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Hannah-Arendt-Preis: Böll-Stiftung zieht sich aus Preisvergabe an Masha Gessen zurück [1]

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Date: 2023-12-13

Die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung zieht sich "im Einvernehmen mit dem Bremer Senat" aus der Verleihung des Hannah-Arendt-Preises für politisches Denken an die US-Publizistin Masha Gessen zurück. Dies teilte die Stiftung mit, die diesen Preis zusammen mit dem Senat der Freien Hansestadt Bremen verleiht.



Die Preisverleihung sollte ursprünglich am kommenden Freitag in Bremen stattfinden. Nach Informationen von ZEIT ONLINE soll der Preis nun in einem anderen Rahmen am Samstag überreicht werden.

An diesem Mittwoch hatte die Bremer Niederlassung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Äußerungen von Gessen zur Lage im Gazastreifen heftig kritisiert und gefordert, die geplante Preisverleihung auszusetzen. Eine Ehrung Gessens "würde dem notwendigen entschlossenen Auftreten gegen den wachsenden Antisemitismus entgegenstehen", heißt es in einem offenen Brief der Bremer DIG.



Auslöser der DIG-Kritik und nun des Rückzugs der Böll-Stiftung ist ein Essay von Gessen im New Yorker vom 9. Dezember, in dem es unter anderem um die deutsche Israel-Politik geht. Gessen setzt sich darin kritisch mit der deutschen Erinnerungspolitik auseinander, darunter mit der umstrittenen BDS-Resolution des Bundestags, die die Israel-Boykott-Bewegung Boycott, Divestment and Sanctions als antisemitisch verurteilt.

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Zur Lage im Gazastreifen schreibt Gessen: "Seit 17 Jahren ist Gaza ein übermäßig besiedeltes, verarmtes, eingemauertes Lager, das auch nur für kurze Zeit zu verlassen nur ein kleiner Teil der Bevölkerung das Recht hat – in anderen Worten, ein Getto." Gaza sei "nicht wie ein jüdisches Getto in Venedig oder wie ein innerhalb einer Stadt gelegenes Getto in Amerika, sondern wie ein jüdisches Getto in einem von Nazi-Deutschland besetzten osteuropäischen Land".

"Tiefsitzendes negatives Vorurteil gegenüber dem jüdischen Staat"

Die DIG wirft Gessen vor, mit solchen Äußerungen "in deutlichem Gegensatz zum Denken Hannah Arendts" zu stehen. "Es ist uns unbegreiflich, wie ein/e so erfahrene/r Wissenschaftler:in wie Masha Gessen, die sich so große Verdienste um die kritische Analyse des russischen Imperialismus erworben hat, ernsthaft Gaza mit den Vernichtungs-Ghettos der Nazis gleichsetzen kann", heißt es in dem offenen Brief. Aus Sicht der DIG gibt es dafür nur eine Erklärung: "Ein tiefsitzendes und grundsätzliches negatives Vorurteil gegenüber dem jüdischen Staat."

Gessen stehe es frei, solche Auffassungen zu vertreten, heißt es weiter. "Aber Masha Gessen sollte mit ihren Ansichten nicht mit einem Preis geehrt werden, mit dem der jüdischen Philosophin Hannah Arendt gedacht werden soll."

Bereits am Montag hatten zwei Gründungsmitglieder des Vereins Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken e.V. in einem Brief an dessen Mitglieder und die Preisstifter gefordert, die geplante Preisverleihung am 15. Dezember abzusagen. Auch sie beziehen sich in ihrem Brief, der ZEIT ONLINE vorliegt, auf den Essay von Gessen im New Yorker. Lothar Probst und Helga Trüpel schreiben, Masha Gessen habe sich "mit Äußerungen zum Nahost-Konflikt in einer Art und Weise disqualifiziert, die alle an der Preisverleihung Beteiligten, vor allem aber die deutsch-jüdische Denkerin Hannah Arendt, diskreditieren würde".



In der ursprünglichen Begründung für die Preisvergabe heißt es, Gessen berichte als "Analytiker*in des Niedergangs und der Hoffnung" über "Machtspiele und totalitäre Tendenzen ebenso wie über zivilen Ungehorsam und die Liebe zur Freiheit" – in einer Zeit, die "von der autokratischen Erosion in den USA, von einem kriegsbereiten Totalitarismus in Russland und von gravierenden Konflikten zwischen den großen Mächten geprägt ist". Gessens Texte öffneten "neue Sichtweisen, die helfen, eine Welt im beschleunigten Wandel zu verstehen".

Gessen wurde als Kind einer jüdischen Familie in Moskau geboren und lebt seit den Achtzigerjahren in den USA. Gessen bezeichnet sich als non-binäre Person.

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[1] Url: https://www.zeit.de/kultur/2023-12/deutsch-israelische-gesellschaft-masha-gessen-kritik-hannah-arendt-preis

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