(SZ) Jauchzet, frohlocket, der Herr hat Großes an uns getan, was lang
wir entbehrten. Mehr noch: Der Herr fährt auf mit Schalmeien, und wir,
seine Jünger, fahren hinab mit heller Posaune (ungefähr so in Psalm
47). Und, ihm gleich, wieder hinauf. Teure Leser-Gemeinde, ein
bisschen biblischer Überschwang sei uns gewährt, denn siehe, er läuft
wieder, da wir ihn auf ewig im Himmel wähnten, oder in der Hölle;
kennt ja beide Wege. Läuft also nach Jahren grausamen Stillstands,
fährt, gleitet, ächzt, poltert, rumpumpelt . . . ja, wer denn, um des
Himmels willen? Nun, unsere Rosenkranzmühle, unsere
Menschenschöpfkette, unser Redaktions-Paternoster. Seit gestern gilt
die erlösende Parole: "Weiterfahrt durch Boden und Keller
ungefährlich." Ob dies eine Nachricht von allgemeinem Belang sei? Wir
hören wohl nicht recht. Und was für eine! Ein jeder Paternoster,
deutschtypischer Name Personenumlaufaufzug, welcher noch Lebenszeichen
von sich gibt, ist Wundertier einerseits und führt an, andererseits,
die rote Liste aussterbender Mechanik, weil TÜV und Deutscher
Aufzugsausschuss (sic!) seinesgleichen auf dem Kieker haben. Pater
noster! Die Lieblingstechnik, wen wundert's, der Bischöfin Jepsen.
Der unsere war krank, angeblich. Die Polygonräder? Ein Lagerschaden?
Ausgeleiert die mächtige Kette? Gleichwie, wir standen vor vernagelten
Schachtlöchern. Irgendwie erschien uns diese Stilllegung als ein
begleitendes Symbol der Zeitungskrise, Anzeigenkrise, SZ-Krise. Nichts
ging mehr, keine Bewegung, keine Zeichen, kein Paternoster-Orakel,
keine Paternoster-Inspiration. Zwei Schreckensjahre. Wir
rekapitulierten die guten alten Zeiten, da er mit uns umlief, er, der
Unersetzliche. Ob man morgens, bei der ersten Fahrt, Kabine eins, zwei
oder wenigstens drei erwischte; oder bloß eine mittelmäßige, acht,
neun; oder - die Letzten werden die Ersten sein - dreizehn, vierzehn?
So was entschied das Tagesgefühl. Wer nicht weiterwusste, stecken
blieb mitten im Streiflicht, im Konspirativen, gönnte sich eine
Umfahrt oder zwei, nahm eine Prise Inspiration zu je drei Minuten
siebenundzwanzig. Schon rumpumpelten auch die Analogien, befreit durch
die Rosenkranzmühle, passierten furchtlos Boden und Keller und
ringelten sich zu Füßen staunender Leser. Und welch ein Höhepunkt, als
der unscheinbare Kollege M. nach unerbittlichem Üben unseren
Paternoster telekinetisch anzutreiben oder zu verlangsamen vermochte,
auf Wunsch, je nachdem.
Nun, o Wunder, ist er wiedergeboren, fließt gleichmäßig, ungefähr
dreißig Zentimeter pro Sekunde, auf und ab, ab und auf. Wer sich nach
unten begibt, gelangt durch leichtes Umsteigen zum Gipfel. Und
umgekehrt. So soll es sein, so haben wir es gern. Aufwärts mit uns!
Der Paternoster dieser Zeitung geht wieder. Ein Mirakel, ein Zeichen.