IPRED DAS IST ACTA²
(Veröffentlicht am 2012-02-15 12:08:01 von oliver)
Gerade beschäftigen wir uns noch mit ACTA und gehen zusammen mit 100.000
anderen Bürgern in Deutschland auf die Straße, da entsteht unter unseren
Augen eine noch größere Bedrohung für die Informationsfreiheit:
*IPRED (Intellectual Property Rights Enforcement Directive), die Richtlinie
zur Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern*
Image: EU Komission [
https://www.piratenpartei-braunschweig.de/wp-content/uploads/2012/02/3049440319_c1d2e7a1a9-150x99.jpg
] [
https://www.piratenpartei-braunschweig.de/wp-content/uploads/2012/02/3049440319_c1d2e7a1a9.jpg
]Die EU-Kommission hat bereits einen Zeitplan [
http://ec.europa.eu/governance/impact/planned_ia/docs/2011_markt_006_review_enforcement_directive_ipr_en.pdf
] zur Novellierung von IPRED veröffentlicht. Aber was genau verbirgt sich
dahinter? IPRED stellt eine Erweiterung zu ACTA dar, die den verwendeten
Begriff "geistiges Eigentum" enger fassen und die Kontrolle der Inhalte im
Internet festlegen soll. Mit IPRED soll ein schärferes Vorgehen gegen
Webseiten mit urheberrechtlich geschützten Inhalten ermöglicht werden.
Wie das konkret geschehen soll wird noch nicht beschrieben, stattdessen
wird auf eine Initiative für ein Notifizierungs- und Handlungssystem gegen
illegalen Online-Content [
http://ec.europa.eu/governance/impact/planned_ia/docs/2012_markt_007_notice_and_takedown_procedures_en.pdf
] verwiesen.
Dabei beinhaltet der Entwurf einige durchaus sinnvolle Ansätze. So sollen
beispielsweise endlich EU-weit klare Regelungen zur Herausgabe von Daten
durch Provider geschaffen werden. In Deutschland sind diese bereits
zivilrechtlich festgeschrieben. Außerdem sollen die Rechteinhaber für
eine Genehmigung zur Datenabfrage das "gewerbliche Ausmaß" von
Rechtsverletzungen nachweisen müssen, um sicherzustellen, dass statt gegen
"individuelle Verbraucher" nur gegen "professionelle Fälscher" vorgegangen
wird. Leider wurde auch hierbei versäumt, die Grenze zwischen einem
gewerblichen Ausmaß und einer privaten Nutzung zu definieren.
Wenn es nach Brüssel geht, sollen kleine und mittlere Unternehmen, die
Opfer von (Raub)kopien ihres geistigen Eigentums werden, zivilrechtliche
Abhilfsmaßnahmen im Schnellverfahren zur Seite gestellt werden. Dazu
sollen auch einstweilige Verfügungen, Schadensersatzzahlungen oder andere
Ausgleichsmittel gehören, wie sie in der Form und Umsetzung bereits in den
ACTA Papieren zu finden sind.
Die Kommision erwägt zudem noch weitere Möglichkeiten um Raubkopien im
Internet gänzlich zu unterbinden und zu diesem Zweck die "Kooperation
zwischen Zugangsanbietern (Internet Providern) und Rechteinhabern" zu
verbessern. Dabei wird, wieder einmal, die "abgestufte Erwiederung", wie
sie auch vom Bundeswirtschaftsministerium postuliert wird, in den Raum
gestellt. Mit anderen Worten: Die europaweite Einführung von "*Three
strikes*" wird gefordert. Das bedeutet, dass nach zwei Vergehen, die leicht
bestraft werden (in der Regel mit Verwarnungen), beim dritten Mal eine
drastische Strafe folgt. In diesem Fall handelt es sich um den Entzug des
Grundrechts auf Internetzugang für eine bestimmte Zeit. Denn wie die für
Medienfragen zuständigen Minister der Mitgliedstaaten des Europarates in
der Abschlusserklärung ihres Treffens vom 28. bis 29. Mai 2009 in
Reykjavik feststellen: "Der Zugang zu [Internetdiensten] betrifft ebenso
die Menschenrechte und Grundfreiheiten wie die Ausübung demokratischer
Bürgerrechte".
Das Fatale ist, dass dieser Entzug des Internetzugangs durch die oben
erwähnte "Kooperation zwischen Zugangsanbietern und Rechteinhabern"
erfolgen soll, also auf Zuruf durch die Rechteinhaber und ohne einen
Gerichtsbeschluß. Das bedeutet im schlimmsten Fall eine Umkehr der
Beweislast, möchte ein Betroffener seinen Internetzugang zurück haben,
muss er dagegen klagen und seine Unschuld beweisen. Hier gilt nun nicht
mehr das Prinzip der Unschuldsvermutung. Stattdessen wird erneut versucht,
jeden einzelnen Bürger unter einen Generalverdacht zu stellen und zu
kriminalisieren.
Im deutschen Rechtssystem ist die Unschuldsvermutung nicht explizit
niedergelegt. Sie ist jedoch nach einhelliger Auffassung eine *zwingende
Folge des Rechtsstaatsprinzips *des Artikel 20 Grundgesetz [
http://dejure.org/gesetze/GG/20.html ]. In Artikel 6 Absatz 2 der
Europäischen Menschenrechtskonvention [
http://dejure.org/gesetze/MRK/6.html ]heißt es: "_Jede Person, die einer
Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als
unschuldig_". Eine ähnliche Formulierung ist in Artikel 11 Absatz 1 der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 [
https://de.wikisource.org/wiki/Allgemeine_Erkl%C3%A4rung_der_Menschenrechte
] zu finden).
Die Kommision will jetzt eine Folgenabschätzung durchführen um die
Verhältnismäßigkeit der Ansätze zu prüfen. Im September soll dann ein
offizieller Vorschlag der Richtlinie folgen.
*Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um sich nicht nur gegen ACTA zu
stellen, sondern um dem Europäschen Parlament und der Bundesregierung zu
zeigen, dass kein Regelungswerk, das die Informations- und Meinungsfreiheit
in Gefahr bringt, von den Bürgern akzeptiert werden wird.*
*Update*
Im Netz ein kurzes Video gefunden:
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=MqVdiURVbrQ#!
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