salomos: 2,13-46

Adonija, der Sohn der Haggit, begab sich zu Batseba, der Mutter
Salomos. Sie fragte ihn: Kommst du in friedlicher Absicht? Er
antwortete: Ja.

2:14   Dann fuhr er fort: Ich moechte mit dir reden. Sie erwiderte: Rede
nur!

2:15   Da sagte er: Du weisst, dass mir das Koenigtum zustand und dass ganz
Israel mich als Koenig haben wollte. Doch ist mir die Koenigswuerde
entgangen; sie ist meinem Bruder zugefallen, weil sie ihm vom Herrn
bestimmt war.

2:16   Jetzt aber moechte ich eine einzige Bitte an dich richten. Weise mich
nicht ab! Sie antwortete: Sprich sie nur aus!

2:17   Da begann er: Rede doch mit Koenig Salomo; dich wird er nicht
abweisen. Bitte ihn, dass er mir Abischag aus Schunem zur Frau gibt.

2:18   Batseba erwiderte: Gut, ich werde in deiner Angelegenheit mit dem
Koenig reden.

2:19   Als nun Batseba zu Koenig Salomo kam, um mit ihm wegen Adonija zu
sprechen, erhob sich der Koenig, ging ihr entgegen und verneigte sich
vor ihr. Dann setzte er sich auf seinen Thron und liess auch fuer die
Koeniginmutter einen Thron hinstellen. Sie setzte sich an seine
rechte Seite
[19f: Die Mutter des Koenigs hatte als "Herrin" (15,13) eine
Ehrenstellung inne.]

2:20   und begann: Eine einzige kleine Bitte haette ich an dich. Weise mich
nicht ab! Der Koenig antwortete ihr: Sprich sie nur aus, Mutter! Ich
werde dich nicht abweisen.

2:21   Da bat sie: Man gebe doch Abischag aus Schunem deinem Bruder Adonija
zur Frau.

2:22   Der Koenig Salomo entgegnete seiner Mutter: Warum bittest du fuer
Adonija um Abischag aus Schunem? Fordere doch gleich das Koenigtum
fuer ihn! Er ist ja mein aelterer Bruder, und auf seiner Seite stehen
der Priester Abjatar und Joab, der Sohn der Zeruja.

2:23   Und Koenig Salomo schwor beim Herrn: Gott soll mir dies und das
antun, wenn dieses Ansinnen Adonija nicht das Leben kostet.

2:24   So wahr der Herr lebt, der mich eingesetzt und auf den Thron meines
Vaters David erhoben hat und der mir, wie er versprochen hat, ein
Haus gebaut hat: Noch heute muss Adonija sterben.

2:25   Darauf schickte Koenig Salomo Benaja, den Sohn Jojadas, hinauf, und
dieser versetzte Adonija den Todesstoss.

2:26   Zum Priester Abjatar sagte der Koenig: Geh auf dein Landgut nach
Anatot! Zwar hast du den Tod verdient; doch will ich dich heute
nicht toeten, weil du die Lade Gottes, des Herrn, vor meinem Vater
David getragen und alle Demuetigungen mit meinem Vater geteilt hast.
[1 Sam 22,20-23]

2:27   So setzte Salomo Abjatar als Priester des Herrn ab und erfuellte das
Wort, das der Herr ueber das Haus Eli in Schilo gesprochen hatte.
[1 Sam 2,30-36]

2:28   Die Kunde davon erreichte Joab. Er hatte zu Adonija gehalten, sich
aber nicht an Abschalom angeschlossen. Er floh in das Zelt des Herrn
und ergriff die Hoerner des Altars.

2:29   Man meldete dem Koenig Salomo: Joab ist in das Zelt des Herrn
geflohen und steht neben dem Altar. Salomo sandte Benaja, den Sohn
Jojadas, mit dem Auftrag: Geh hin, und stoss ihn nieder!

2:30   Benaja kam in das Zelt des Herrn und rief Joab zu: Der Koenig
befiehlt dir herauszukommen. Doch Joab antwortete: Nein, hier will
ich sterben. Benaja berichtete dem Koenig: Das hat Joab gesagt, so
hat er mir geantwortet.

2:31   Da gebot ihm der Koenig: Tu, was er gesagt hat! Stoss ihn nieder, und
begrab ihn! Nimm so von mir und vom Haus meines Vaters das Blut, das
Joab ohne Grund vergossen hat.

2:32   Der Herr lasse sein Blut auf sein Haupt kommen, weil er ohne Wissen
meines Vaters zwei Maenner, die gerechter und besser waren als er,
niedergestossen und mit dem Schwert getoetet hat: Abner, den Sohn
Ners, den Heerfuehrer Israels, und Amasa, den Sohn Jeters, den
Heerfuehrer Judas.

2:33   Ihr Blut komme fuer immer auf das Haupt Joabs und seiner Nachkommen.
David aber, seinen Nachkommen, seinem Haus und seinem Thron sei vom
Herrn immerfort Heil beschieden.

2:34   Nun ging Benaja, der Sohn Jojadas, hinauf, stiess Joab nieder und
toetete ihn. Er wurde auf seinem Besitz in der Steppe begraben.

2:35   Der Koenig setzte dann Benaja, den Sohn Jojadas, an seiner Stelle
ueber das Heer, und dem Priester Zadok verlieh er die Stelle
Abjatars.

2:36   Hierauf liess der Koenig Schimi rufen und befahl ihm: Bau dir ein Haus
in Jerusalem, bleib hier, und geh nicht weg, weder dahin noch
dorthin!

2:37   Du sollst wissen, dass du sterben musst, sobald du hinausgehst und das
Kidrontal ueberschreitest. Du wirst dann selbst schuld sein an deinem
Tod.

2:38   Schimi antwortete dem Koenig: Gut, dein Knecht wird tun, was mein
Herr, der Koenig, bestimmt hat. So blieb Schimi viele Tage in
Jerusalem.

2:39   Nach Verlauf von drei Jahren entflohen zwei Sklaven Schimis zu
Achisch, dem Sohn Maachas, dem Koenig von Gat. Man meldete Schimi:
Deine Sklaven sind in Gat.

2:40   Da machte er sich auf, sattelte seinen Esel und begab sich zu
Achisch nach Gat, um seine Sklaven zu suchen. Er ging hin und holte
sie aus Gat zurueck.

2:41   Es wurde aber Salomo hinterbracht, dass Schimi von Jerusalem nach Gat
gegangen und wieder zurueckgekehrt sei.

2:42   Er liess daher Schimi rufen und hielt ihm vor: Habe ich dich nicht
beim Herrn schwoeren lassen und dich gewarnt: Sobald du weggehst und
dich dahin oder dorthin begibst, so weisst du, dass du sterben musst?
Und du hast geantwortet: Gut, ich habe es gehoert.

2:43   Warum hast du den Eid beim Herrn und den Befehl, den ich dir gegeben
habe, nicht beachtet?

2:44   Und weiter sagte der Koenig zu Schimi: Du weisst, wieviel Boeses du
meinem Vater David angetan hast; jetzt laesst es der Herr auf dich
selbst zurueckfallen.

2:45   Der Koenig Salomo aber sei gesegnet, und der Thron Davids stehe fest
vor dem Herrn in Ewigkeit.

2:46   Hierauf erteilte der Koenig dem Benaja, dem Sohn Jojadas, Befehl, und
dieser ging hinaus und versetzte Schimi den Todesstoss. Die
Herrschaft war nun fest in der Hand Salomos.