(SZ) Die Politiker, man beneidet sie nicht. Den Bundeskanzler schon
  gar nicht. Manchmal aber dann doch: Sehen wir unseren Regierungschef
  in Afrika, dann denken wir, dass es manchmal doch ganz schön sein
  muss, Kanzler und Schröder, Schröder und Kanzler zu sein. Nicht der
  weiten Reisen wegen - zu Hause ist es noch immer am besten! Und auch
  nicht der Reisebegleiter wegen - 23 so genannte Spitzenmanager, wie
  sie Schröder nun täglich um sich hat, sind wohl eher eine Strapaze als
  eine Freude. Aber dann gibt es plötzlich jene Glücksmomente, die eben
  doch nur der Mächtige erlebt: als jetzt, es war wohl in Addis Abeba,
  der Kanzler mit militärischen Ehren empfangen wurde. Und als nicht der
  sonst übliche Soldat mit Gardemaß hinter ihm herschritt, nicht der
  notorische Riese, der unseren kurzen Kanzler noch kürzer aussehen
  lässt, sondern eine wahrhaft spektakuläre Erscheinung: ein schlanker
  Krieger in blitzblanker, blütenweißer Uniform, der, während er
  Schröder leichtfüßig folgte, mit einem riesigen, glitzernden Degen
  virtuos die Luft zerteilte, was einerseits total tänzerisch,
  andererseits recht Furcht erregend wirkte. Schröder zuckte nicht mit
  der Wimper, was erneut bewies, dass er erst in bedrohlicher Lage zur
  Bestform findet. Und so zeigte er uns Deutschen daheim in Deutschland,
  dass nicht nur der Schwabe, wie wir vom Dichter Uhland wissen, sondern
  auch und gerade der Niedersachse sich in der Fremde höchst heldenhaft
  bewährt. Der wackre Schröder forcht sich nit, ging seines Weges
  Schritt vor Schritt.

  Wie gut solche Bilder tun! Erleben wir unsere geplagten Politiker doch
  fast nur noch in wenig glanzvollen und wenig theaterhaften Szenen.
  Müssen vielmehr ständig mitansehen, wie sie müde in Christiansens
  Talkshowsesseln hängen. Oder wie sie gar todmüde, mit grauen
  Gesichtern und in grauen, zerknitterten Anzügen, aus irgendwelchen
  Nachtsitzungen irgendwelcher Vermittlungsausschüsse herauswanken. Ein
  trauriger Anblick: Macht macht müde, Politik macht grau. Doch dann
  sehen wir diese Bilder aus Afrika, sehen den Kanzler und seinen
  Degentänzer, und wissen endlich wieder, dass auch das Gegenteil noch
  immer stimmt. Macht macht Spaß.

  Vielleicht sollte Schröder also nicht nur das Schaf Sammy nach
  Deutschland bringen, welches man ihm in Afrika geschenkt hat, sondern
  auch den unbekannten schwarzen Soldaten. Mit ihm an der Seite und im
  Rücken könnte er ganz anders aussehen, in all den
  Kompromissverhandlungen zwischen Regierung und Opposition. Er wäre
  umgeben von Glanz und Gefahr, nicht nur von Scholz und Müntefering.
  Außerdem: Schreiben die Leitartikler nicht ständig von den Knoten oder
  gar Gordischen Knoten, die es bei solchen Verhandlungen zu zerschlagen
  gilt? Wer weiß denn schon, wozu so ein afrikanischer Degen alles gut
  ist!