Dan 13, 1-62

  ^1In Babylon wohnte ein Mann mit Namen Jojakim.

  ^2Er hatte Susanna, die Tochter Hilkijas, zur Frau;
  sie war sehr schoen und gottesfuerchtig.

  ^3Auch ihre Eltern waren gerecht
  und hatten ihre Tochter nach dem Gesetz des Mose erzogen.

  ^4Jojakim war sehr reich; er besass einen Garten nahe bei seinem Haus.
  Die Juden pflegten bei ihm zusammenzukommen,
  weil er der Angesehenste von allen war.

  ^5Als Richter amtierten in jenem Jahr zwei Aelteste aus dem Volk,
  von denen galt, was der Herr gesagt hat:
  Ungerechtigkeit ging von Babylon aus,
  von den Aeltesten, von den Richtern, die als Leiter des Volkes galten.

  ^6Sie hielten sich regelmaessig im Haus Jojakims auf,
  und alle, die eine Rechtssache hatten, kamen zu ihnen.

  ^7Hatten sich nun die Leute um die Mittagszeit wieder entfernt,
  dann kam Susanna und ging im Garten ihres Mannes spazieren.

  ^8Die beiden Aeltesten sahen sie taeglich kommen und umhergehen;
  da regte sich in ihnen die Begierde nach ihr.

  ^9Ihre Gedanken gerieten auf Abwege, und ihre Augen gingen in die Irre;
  sie sahen weder zum Himmel auf,
  noch dachten sie an die gerechten Strafen Gottes.

  ^10Beide hatten wegen Susanna Liebeskummer;
  doch keiner sagte dem anderen etwas von seinem Schmerz.

  ^11Denn sie schaemten sich darueber,
  dass sie so begierig waren, mit ihr zusammenzusein.

  ^12Ungeduldig warteten sie jeden Tag darauf, sie zu sehen.

  ^13Eines Tages sagte der eine zum anderen:
  Gehen wir nach Hause, es ist Zeit zum essen.
  Sie trennten sich also und gingen weg,

  ^14dann aber kehrte jeder um, und sie trafen wieder zusammen.
  Sie fragten einander nach der Ursache und gestanden sich ihre Leidenschaft.
  Daraufhin verabredeten sie eine Zeit,
  zu der es ihnen moeglich sein sollte, Susanna allein zu treffen.

  ^15Waehrend sie auf einen guenstigen Tag warteten,
  kam Susanna eines Tages wie gewoehnlich in den Garten,
  nur von zwei Maedchen begleitet, und wollte baden; denn es war heiss.

  ^16Niemand war dort ausser den beiden Aeltesten,
  die sich versteckt hatten und ihr auflauerten.

  ^17Sie sagte zu den Maedchen: Holt mir Oel und Salben
  und verriegelt das Gartentor, damit ich baden kann.

  ^18Die Maedchen taten, wie ihnen befohlen war.
  Sie verriegelten das Tor und verliessen den Garten durch die Seitenpforte,
  um zu holen, was ihnen aufgetragen war.
  Von den Aeltesten bemerkten sie nichts, denn diese hatten sich versteckt.

  ^19Als die Maedchen weg waren, standen die beiden Aeltesten auf,
  liefen zu Susanna hin

  ^20und sagten: Das Gartentor ist verschlossen, und niemand sieht uns;
  wir brennen vor Verlangen nach dir: Sei uns zu Willen, und gib dich uns hin!

  ^21Weigerst du dich, dann bezeugen wir gegen dich,
  dass ein junger Mann bei dir war
  und dass du deshalb die Maedchen weggeschickt hast.

  ^22Da seufzte Susanna und sagte: Ich bin bedraengt von allen Seiten:
  Wenn ich es tue, so droht mir der Tod;
  tue ich es aber nicht, so werde ich euch nicht entrinnen.

  ^23Es ist besser fuer mich, es nicht zu tun und euch in die Haende zu fallen,
  als gegen den Herrn zu suendigen.

  ^24Dann schrie Susanna, so laut sie konnte.
  Aber zugleich mit ihr schrien auch die beiden Aeltesten,

  ^25und einer von ihnen lief zum Gartentor und oeffnete es.

  ^26Als die Leute im Haus das Geschrei im Garten hoerten,
  eilten sie durch die Seitentuer herbei, um zu sehen, was ihr zugestossen sei.

  ^27Als die Aeltesten ihre Erklaerung gaben, schaemten sich die Diener sehr;
  denn noch nie war so etwas ueber Susanna gesagt worden.

  ^28Als am naechsten Morgen das Volk bei Jojakim, ihrem Mann, zusammenkam,
  erschienen auch die beiden Aeltesten.
  Sie kamen mit der verbrecherischen Absicht,
  gegen Susanna die Todesstrafe zu erwirken. Sie sagten vor dem Volk:

  ^29Schickt nach Susanna, der Tochter Hilkijas, der Frau Jojakims!
  Man schickte nach ihr.

  ^30Sie kam, begleitet von ihren Eltern, ihren Kindern und allen Verwandten.

  ^31Susanna war anmutig und sehr schön.

  ^32Sie war aber verschleiert. Um sich an ihrer Schoenheit zu weiden,
  befahlen die Gewissenlosen, sie zu entschleiern.

  ^33Da weinten ihre Angehoerigen,
  und alle, die sie sahen, begannen ebenfalls zu weinen.

  ^34Vor dem ganzen Volk standen nun die beiden Aeltesten auf
  und legten die Haende auf den Kopf Susannas.

  ^35Sie aber blickte weinend zum Himmel auf;
  denn ihr Herz vertraute dem Herrn.

  ^36Die Aeltesten sagten: Waehrend wir allein im Garten spazieren gingen,
  kam diese Frau mit zwei Maegden herein.
  Sie liess das Gartentor verriegeln und schickte die Maegde fort.

  ^37Dann kam ein junger Mann zu ihr, der sich versteckt hatte,
  und legte sich zu ihr.

  ^38Wir waren gerade in einer abgelegenen Ecke des Gartens;
  als wir aber die Suende sahen, eilten wir zu ihnen hin

  ^39und sahen, wie sie zusammen waren. Den Mann konnten wir nicht festhalten;
  denn er war staerker als wir; er oeffnete das Tor und entkam.

  ^40Aber diese da hielten wir fest und fragten sie, wer der junge Mann war.

  ^41Sie wollte es uns aber nicht verraten. Das alles koennen wir bezeugen.
  Die versammelte Gemeinde glaubte ihnen,
  weil sie Aelteste des Volkes und Richter waren,
  und verurteilte Susanna zum Tod.

  ^42Da rief sie laut: Ewiger Gott, du kennst auch das Verborgene;
  du weisst alles, noch bevor es geschieht.

  ^43Du weisst auch, dass sie eine falsche Aussage gegen mich gemacht haben.
  Darum muss ich jetzt sterben, obwohl ich nichts von dem getan habe,
  was diese Menschen mir vorwerfen.

  ^44Der Herr erhoerte ihr Rufen.

  ^45Als man sie zur Hinrichtung fuehrte,
  erweckte Gott den heiligen Geist in einem jungen Mann namens Daniel.

  ^46Dieser rief laut: Ich bin unschuldig am Tod dieser Frau.

  ^47Da wandten sich alle Leute nach ihm um und fragten ihn:
  Was soll das heissen, was du da gesagt hast?

  ^48Er trat mitten unter sie und sagte:
  Seid ihr so toericht, ihr Soehne Israels?
  Ohne Verhoer und ohne Pruefung der Beweise
  habt ihr eine Tochter Israels verurteilt.

  ^49Kehrt zurueck zum Ort des Gerichts!
  Denn diese Aeltesten haben eine falsche Aussage gegen Susanna gemacht.

  ^50Eilig kehrten alle Leute wieder um, und die Aeltesten sagten zu Daniel:
  Setz dich hier mitten unter uns, und sag uns, was du zu sagen hast.
  Denn dir hat Gott den Vorsitz verliehen.

  ^51Daniel sagte zu ihnen: Trennt diese beiden Maenner,
  bringt sie weit auseinander! Ich will sie verhoeren.

  ^52Als man sie voneinander getrennt hatte,
  rief er den einen von ihnen her und sagte zu ihm:
  In Schlechtigkeit bist du alt geworden;
  doch jetzt kommt die Strafe fuer die Suenden, die du bisher begangen hast.

  ^53Ungerechte Urteile hast du gefaellt, Schuldlose verurteilt,
  aber Schuldige freigesprochen; und doch hat der Herr gesagt:
  Einen Schuldlosen und Gerechten sollst du nicht toeten.

  ^54Wenn du also diese Frau wirklich gesehen hast, dann sag uns:
  Was fuer ein Baum war das, unter dem du die beiden zusammen gesehen hast?
  Er antwortete: Unter einer Zeder.

  ^55Da sagte Daniel: Mit deiner Luege hast du dein eigenes Haupt getroffen.
  Der Engel Gottes wird dich zerspalten;
  schon hat er von Gott den Befehl dazu erhalten.

  ^56Dann liess er ihn wegbringen und befahl, den andern vorzufuehren.
  Zu ihm sagte er: Du Sohn Kanaans, nicht Judas,
  dich hat die Schoenheit verfuehrt, die Leidenschaft hat dein Herz verdorben.

  ^57So konntet ihr an den Toechtern Israels handeln,
  sie fuerchteten sich und waren euch zu Willen.
  Aber die Tochter Judas hat eure Gemeinheit nicht geduldet.

  ^58Nun sag mir: Was fuer ein Baum war das,
  unter dem du die beiden ertappt hast? Er antwortete: Unter einer Eiche.

  ^59Da sagte Daniel zu ihm:
  Mit deiner Luege hast auch du dein eigenes Haupt getroffen.
  Der Engel Gottes wartet schon mit dem Schwert in der Hand,
  um dich mitten entzweizuhauen. So wird er euch beide vernichten.

  ^60Da schrie die ganze Gemeinde laut auf
  und pries Gott, der alle rettet, die auf ihn hoffen.

  ^61Dann erhoben sie sich gegen die beiden Aeltesten,
  die Daniel durch ihre eigenen Worte als falsche Zeugen entlarvt hatte.
  Das Boese, das sie ihrem Naechsten hatten antun wollen, tat man

  ^62nach dem Gesetz des Mose ihnen an: Man toetete sie.
  So wurde an jenem Tag unschuldiges Blut gerettet.