15:1    Von Reinheit und Unreinheit: 15,1-20

Da kamen von Jerusalem Pharisaeer und Schriftgelehrte zu Jesus und
sagten:
[(1-20) Mk 7,1-23
1f: Ueber die Reinheitsvorschriften der Pharisaeer und Schriftgelehrten
vgl. Mk 7,1-4 und die dortige Anmerkung.]

15:2    Warum missachten deine Juenger die Ueberlieferung der Alten? Denn sie
waschen sich nicht die Haende vor dem Essen.
[Lk 11,38; Kol 2,21f]

15:3    Er entgegnete ihnen: Warum missachtet denn ihr Gottes Gebot um eurer
Ueberlieferung willen?

15:4    Gott hat gesagt: Ehre Vater und Mutter!, und: Wer Vater oder Mutter
verflucht, soll mit dem Tod bestraft werden.
[Ex 20,12; 21,17; Dtn 5,16; Lev 20,9]

15:5    Ihr aber lehrt: Wer zu Vater oder Mutter sagt: Was ich dir schulde,
erklaere ich zur Opfergabe!,
[5f: Ueber das Korban-Geluebde vgl. die Anmerkung zu Mk 7, 9-13.]

15:6    der braucht seinen Vater oder seine Mutter nicht mehr zu ehren.
Damit habt ihr Gottes Wort um eurer Ueberlieferung willen ausser Kraft
gesetzt.
[Gottes Wort, nach anderen Textzeugen: Gottes Gesetz.]

15:7    Ihr Heuchler! Der Prophet Jesaja hatte recht, als er ueber euch
sagte:

15:8    Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg
von mir.
[Jes 29,13 G]

15:9    Es ist sinnlos, wie sie mich verehren; was sie lehren, sind
Satzungen von Menschen.

15:10   Und er rief die Leute zu sich und sagte: Hoert und begreift:

15:11   Nicht das, was durch den Mund in den Menschen hineinkommt, macht ihn
unrein, sondern was aus dem Mund des Menschen herauskommt, das macht
ihn unrein.
[In diesem wichtigen Satz wird der Wert jeder religioesen
Verhaltensweise und Handlung von der Gesinnung des Handelnden
abhaengig gemacht, nicht vom aeusseren Vollzug. Es gibt also keine Suende
ohne boese Gesinnung.]

15:12   Da kamen die Juenger zu ihm und sagten: Weisst du, dass die Pharisaeer
ueber deine Worte empoert sind?

15:13   Er antwortete ihnen: Jede Pflanze, die nicht mein himmlischer Vater
gepflanzt hat, wird ausgerissen werden.

15:14   Lasst sie, es sind blinde Blindenfuehrer. Und wenn ein Blinder einen
Blinden fuehrt, werden beide in eine Grube fallen.
[23,16.24; Lk 6,39]

15:15   Da sagte Petrus zu ihm: Erklaere uns jenes raetselhafte Wort!

15:16   Er antwortete: Seid auch ihr noch immer ohne Einsicht?

15:17   Begreift ihr nicht, dass alles, was durch den Mund (in den Menschen)
hineinkommt, in den Magen gelangt und dann wieder ausgeschieden
wird?

15:18   Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen, und das
macht den Menschen unrein.

15:19   Denn aus dem Herzen kommen boese Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht,
Diebstahl, falsche Zeugenaussagen und Verleumdungen.
[Roem 1,29-31; 1 Kor 5,10f; Gal 5,19-21; Eph 5,3-5; Kol 3,5;
1 Tim 1,9f; 2 Tim 3,2-4; 1 Petr 4,3
Vgl. die Anmerkung zu Mk 7,21.]

15:20   Das ist es, was den Menschen unrein macht; aber mit ungewaschenen
Haenden essen macht ihn nicht unrein.

15:21   Die Erhoerung der Bitte einer heidnischen Frau: 15,21-28

Von dort zog sich Jesus in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurueck.
[(21-28) Mk 7,24-30]

15:22   Da kam eine kanaanaeische Frau aus jener Gegend zu ihm und rief: Hab
Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem
Daemon gequaelt.
[9,27]

15:23   Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Juenger zu ihm und
baten: Befrei sie (von ihrer Sorge), denn sie schreit hinter uns
her.
[Befrei sie (von ihrer Sorge), andere Uebersetzungsmoeglichkeit: Schick
sie weg.]

15:24   Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses
Israel gesandt.
[10,6]

15:25   Doch die Frau kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir!

15:26   Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen
und den Hunden vorzuwerfen.

15:27   Da entgegnete sie: Ja, du hast recht, Herr! Aber selbst die Hunde
bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen.

15:28   Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist gross. Was du
willst, soll geschehen. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter
geheilt.

15:29   Die Heilung vieler Kranker: 15,29-31

Jesus zog weiter und kam an den See von Galilaea. Er stieg auf einen
Berg und setzte sich.
[(29-31) Mk 7,31-37]

15:30   Da kamen viele Menschen und brachten Lahme, Krueppel, Blinde, Stumme
und viele andere Kranke zu ihm; sie legten sie vor ihn hin, und er
heilte sie.

15:31   Als die Menschen sahen, dass Stumme ploetzlich redeten, Krueppel gesund
wurden, Lahme gehen und Blinde sehen konnten, waren sie erstaunt und
priesen den Gott Israels.

15:32   Die Speisung der Viertausend: 15,32-39

Jesus rief seine Juenger zu sich und sagte: Ich habe Mitleid mit
diesen Menschen; sie sind schon drei Tage bei mir und haben nichts
mehr zu essen. Ich will sie nicht hungrig wegschicken, sonst brechen
sie unterwegs zusammen.
[(32-39) 14,13-21; Mk 6,32-44; Lk 9,10-17; Joh 6,1-13; Mk 8,1-10]

15:33   Da sagten die Juenger zu ihm: Wo sollen wir in dieser unbewohnten
Gegend so viel Brot hernehmen, um so viele Menschen satt zu machen?

15:34   Jesus sagte zu ihnen: Wie viele Brote habt ihr? Sie antworteten:
Sieben, und noch ein paar Fische.

15:35   Da forderte er die Leute auf, sich auf den Boden zu setzen.

15:36   Und er nahm die sieben Brote und die Fische, sprach das Dankgebet,
brach die Brote und gab sie den Juengern, und die Juenger verteilten
sie an die Leute.

15:37   Und alle assen und wurden satt. Dann sammelte man die
uebriggebliebenen Brotstuecke ein, sieben Koerbe voll.

15:38   Es waren viertausend Maenner, die an dem Mahl teilgenommen hatten,
dazu noch Frauen und Kinder.

15:39   Danach schickte er die Menge nach Hause, stieg ins Boot und fuhr in
die Gegend von Magadan.
[Die genaue Lage dieses Ortes ist nicht bekannt. Ein Teil spaeterer
Textzeugen nennt hier Magdala, das westlich von Kafarnaum in einer
Bucht des Sees von Gennesaret lag.]