Das Buch traegt in der griechischen und lateinischen Bibel den
Namen Levitikus, weil es fast ganz aus Vorschriften fuer den Kult und
fuer die Priester aus dem Stamm Levi besteht. Die Juden nennen es nach
den Anfangsworten Wajjikr� (Und er rief). Das ganze Buch gehoert der
priesterlichen Ueberlieferungsschicht (P) an. Es enthaelt nur zwei
kurze erzaehlende Abschnitte: ueber den Tod der Aaron-Soehne Nadab und
Abihu (10,1-5) und ueber die Steinigung eines Gotteslaesterers (24,10-
15). Die Vorschriften dieses Buches werden so in die
Geschichtsdarstellung des Pentateuch eingefuegt, dass sie als
Anordnungen Gottes waehrend des Sinai-Aufenthalts erscheinen.
E-2 Die Gliederung des Stoffes ist nicht leicht ueberschaubar. Lev 8 -
10 greift auf Ex 40 (Einsetzung der Priester aus dem Stamm Levi)
zurueck. In Kap. 1 - 7 stehen Anweisungen fuer verschiedene Opfer; in
Kap. 11 - 15 folgen Vorschriften ueber die kultische Reinheit; Kap. 16
ist das Ritual fuer den Versoehnungstag. In Kap. 17 - 26 folgt das
sogenannte Heiligkeitsgesetz, eine Gesetzessammlung, die in ihrem
Grundbestand alte Vorschriften ethischer und kultischer Art enthaelt
und wie altorientalische Gesetzbuecher mit Segenszusagen und
Fluchandrohungen schliesst. Ein Nachtrag (Kap. 27) regelt die Abloesung
von Geluebden und Zehnten durch Geld.
E-3 Dieser ganze Stoff wurde erst nach dem Babylonischen Exil in
seine jetzige Gestalt gebracht; das Buch enthaelt aber vieles, was
bereits lange in der Praxis der Priester und in der zur Unterweisung
der Priester dienenden Tradition vorlag. Das alles wird unter die
Autoritaet des Mose und des Bundesgesetzes vom Sinai gestellt und
daher Mose in den Mund gelegt.
E-4 Die fuer uns teilweise befremdlichen Riten und Vorschriften, die
die sogenannte kultische Reinheit regeln und die "Heiligkeit" Israels
garantieren sollen, erklaeren sich daraus, dass die altorientalischen
Voelker keine scharfe Trennung zwischen Alltagsleben und Religion
kannten. Dem heiligen, von aller Befleckung freien Gott duerfen nur
Menschen dienen, die sich von ethischen Vergehen freihalten, aber
auch die Regeln des Anstands und der Hygiene beachten. Sie muessen
sich ausserdem von allem fernhalten, was an heidnische Braeuche
erinnert; dazu gehoeren der Genuss von bei heidnischen Opfern
geschlachteten Tieren und die meisten Trauerriten. Darum machen
bestimmte Tiere und Speisen und alles, was mit dem Bereich des Todes
zu tun hat, z. B. Leichen und Aas, "unrein". Wer sich gegen solche
Reinheitsbestimmungen vergangen hat, und sei es nur unbeabsichtigt,
muss sich bestimmten Reinigungsriten unterziehen und Schuld- oder
Suendopfer darbringen, wenn er wieder am Gottesdienst teilnehmen will.
E-5 Wenn auch diese Vorschriften durch das Neue Testament ueberholt
sind, behaelt das Buch Levitikus seine Bedeutung fuer die Kenntnis des
Judentums und fuer das Verstaendnis des Neuen Testaments. Durch die
strenge Befolgung der levitischen Gesetze hat das Judentum bis heute
seine Identitaet bewahrt und ist nicht im Voelkergemisch des
Mittelmeerraums aufgegangen.