Maria steht schweigend draussen. Sie ist wohl Mutter dieses Sohnes, aber sie
kann seine Sendung nicht verstehen. Was Maria mit ihrem Kind erlebt hatte,
war fuer sie nicht eindeutig, zumal in einer Umgebung, die von falschen
Messias-Sehnsuechten erregt und umgetrieben war. Israel erwartete ja, dass
der Messias als irdischer Koenig das Reich Gottes in Jerusalem aufrichten und
von dort aus herrschen werde. Im Banne solcher Vorstellungen und Hoffnungen
wollte auch Petrus, da er von der Niedrigkeit des Messias in seinem Leiden
hoerte, Christus beiseite nehmen und es ihm ausreden (Mk 8,32). Ist es
undenkbar, dass auch Maria versucht worden waere? Ist doch der Herr selber
versucht worden wie wir (Hebr 4,15). Das waere kein Mangel und kein Makel
fuer Maria. Denn die Vollkommenheit wird nicht bestimmt nach dem Masse der
Einsicht, sondern nach dem Masse des Glaubens und der Liebe. Und hierfuer
gilt immer Marias Wort: "Siehe die Magd des Herrn. Mir geschehe nach deinem
Wort (Lk 1,38)" (Karl Hermann Schelkle).