Damals versammelte Salomo die Aeltesten Israels, alle Stammesfuehrer
und die Haeupter der israelitischen Grossfamilien bei sich in
Jerusalem, um die Bundeslade des Herrn aus der Stadt Davids, das ist
Zion, heraufzuholen.
[(1-13) 2 Chr 5,2-11; 6,1f]
8:2 Am Fest im Monat Etanim, das ist der siebte Monat, kamen alle Maenner
Israels bei Koenig Salomo zusammen.
[Der Monat Etanim (Monat "der staendig fliessenden Baeche") entspricht
ungefaehr unserem September/Oktober. Das Fest ist das Laubhuettenfest.]
8:3 In Gegenwart aller Aeltesten Israels nahmen die Priester die Lade
8:4 und brachten sie zugleich mit dem Offenbarungszelt und den heiligen
Geraeten, die im Zelt waren, hinauf. Die Priester und die Leviten
uebernahmen den Traegerdienst.
[Durch die Unterbringung des Offenbarungszeltes von Gibeon im
Tempel und seine Vereinigung mit der Bundeslade uebernahm der Tempel
die Aufgabe des Wanderheiligtums der Wuestenzeit.]
8:5 Koenig Salomo aber und die ganze Gemeinde Israels, die bei ihm vor
der Lade versammelt war, schlachteten Schafe und Rinder, die man
wegen ihrer Menge nicht zaehlen und nicht berechnen konnte.
8:6 Darauf stellten die Priester die Bundeslade des Herrn an ihren
Platz, in die Gotteswohnung des Hauses, in das Allerheiligste, unter
die Fluegel der Kerubim.
8:7 Denn die Kerubim breiteten ihre Fluegel ueber den Ort, wo die Lade
stand, und bedeckten sie und ihre Stangen von oben her.
8:8 Die Stangen waren so lang, dass man ihre Spitzen im Heiligtum vor der
Gotteswohnung sehen konnte; draussen aber waren sie nicht zu sehen.
Sie blieben dort bis zum heutigen Tag.
8:9 In der Lade befanden sich nur die zwei steinernen Tafeln, die Mose
am Horeb hineingelegt hatte, die Tafeln des Bundes, den der Herr mit
den Israeliten beim Auszug aus Aegypten geschlossen hatte.
8:10 Als dann die Priester aus dem Heiligtum traten, erfuellte die Wolke
das Haus des Herrn.
8:11 Sie konnten wegen der Wolke ihren Dienst nicht verrichten; denn die
Herrlichkeit des Herrn erfuellte das Haus des Herrn.
8:12 Damals sagte Salomo: Der Herr hat die Sonne an den Himmel gesetzt;
er selbst wollte im Dunkel wohnen.
[Der erste Satz ist nur in G ueberliefert.]
8:13 Ich habe ein fuerstliches Haus fuer dich gebaut, eine Wohnstaette fuer
ewige Zeiten.
8:14 Die Ansprache des Koenigs: 8,14-21
Dann wandte sich der Koenig um und segnete die ganze Versammlung
Israels. Alle standen,
[(14-21) 2 Chr 6,3-11]
8:15 und er betete: Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels. Seine Hand
hat ausgefuehrt, was sein Mund meinem Vater David verheissen hat, als
er sprach:
8:16 Seit dem Tag, da ich mein Volk Israel aus Aegypten fuehrte, habe ich
aus keinem der Staemme Israels eine Stadt fuer den Bau eines Hauses
erwaehlt, um meinen Namen dort wohnen zu lassen. David aber habe ich
zum Herrscher ueber mein Volk Israel erwaehlt.
8:17 Mein Vater David wollte dem Namen des Herrn, des Gottes Israels, ein
Haus bauen.
[(17-19) 2 Sam 7,1-13]
8:18 Doch der Herr sprach zu ihm: Wenn du dir vorgenommen hast, meinem
Namen ein Haus zu bauen, hast du einen guten Entschluss gefasst.
8:19 Doch sollst nicht du das Haus bauen; sondern erst dein leiblicher
Sohn soll meinem Namen das Haus bauen.
8:20 Der Herr hat jetzt sein Versprechen, das er gegeben hat, wahr
gemacht: Ich bin an die Stelle meines Vaters David getreten und habe
den Thron Israels bestiegen, wie es der Herr zugesagt hatte. Ich
habe dem Namen des Herrn, des Gottes Israels, das Haus gebaut
8:21 und darin einen Raum fuer die Lade geschaffen. Sie enthaelt die Tafeln
des Bundes, den der Herr mit unseren Vaetern geschlossen hat, als er
sie aus Aegypten fuehrte.
8:22 Das Weihegebet: 8,22-53
Dann trat Salomo in Gegenwart der ganzen Versammlung Israels vor den
Altar des Herrn, breitete seine Haende zum Himmel aus
[(22-52) 2 Chr 6,12-40]
8:23 und betete: Herr, Gott Israels, im Himmel oben und auf der Erde
unten gibt es keinen Gott, der so wie du Bund und Huld seinen
Knechten bewahrt, die mit ungeteiltem Herzen vor ihm leben.
8:24 Du hast das Versprechen gehalten, das du deinem Knecht, meinem Vater
David, gegeben hast. Deine Hand hat heute erfuellt, was dein Mund
versprochen hat.
8:25 Und nun, Herr, Gott Israels, halte auch das andere Versprechen, das
du deinem Knecht David, meinem Vater, gegeben hast, als du sagtest:
Es soll dir nie an einem Nachkommen fehlen, der vor mir auf dem
Thron Israels sitzt, wenn nur deine Soehne darauf achten, ihren Weg
so vor mir zu gehen, wie du es getan hast.
8:26 Gott Israels, moege sich jetzt dein Wort, das du deinem Knecht David,
meinem Vater, gegeben hast, als wahr erweisen.
8:27 Wohnt denn Gott wirklich auf der Erde? Siehe, selbst der Himmel und
die Himmel der Himmel fassen dich nicht, wieviel weniger dieses
Haus, das ich gebaut habe.
8:28 Wende dich, Herr, mein Gott, dem Beten und Flehen deines Knechtes
zu! Hoere auf das Rufen und auf das Gebet, das dein Knecht heute vor
dir verrichtet.
8:29 Halte deine Augen offen ueber diesem Haus bei Nacht und bei Tag, ueber
der Staette, von der du gesagt hast, dass dein Name hier wohnen soll.
Hoere auf das Gebet, das dein Knecht an dieser Staette verrichtet.
8:30 Achte auf das Flehen deines Knechtes und deines Volkes Israel, wenn
sie an dieser Staette beten. Hoere sie im Himmel, dem Ort, wo du
wohnst. Hoere sie, und verzeih!
8:31 Wenn sich jemand gegen seinen Naechsten verfehlt und dieser ihm einen
Eid abverlangt, den er schwoeren muss, und er dann kommt und vor
deinem Altar in diesem Haus schwoert,
[31-51: Der Hauptteil des Gebets fleht nicht um Hilfe in
augenblicklicher Not, sondern zaehlt Faelle auf, die in Zukunft Anlass
zu einem Gebet im Tempel geben koennen. Es lassen sich sieben Bitten
feststellen. Die Siebenzahl als heilige Zahl mag beabsichtigt sein.]
8:32 so hoere du es im Himmel, und greif ein! Verschaff deinen Knechten
Recht; verurteile den Schuldigen, und lass sein Tun auf ihn selbst
zurueckfallen! Den Schuldlosen aber sprich frei, und vergilt ihm, wie
es seiner Gerechtigkeit entspricht.
8:33 Wenn dein Volk Israel von einem Feind geschlagen wird, weil es gegen
dich gesuendigt hat, und dann wieder zu dir umkehrt, deinen Namen
preist und in diesem Haus zu dir betet und fleht,
8:34 so hoere du es im Himmel! Vergib deinem Volk Israel seine Suende; lass
sie in das Land zurueckkommen, das du ihren Vaetern gegeben hast.
8:35 Wenn der Himmel verschlossen ist und kein Regen faellt, weil sie
gegen dich gesuendigt haben, und wenn sie dann an diesem Ort beten,
deinen Namen preisen und von ihrer Suende lassen, weil du sie
demuetigst,
[sie demuetigst: Text korr. nach G; H: sie erhoerst.]
8:36 so hoere du sie im Himmel! Vergib deinen Knechten und deinem Volk
Israel ihre Suenden; denn du fuehrst sie den guten Weg, den sie gehen
sollen. Spende Regen deinem Land, das du deinem Volk zum Erbbesitz
gegeben hast.
8:37 Wenn im Land Hungersnot herrscht, wenn Pest ausbricht, wenn
Getreidebrand, Rost, Heuschrecken und Ungeziefer auftreten, wenn
Feinde sie im eigenen Land bedraengen, wenn irgendeine Plage oder
Krankheit sie trifft,
8:38 (so hoere du) jedes Gebet und Flehen eines jeden einzelnen und deines
ganzen Volkes Israel; denn sie alle kennen die Not ihres Herzens und
erheben ihre Haende zu diesem Haus.
8:39 Hoere sie dann im Himmel, dem Ort, wo du wohnst, und verzeih! Greif
ein, und vergilt jedem, wie es sein Tun verdient. Du kennst ja ihre
Herzen; denn du allein kennst die Herzen aller Menschen.
8:40 So werden sie dich fuerchten, solange sie in dem Land leben, das du
unseren Vaetern gegeben hast.
8:41 Auch Fremde, die nicht zu deinem Volk Israel gehoeren, werden wegen
deines Namens aus fernen Laendern kommen;
8:42 denn sie werden von deinem grossen Namen, deiner starken Hand und
deinem hoch erhobenen Arm hoeren. Sie werden kommen und in diesem
Haus beten.
8:43 Hoere sie dann im Himmel, dem Ort, wo du wohnst, und tu alles,
weswegen der Fremde zu dir ruft. Dann werden alle Voelker der Erde
deinen Namen erkennen. Sie werden dich fuerchten, wie dein Volk
Israel dich fuerchtet, und erfahren, dass dein Name ausgerufen ist
ueber diesem Haus, das ich gebaut habe.
8:44 Wenn dein Volk auf dem Weg, den du es fuehrst, gegen seine Feinde in
den Krieg zieht und wenn es dann zu dir betet, zur Stadt
hingewendet, die du erwaehlt hast, und zu dem Haus hin, das ich
deinem Namen gebaut habe,
8:45 so hoere du im Himmel sein Beten und Flehen, und verschaff ihm Recht.
8:46 Wenn sie gegen dich suendigen - es gibt ja niemand, der nicht
suendigt - und du ihnen zuernst, sie ihren Bedraengern preisgibst und
ihre Feinde sie gefangen fortfuehren in ein fernes oder nahes Land,
8:47 so werden sie im Land ihrer Gefangenschaft in sich gehen. Sie werden
im Land ihrer Gefangenschaft umkehren, zu dir flehen und rufen: Wir
haben gesuendigt, Unrecht getan und gefrevelt.
8:48 Mit ganzem Herzen und ganzer Seele werden sie im Land ihrer Feinde,
von denen sie als Gefangene weggefuehrt wurden, zu dir umkehren und
zu dir beten, zum Land hingewendet, das du ihren Vaetern gegeben
hast, zur Stadt hin, die du erwaehlt hast, und zum Haus hin, das ich
deinem Namen gebaut habe.
8:49 Hoere dann im Himmel, dem Ort, wo du wohnst, ihr Beten und Flehen!
Verschaff ihnen Recht,
8:50 und verzeih deinem Volk, was es gegen dich gesuendigt hat; verzeih
ihm alle Frevel, die es gegen dich begangen hat. Lass sie bei ihren
Unterdrueckern Mitleid und Erbarmen finden!
8:51 Sie sind ja dein Volk und dein Eigentum, das du aus dem Schmelzofen,
aus Aegypten, herausgefuehrt hast.
8:52 Halte deine Augen offen fuer das Flehen deines Knechtes und fuer das
Flehen deines Volkes Israel! Erhoere sie, sooft sie zu dir rufen.
8:53 Du hast dir Israel unter allen Voelkern der Erde als Eigentum
ausgewaehlt, wie du es durch deinen Knecht Mose verkuendet hast, als
du unsere Vaeter aus Aegypten gefuehrt hast, Herr und Gott.
8:54 Salomos Segen: 8,54-61
Als Salomo dieses flehentliche Gebet zum Herrn beendet hatte, erhob
er sich auf dem Platz vor dem Altar des Herrn, wo er niedergekniet
war und die Haende zum Himmel ausgebreitet hatte.
8:55 Er trat vor die ganze Versammlung Israels, segnete sie und rief mit
lauter Stimme:
8:56 Gepriesen sei der Herr, der seinem Volk Israel Ruhe geschenkt hat,
wie er es versprochen hat. Von all den herrlichen Verheissungen, die
er durch seinen Knecht Mose verkuendet hat, ist nicht eine hinfaellig
geworden.
8:57 Der Herr, unser Gott, sei mit uns, wie er mit unseren Vaetern war. Er
verlasse uns nicht und verstosse uns nicht.
8:58 Er lenke unsere Herzen zu sich hin, damit wir auf seinen Wegen gehen
und die Gebote, Befehle und Anordnungen befolgen, die er unseren
Vaetern gegeben hat.
8:59 Moegen diese Worte, die ich flehend vor dem Herrn, unserem Gott,
gesprochen habe, ihm Tag und Nacht gegenwaertig bleiben. Moege er
seinem Knecht und seinem Volk Israel Recht verschaffen, wie es jeder
Tag verlangt,
8:60 damit alle Voelker der Erde erkennen, dass niemand Gott ist als der
Herr allein.
8:61 Euer Herz aber bleibe ungeteilt beim Herrn, unserem Gott, so dass ihr
seinen Gesetzen folgt und auf seine Gebote achtet, wie es heute
geschieht.
8:62 Der Abschluss der Feier: 8,62-66
Dann brachten der Koenig und mit ihm ganz Israel vor dem Herrn Opfer
dar.
[(62-66) 2 Chr 7,4-10]
8:63 Zweiundzwanzigtausend Rinder und hundertzwanzigtausend Schafe liess
Salomo als Heilsopfer fuer den Herrn schlachten. So vollzogen der
Koenig und alle Israeliten die Weihe des Hauses des Herrn.
[Zum Heilsopfer vgl. die Anmerkung zu Lev 3,1-17. - Den hohen
Zahlen der Opfertiere mag eine uns unbekannte Symbolik zugrunde
liegen.]
8:64 An jenem Tag weihte der Koenig auch die Mitte des Hofes, der vor dem
Haus des Herrn war, als er dort das Brandopfer, das Speiseopfer und
die Fettstuecke der Heilsopfer darbrachte. Der bronzene Altar, der
vor dem (Tempel des) Herrn stand, war naemlich zu klein, um das
Brandopfer, das Speiseopfer und die Fettstuecke der Heilsopfer fassen
zu koennen.
8:65 Salomo feierte damals mit ganz Israel, das von Lebo-Hamat bis zum
Grenzbach Aegyptens zu einer grossen Versammlung vor dem Herrn,
unserem Gott, erschienen war, das (Laubhuetten-)Fest sieben Tage lang
[und nochmals sieben Tage, zusammen vierzehn Tage].
[Spaeterer Zusatz, eingefuegt in der Annahme, dass die Tempelweihe und
das Laubhuettenfest nicht gleichzeitig, sondern nacheinander in je
siebentaegiger Feier begangen wurden. - Lebo-Hamat: Name einer
Landschaft oder eines Ortes zwischen Libanon und Antilibanon oder
weiter im Norden, am Orontes.]
8:66 Am achten Tag entliess er das Volk. Sie priesen den Koenig und gingen
zu ihren Zelten, frohen Mutes und voll Freude ueber all das Gute, das
der Herr an seinem Knecht David und seinem Volk Israel getan hatte.