Wer dieser Jesus ist, das war die Erkenntnis, aus der hernach Paulus seine
ganze Theologie entfaltete. Die paulinische Theologie ist nicht zu begruenden
und abzuleiten aus menschlicher Denkarbeit. Solche Denkarbeit hatte einen
Saulus nicht zum christlichen Theologen, sondern nur zum schriftgelehrten
Pharisaeer gemacht. Was Saulus nicht wusste und nicht lernen konnte, das
musste ihm offenbart werden: Jesus ist der Christus, der Sohn Gottes. Er ist
es in durchaus anderem Verstaendnis, als sich jeder Jude als 'Sohn Gottes'
bezeichnen konnte (Dtn 14,1). Er ist der unvergleichlich auf die Seite Gottes
gehoerende Sohn, gesandt, um die, die unter dem Gesetz verwahrt und
verschlossen waren (Gal 3,23), loszukaufen, dass sie die Kindschaft empfingen
(Gal 4,5). Er ist der Retter, in dessen Tod und Auferstehung nun die Gnade
als ganze Errettung zur Herrschaft kommt (Roem 5,20f).
Aus dieser ueberschwaenglichen Erkenntnis Jesu Christi, seines Herrn,
zerbricht dem Paulus sein bisheriges Verstaendnis des Gesetzes.
(Otto Rodenberg)