Brief des M�nchs Bernhard von Clairvaux (1090 - 1153)  an seinen
Freund und Mitbruder, den sp�teren Papst Eugen III.:

(Der Mitbruder scheint ein sehr umtriebiger und vielbesch�ftiger Mensch
gewesen zu sein...)

''Wo soll ich anfangen? Am besten bei Deinen zahlreichen
Besch�ftigungen. Denn ihretwegen habe ich am meisten Mitleid mit Dir.
Ich f�rchte, dass Du eingekeilt in Deine zahlreichen Besch�ftigungen
keinen Ausweg mehr siehst, und deshalb Deine Stirn verh�rtest, dass Du
Dich nach und nach des Gesp�rs f�r einen durchaus richtigen und
heilsamen Schmerz entledigst. Es ist viel kl�ger, Du entziehst Dich von
Zeit zu Zeit Deinen Besch�ftigungen, als dass sie Dich ziehen und nach
und nach an einen Punkt f�hren, an dem Du nicht landen willst.

Du fragst an welchen Punkt? - An den Punkt, wo das Herz anf�ngt, hart zu
werden. - Frage nicht weiter, was damit gemeint ist. Wenn Du jetzt nicht
erschreckst, ist Dein Herz schon so weit.

Das harte Herz ist allein, es ist sich selbst zuwider, weil es sich
selbst nicht mehr sp�rt. Was fragst Du mich? Keiner mit hartem Herzen
hat je das Heil erlangt, es sei denn, Gott habe sich seiner erbarmt und
ihm, wie der Prophet sagt, sein Herz aus Stein weggenommen und ihm ein
Herz aus Fleisch gegeben.

Wenn Du Dein ganzes Leben und Erleben v�llig in das T�tigsein verlegst
und keinen Raum mehr f�r die Besinnung vorsiehst, - soll ich Dich da
loben?

Bestimmt ist es der T�tigkeit nicht f�rderlich, wenn ihr nicht die
Besinnung voraus geht. Wenn Du ganz und gar f�r andere dasein willst
nach dem Beispiel dessen, der allen alles geworden ist, lobe ich Deine
Menschlichkeit, aber nur, wenn sie voll und echt ist. Wie kannst Du aber
voll und echt sein, wenn Du Dich selbst verloren hast? Auch du bist ein
Mensch! Damit Deine Menschlichkeit allumfassend und vollkommen sein
kann, musst Du also nicht nur f�r alle anderen, sondern auch f�r Dich
selbst ein aufmerksames Herz haben. Denn, was w�rde es Dir sonst n�tzen,
wenn Du - nach dem Wort des Herrn, - alle gewinnen, aber als einzigen
Dich selbst verlieren w�rdest? - Wenn also alle Menschen ein Recht auf
Dich haben, dann sei auch Dir selbst Mensch, der ein Recht auf sich hat.
- Warum solltest einzig Du selbst nicht von Dir alles haben? - Wie lange
bist Du noch ein Geist, der auszieht und nie wieder heimkehrt? - Wie
lange noch schenkst Du allen anderen Deine Aufmerksamkeit, nur nicht Dir
selbst? Ja, wer mit sich selbst schlecht umgeht, wem kann der gut sein?

Denke also daran: G�nne Dich Dir selbst! Ich sage nicht: Tu das immer!
Ich sage nicht: Tu das oft! Aber ich sage: Tu es immer wieder einmal!
Sei wie f�r alle anderen auch f�r Dich selbst da, oder sei es jedenfalls
nach allen anderen!"