Abimelech, der Sohn Jerubbaals, ging nach Sichem zu den Bruedern
seiner Mutter und sagte zu ihnen und zur ganzen Sippe der Familie
seiner Mutter:
[8,31]
9:2 Redet doch allen Buergern von Sichem zu und sagt: Was ist besser fuer
euch: wenn siebzig Maenner ueber euch herrschen, alle Soehne
Jerubbaals, oder wenn nur ein Mann ueber euch herrscht? Denkt auch
daran, dass ich euer Fleisch und Bein bin.
[Gen 2,23]
9:3 Da redeten die Brueder seiner Mutter seinetwegen allen Buergern
Sichems zu, und zwar genau mit seinen Worten, so dass sich ihr Herz
Abimelech zuwandte. Denn sie sagten sich: Er ist unser Bruder.
9:4 Sie gaben ihm siebzig Silberstuecke aus dem Tempel des "Baal des
Bundes", und Abimelech warb damit Maenner an, die nichts zu verlieren
hatten und zu allem faehig waren; sie wurden sein Gefolge.
[8,33
Woertlich: die leer und zuchtlos waren (vgl. 11,3).]
9:5 Dann drang er in das Haus seines Vaters in Ofra ein und brachte
seine Brueder, die Soehne Jerubbaals, siebzig Mann, auf ein und
demselben Stein um. Nur Jotam, der juengste Sohn Jerubbaals, blieb
uebrig, weil er sich versteckt hatte.
[8,35]
9:6 Da versammelten sich alle Buerger von Sichem und Bet-Millo, zogen zu
der Eiche, die bei Sichem steht, und machten Abimelech zum Koenig.
[Gen 35,4; Jos 24,26]
9:7 Die Fabel vom Koenig der Baeume: 9,7-21
Als man das Jotam meldete, stellte er sich auf den Gipfel des Berges
Garizim und rief ihnen mit erhobener Stimme zu: Hoert auf mich, ihr
Buerger von Sichem, damit Gott auf euch hoert.
9:8 Einst machten sich die Baeume auf, um sich einen Koenig zu salben, und
sie sagten zum oelbaum: Sei du unser Koenig!
9:9 Der Oelbaum sagte zu ihnen: Soll ich mein Fett aufgeben, mit dem man
Goetter und Menschen ehrt, und hingehen, um ueber den anderen Baeumen
zu schwanken?
[mit dem: Text korr., vgl. G.]
9:10 Da sagten die Baeume zum Feigenbaum: Komm, sei du unser Koenig!
9:11 Der Feigenbaum sagte zu ihnen: Soll ich meine Suessigkeit aufgeben und
meine guten Fruechte und hingehen, um ueber den anderen Baeumen zu
schwanken?
9:12 Da sagten die Baeume zum Weinstock: Komm, sei du unser Koenig!
9:13 Der Weinstock sagte zu ihnen: Soll ich meinen Most aufgeben, der
Goetter und Menschen erfreut, und hingehen, um ueber den anderen
Baeumen zu schwanken?
9:14 Da sagten alle Baeume zum Dornenstrauch: Komm, sei du unser Koenig!
9:15 Der Dornenstrauch sagte zu den Baeumen: Wollt ihr mich wirklich zu
eurem Koenig salben? Kommt, findet Schutz in meinem Schatten! Wenn
aber nicht, dann soll vom Dornenstrauch Feuer ausgehen und die
Zedern des Libanon fressen.
9:16 Wenn ihr also treu und redlich gehandelt habt, als ihr Abimelech zum
Koenig machtet, und wenn ihr an Jerubbaal und seinem Haus gut
gehandelt habt, wenn ihr so an ihm gehandelt habt, wie das Wirken
meines Vaters es verdient,
9:17 der fuer euch gekaempft, sein Leben gewagt und euch aus der Gewalt
Midians befreit hat,
9:18 waehrend ihr euch heute gegen das Haus meines Vaters erhoben habt,
seine Soehne, siebzig Maenner, auf ein und demselben Stein umgebracht
und Abimelech, den Sohn seiner Sklavin, zum Koenig ueber die Buerger
von Sichem gemacht habt, weil er euer Bruder ist, -
9:19 wenn ihr also heute treu und redlich an Jerubbaal und seinem Haus
gehandelt habt, dann sollt ihr eure Freude haben an Abimelech, und
er soll seine Freude an euch haben.
9:20 Wenn aber nicht, dann soll Feuer von Abimelech ausgehen und die
Buerger Sichems und Bet-Millos fressen. Und von den Buergern Sichems
und von Bet-Millo soll Feuer ausgehen und Abimelech fressen.
9:21 Dann machte sich Jotam davon, floh vor seinem Bruder Abimelech nach
Beer und liess sich dort nieder.
9:22 Der Kampf um Sichem: 9,22-49
Als Abimelech drei Jahre lang ueber Israel geherrscht hatte,
9:23 sandte Gott einen boesen Geist zwischen Abimelech und die Buerger von
Sichem, so dass die Buerger von Sichem von Abimelech abfielen.
9:24 Das Verbrechen an den siebzig Soehnen Jerubbaals sollte sich raechen;
ueber ihren Bruder Abimelech, der sie umgebracht hatte, sollte die
Strafe fuer das Blutvergiessen kommen und ebenso ueber die Buerger von
Sichem, die ihm tatkraeftig bei der Ermordung seiner Brueder geholfen
hatten.
[die ihm geholfen hatten, woertlich: die seine Haende stark gemacht
hatten.]
9:25 Die Buerger von Sichem legten ihm auf den Hoehen der Berge einen
Hinterhalt. Sie raubten dort jeden aus, der auf seinem Weg bei ihnen
vorbeikam. Das wurde Abimelech gemeldet.
9:26 Gaal, der Sohn Ebeds, kam mit seinen Bruedern und Knechten nach
Sichem, und die Buerger von Sichem fassten Vertrauen zu ihm.
[und Knechten: Text korr.]
9:27 Sie gingen aufs Feld hinaus, hielten in ihren Weinbergen die
Weinlese, kelterten und feierten ein Freudenfest; sie zogen zum Haus
ihres Gottes, assen und tranken und verfluchten Abimelech.
9:28 Gaal, der Sohn Ebeds, sagte: Wer ist schon Abimelech? Und was ist
Sichem, dass wir Abimelech dienen sollten? Ist er nicht der Sohn
Jerubbaals, und ist nicht Sebul sein Vogt? Dient lieber den Maennern
Hamors, des Vaters von Sichem! Warum sollten wir ihm dienen?
9:29 Waere doch dieses Volk in meiner Gewalt; ich wollte Abimelech
vertreiben. Ich wuerde zu Abimelech sagen: Du hast ein grosses Heer,
also zieh in den Kampf!
[ich wuerde . . . sagen: Text korr. nach G. - Du hast ein grosses
Heer: Text korr.; H: Mach gross (?) dein Heer!]
9:30 Als Sebul, der Vogt der Stadt, von den Reden Gaals, des Sohnes
Ebeds, hoerte, entbrannte sein Zorn.
9:31 Er schickte Boten zu Abimelech nach Aruma und liess ihm sagen: Gaal,
der Sohn Ebeds, und seine Brueder sind nach Sichem gekommen und
hetzen nun die Stadt gegen dich auf.
[Aruma: Text korr. nach V. 41.]
9:32 Brich also noch in der Nacht mit den Leuten auf, die du bei dir
hast, und leg dich auf dem freien Feld in einen Hinterhalt!
9:33 Am Morgen aber brich bei Sonnenaufgang auf, und rueck gegen die Stadt
vor! Sobald dann Gaal mit seinen Leuten gegen dich ausrueckt, mach
mit ihm, wie es sich fuer dich ergibt.
9:34 Abimelech brach noch in der Nacht mit allen Leuten, die er bei sich
hatte, auf, und sie legten sich in vier Abteilungen bei Sichem in
einen Hinterhalt.
9:35 Als Gaal, der Sohn Ebeds, herauskam und vor das Stadttor trat, brach
Abimelech mit seinen Leuten aus dem Hinterhalt hervor.
9:36 Als Gaal die Maenner sah, sagte er zu Sebul: Sieh, da steigen Leute
von den Hoehen der Berge herunter. Sebul entgegnete ihm: Du siehst
den Schatten der Berge fuer Menschen an.
9:37 Doch Gaal redete weiter und sagte: Sieh doch, da kommen Leute vom
Nabel des Landes herab, und eine Abteilung kommt aus der Richtung
der Orakel-Eiche.
[Nabel des Landes: gemeint ist wohl der Garizim als Mittelpunkt.]
9:38 Da sagte Sebul zu ihm: Wo bleibt nun dein grosses Maul, mit dem du
gesagt hast: Wer ist schon Abimelech, dass wir ihm dienen sollten?
Sind das nicht die Leute, die du verachtet hast? Rueck jetzt nur aus,
und kaempfe mit ihnen!
9:39 Da rueckte Gaal an der Spitze der Buerger von Sichem aus und kaempfte
gegen Abimelech.
9:40 Aber er musste vor ihm fliehen, und Abimelech verfolgte ihn, und
viele wurden erschlagen, sie fielen, noch bevor sie das Tor erreicht
hatten.
9:41 Abimelech aber kehrte nach Aruma zurueck, und Sebul vertrieb Gaal und
seine Brueder; sie konnten nicht mehr in Sichem bleiben.
[kehrte zurueck: Text korr., vgl. G; H: wohnte.]
9:42 Am anderen Morgen gingen die Leute (von Sichem) aufs Feld hinaus.
Das meldete man Abimelech.
9:43 Er nahm seine Leute, teilte sie in drei Abteilungen und legte auf
dem Feld einen Hinterhalt. Als er sah, wie die Leute aus der Stadt
herauskamen, ueberfiel er sie und erschlug sie.
9:44 Abimelech stuermte mit der Abteilung, die bei ihm war, vor und bezog
am Eingang des Stadttors Stellung, waehrend die beiden anderen
Abteilungen auf die, die auf dem Feld waren, eindrangen und sie
erschlugen.
[44f: mit der Abteilung: Text korr., vgl. G. Das Ausstreuen von
Salz ueber der zerstoerten Stadt ist eine Symbolhandlung, die eine
dauernde Verwuestung andeutet (vgl. Dtn 29,22; Ps 107,34).]
9:45 Abimelech kaempfte den ganzen Tag gegen die Stadt. Er eroberte sie
und toetete ihre Einwohner. Dann zerstoerte er die Stadt und streute
Salz ueber sie.
9:46 Als die Besatzung der Burg von Sichem davon hoerte, zog sie sich in
das Gewoelbe des Tempels des "Bundesgottes" zurueck.
[46.49: Gewoelbe: Uebersetzung unsicher.]
9:47 Abimelech wurde gemeldet, dass sich die ganze Besatzung der Burg von
Sichem dort versammelt hatte.
9:48 Daraufhin stieg Abimelech mit all seinen Leuten den Berg Zalmon
hinauf. Abimelech nahm seine Axt in die Hand, hieb einen Busch ab,
hob ihn auf, legte ihn auf seine Schulter und sagte zu seinen
Leuten: Macht mir nach, was ihr gesehen habt, aber schnell!
[seine Axt: Text korr., vgl. G.]
9:49 Da hieben auch alle seine Leute einen Busch ab und zogen hinter
Abimelech her. Sie legten die Zweige auf das Gewoelbe und zuendeten
sie an und steckten das Gewoelbe ueber der Besatzung in Brand. So kam
auch die ganze Besatzung der Burg von Sichem um, etwa tausend Maenner
und Frauen.
9:50 Der Tod Abimelechs: 9,50-57
Dann zog Abimelech nach Tebez, belagerte die Stadt und nahm sie ein.
Tebez liegt noerdlich von Sichem.
9:51 Mitten in der Stadt aber war eine starke Burg. Dorthin flohen alle
Maenner und Frauen, alle Buerger der Stadt. Sie schlossen hinter sich
zu und stiegen auf das Dach der Burg.
9:52 Abimelech rueckte an die Burg heran und eroeffnete den Kampf gegen
sie. Als er sich dem Burgtor naeherte, um es in Brand zu stecken,
9:53 warf eine Frau Abimelech einen Muehlstein auf den Kopf und
zerschmetterte ihm den Schaedel.
[2 Sam 11,21]
9:54 Da rief er seinen Waffentraeger und sagte zu ihm: Schnell, zieh dein
Schwert, und toete mich! Man soll nicht von mir sagen: Eine Frau hat
ihn umgebracht. Der junge Mann durchbohrte ihn, und er starb.
9:55 Als die Israeliten sahen, dass Abimelech tot war, ging jeder zurueck
in seinen Heimatort.
9:56 So liess Gott das Verbrechen, das Abimelech an seinem Vater begangen
hatte, als er seine siebzig Brueder umbrachte, auf ihn selbst
zurueckfallen.
9:57 Auch auf die Einwohner von Sichem liess Gott alles Boese, das sie
getan hatten, zurueckfallen. So kam ueber sie der Fluch Jotams, des
Sohnes Jerubbaals.