1:1    Rueckblick und Mahnung: 1,1 - 4,43
Ort und Zeit: 1,1-5

[Das sind die Worte, die Mose vor ganz Israel gesprochen hat. Er
sprach sie jenseits des Jordan, in der Wueste, in der Araba, oestlich
von Suf, zwischen Paran und Tofel, Laban, Hazerot und Di-Sahab.
1-5: Vorbemerkung zur Rede des Mose 1,6 - 4,40. Die Orts- und
Zeitangaben gelten auch fuer die weiteren Mosereden, vor allem auch
fuer die in 1,5 ausdruecklich genannte "Weisung" 5,1 - 28,68. Die Orts-
und Entfernungsangaben sind spaetere ergaenzende Zusaetze, wie sie sich
noch mehrfach in Kap. 1 - 4 finden.]

1:2    Elf Tage sind es vom Horeb auf dem Weg zum Gebirge Seir bis nach
Kadesch-Barnea.

1:3    Es war im vierzigsten Jahr, im elften Monat, am ersten Tag des
Monats. Mose sagte den Israeliten genau das, was ihm der Herr fuer
sie aufgetragen hatte.

1:4    Nachdem er Sihon, den Koenig der Amoriter, der in Heschbon seinen
Sitz hatte, und Og, den Koenig des Baschan, der in Aschtarot seinen
Sitz hatte, bei Edrei geschlagen hatte,
[2,24 - 3,11]

1:5    begann Mose jenseits des Jordan im Land Moab, diese Weisung
aufzuschreiben. Er sagte:

1:6    Der Aufbruch vom Horeb: 1,6-18

Der Herr, unser Gott, hat am Horeb zu uns gesagt: Ihr habt euch
lange genug an diesem Berg aufgehalten.
[(6-8) Ex 33,1
Horeb ist in Dtn der Name des Sinai.]

1:7    Nun wendet euch dem Bergland der Amoriter zu, brecht auf, und zieht
hinauf! Zieht aus gegen alle seine Bewohner in der Araba, auf dem
Gebirge, in der Schefela, im Negeb und an der Meereskueste! Zieht in
das Land der Kanaaniter und in das Gebiet des Libanon, bis an den
grossen Strom, den Eufrat!
[19,8
"Bergland der Amoriter" ist in Dtn der Name fuer das verheissene
Land westlich des Jordan. Es wird hier naeher umschrieben und in einer
Texterweiterung bis zum Eufrat hin ausgedehnt, aehnlich wie in Dtn
11,24 und Jos 1,4. Das entspricht dem Umfang des davidischen Reichs.]

1:8    Hiermit liefere ich euch das Land aus. Zieht hinein, und nehmt es in
Besitz, das Land, von dem ihr wisst: Der Herr hat euren Vaetern
Abraham, Isaak und Jakob geschworen, es ihnen und spaeter ihren
Nachkommen zu geben.
[von dem ihr wisst: Die Wendung ist hier und an anderen Stellen
eingefuegt, weil man die komplizierte hebraeische Satzkonstruktion im
Deutschen so am besten wiedergeben kann.]

1:9    Damals habe ich zu euch gesagt: Ich kann euch nicht allein tragen.
[(9-18) Ex 18,13-27; Num 11,11-17
9-18: Wahrscheinlich ein Zusatz.]

1:10   Der Herr, euer Gott, hat euch zahlreich gemacht. Ja, ihr seid heute
schon so zahlreich wie die Sterne am Himmel.
[Hebr 11,12]

1:11   Und der Herr, der Gott eurer Vaeter, lasse eure Zahl auf das
Tausendfache wachsen und segne euch, wie er es euch versprochen hat.

1:12   Wie soll ich allein euch tragen: eure Buerde, eure Last, eure
Rechtshaendel?

1:13   Schlagt fuer jeden eurer Staemme weise, gebildete und bewaehrte Maenner
vor, damit ich sie als eure Fuehrer einsetze.
[1,15; 5,23; 29,9; 33,5]

1:14   Ihr habt mir geantwortet: Das ist ein guter Vorschlag. Fuehr ihn aus!

1:15   Also habe ich die Fuehrer eurer Staemme, weise und bewaehrte Maenner,
genommen und sie zu euren Fuehrern ernannt: als Anfuehrer fuer je
tausend, Anfuehrer fuer je hundert, Anfuehrer fuer je fuenfzig, Anfuehrer
fuer je zehn, und als Listenfuehrer, fuer jeden eurer Staemme.
[1,13; 16,18]

1:16   Damals habe ich eure Richter verpflichtet: Lasst jeden Streit
zwischen euren Bruedern vor euch kommen. Entscheidet gerecht, sei es
der Streit eines Mannes mit einem Bruder oder mit einem Fremden.
[(16-17) 16,18-20; 17,8-13; 2 Chr 19,5-11; Joh 7,51
Im Dtn werden alle Angehoerigen des eigenen Volkes als "Brueder"
betrachtet. "Fremder" meint hier und haeufig in Dtn den Gastbuerger mit
eingeschraenkten Rechten.]

1:17   Kennt vor Gericht kein Ansehen der Person! Klein wie Gross hoert an!
Fuerchtet euch nicht vor angesehenen Leuten; denn das Gericht hat mit
Gott zu tun. Und ist euch eine Sache zu schwierig, legt sie mir vor;
dann werde ich sie anhoeren.
[Jak 2,9
Andere Uebersetzungsmoeglichkeit: denn das Gericht kommt von Gott.]

1:18   Damals habe ich euch alle Vorschriften gegeben, nach denen ihr
handeln sollt.
[Ex 24,3-8]

1:19   Israels Unglaube in Kadesch-Barnea: 1,19-46

Dann brachen wir auf, verliessen den Horeb und wanderten durch diese
ganze grosse und furchterregende Wueste - ihr habt sie erlebt - auf
dem Weg zum Amoriterbergland, wie es uns der Herr, unser Gott,
befohlen hatte. Wir kamen bis Kadesch-Barnea.
[29,1; (19-46) 9,23; 13-14
19-45: Der wegen des Unglaubens Israels misslungene Versuch, das
verheissene Land von Sueden aus zu erobern, ist nach Num 10,11 ins
zweite Jahr des Wuestenzugs zu setzen.]

1:20   Dort sagte ich zu euch: Nun seid ihr am Bergland der Amoriter
angekommen, das der Herr, unser Gott, uns gibt.

1:21   Sieh, der Herr, dein Gott, hat dir das Land ausgeliefert. Zieh
hinauf, und nimm es in Besitz, wie der Herr, der Gott deiner Vaeter,
es dir befohlen hat. Fuerchte dich nicht, und hab keine Angst!

1:22   Da seid ihr zu mir gekommen, ihr alle, und habt gesagt: Wir wollen
einige Maenner vorausschicken. Sie sollen uns das Land
auskundschaften und uns Bericht erstatten ueber den Weg, den wir
hinaufziehen, und ueber die Staedte, auf die wir treffen werden.

1:23   Der Vorschlag erschien mir gut. Ich waehlte unter euch zwoelf Maenner
aus, fuer jeden Stamm einen.

1:24   Sie wendeten sich dem Bergland zu, zogen hinauf, gelangten bis zum
Traubental und erkundeten es.
[Das Traubental liegt bei Hebron.]

1:25   Sie pflueckten einige von den Fruechten des Landes, brachten sie zu
uns herab und erstatteten uns Bericht. Sie sagten: Das Land, das der
Herr, unser Gott, uns gibt, ist praechtig.

1:26   Doch ihr habt euch geweigert hinaufzuziehen. Ihr habt euch dem
Befehl des Herrn, eures Gottes, widersetzt

1:27   und habt in euren Zelten gemurrt. Ihr habt gesagt: Weil er uns hasst,
hat der Herr uns aus Aegypten gefuehrt. Er will uns in die Gewalt der
Amoriter geben, um uns zu vernichten.

1:28   Wohin geraten wir, wenn wir hinaufziehen? Unsere Brueder haben uns
den Mut genommen, als sie berichteten: Ein Volk, groesser und
zahlreicher als wir, Staedte, gross, mit himmelhohen Mauern. Sogar
Anakiter haben wir dort gesehen.
[9,1f
Andere Lesart: groesser und hoeher gewachsen als wir. Die Anakiter
sind eine auch aus aegyptischen Texten bekannte Gruppe aus der
Urbevoelkerung des Landes. Sie lebten im Gebiet von Hebron.]

1:29   Da habe ich zu euch gesagt: Ihr duerft nicht vor ihnen zurueckweichen
und duerft euch nicht vor ihnen fuerchten.
[(29-31) 20,2-4]

1:30   Der Herr, euer Gott, der euch vorangeht, wird fuer euch kaempfen,
genau so, wie er vor euren Augen in Aegypten auf eurer Seite gekaempft
hat.

1:31   Das gleiche tat er in der Wueste, du hast es selbst erlebt. Da hat
der Herr, dein Gott, dich auf dem ganzen Weg, den ihr gewandert
seid, getragen, wie ein Vater seinen Sohn traegt, bis ihr an diesen
Ort kamt.
[29,1; Apg 13,18]

1:32   Trotzdem habt ihr nicht an den Herrn, euren Gott, geglaubt,

1:33   der euch auf dem Weg vorangegangen war, um euch die Stelle fuer das
Lager zu suchen. Bei Nacht ging er im Feuer voran, um euch den Weg
zu zeigen, auf dem ihr gehen solltet, bei Tag in der Wolke.
[Ex 13,21f]

1:34   Der Herr hoerte euer lautes Murren, wurde unwillig und schwor:

1:35   Kein einziger von diesen Maennern, von dieser verdorbenen Generation,
soll das praechtige Land sehen, von dem ihr wisst: Ich habe
geschworen, es euren Vaetern zu geben.

1:36   Nur Kaleb, der Sohn Jefunnes, wird es sehen. Ihm und seinen Soehnen
werde ich das Land geben, das er betreten hat. Denn er ist dem Herrn
ganz und gar nachgefolgt.
[Jos 14,6-15]

1:37   Auch mir grollte der Herr euretwegen und sagte: Auch du sollst nicht
in das Land hineinkommen.
[3,23-27; 4,21f; 31,2
Mose wird der Zugang zum verheissenen Land wegen seiner
Verantwortung fuer das Volk verweigert (vgl. 3,26). Anders in Num
20,12 (P); vgl. Dtn 32,51.]

1:38   Josua, der Sohn Nuns, dein Gehilfe, wird hineinkommen. Verleih ihm
Macht: Er soll das Land an Israel als Erbbesitz verteilen.
[3,28; 31,6-8,23; Jos 1,2-9; 13,1-7
Macht verleihen: Ritus der Amtseinsetzung.]

1:39   Und eure Kleinen, von denen ihr sagt: Zur Beute werden sie!, und
eure Kinder, die heute noch nichts von Gut und Boese wissen, sie
werden in das Land hineinkommen. Ihnen gebe ich es, und sie nehmen
es dann auch in Besitz.

1:40   Ihr aber, wendet euch zur Wueste, brecht auf, und nehmt den Weg zum
Schilfmeer!

1:41   Ihr habt mir darauf erwidert: Wir haben vor dem Herrn gesuendigt.
Doch jetzt wollen wir hinaufziehen und kaempfen, genau so, wie es uns
der Herr, unser Gott, befohlen hat. Und jeder legte die Waffen an
und guertete sich, um ins Bergland zu ziehen.
[Andere uebersetzungsmoeglichkeit: Jeder legte die Waffen an und zog
leichten Sinnes ins Bergland hinauf.]

1:42   Doch der Herr sprach zu mir: Sag ihnen: Ihr sollt nicht hinaufziehen
und nicht kaempfen; denn ich bin nicht in eurer Mitte. Ich will
nicht, dass eure Feinde euch niederstossen.

1:43   Ich habe euch zugeredet, doch ihr habt nicht gehoert. Ihr habt euch
dem Befehl des Herrn widersetzt. In eurer Vermessenheit seid ihr ins
Bergland gezogen.

1:44   Da rueckten die Amoriter, die dort im Bergland wohnen, gegen euch
aus. Sie verfolgten euch wie ein Bienenschwarm und versprengten euch
in Se�r bis nach Horma hin.

1:45   Als ihr zurueckkamt, weintet ihr vor dem Herrn. Doch er hat auf eure
Klagen nicht gehoert und hatte kein Ohr mehr fuer euch.

1:46   Dann hieltet ihr euch lange in Kadesch auf - die ganze Zeit, die ihr
dort geblieben seid.
[Num 20,1
Die umstaendliche und zugleich unbestimmte Zeitangabe ueberspielt
die Theorie des Buchs Num, nach der die Israeliten 38 Jahre in
Kadesch waren. Nach Dtn 2,1.14 sind die Israeliten bald wieder
aufgebrochen und 38 Jahre lang in der Wueste umhergezogen.]