(SZ) Das Volk geht auf die Straße, nur der Papst schweigt beharrlich.
  Dabei warten doch alle, alle hier in Deutschland auf sein rettendes
  Wort. Die Nation ist schockiert. Längst schon hätte die Politik
  einschreiten müssen, sie tut aber wieder mal nichts, verbeißt sich
  stattdessen im Vermittlungsausschuss in irgendwelche Reformen. Manche
  in der Regierung machen da noch Witze - ein Skandal. Finsternis ist in
  den Herzen. Bald wird der Mond nicht mehr scheinen, die Sterne werden
  vom Himmel fallen, alle Ordnung mag zusammenstürzen. Was soll kommen,
  wenn er geht? Wovon sollen sie leben, die Feuilletons, die
  Medienbegleiter? Es wird Löcher geben in den Zeitungen, weiße Löcher
  mit schwarzem Rand. Was soll schon noch sein nach ihm: Schmidt,
  Harald.

  Ja, das Volk geht auf die Straße, zum Beispiel in München am
  Donnerstagabend. "Es geht um alles", schreiben die Initiatoren der
  Demonstration im Internet. Um das Elend zu ermessen, muss man es
  herunterbrechen vom Großen ins Kleine, vom Abstrakten ins Persönliche.
  Auch er wird demonstrieren: Franz Maget, der nette, sanfte,
  zutrauliche Fraktionsvorsitzende der SPD im Bayerischen Landtag.
  Maget, über dessen Lippen nie ein Polenwitz käme, erbringt damit einen
  "Liebesbeweis" an Schmidt. Wie oft ist Maget spät heimgekommen vom
  Dienst am Volk, hat sich noch mit seiner Frau auf die Couch gesetzt
  und an den Tabubrüchen des Nürtingers ergötzt. Was wird jetzt werden,
  so spät am Abend auf der Couch? Und wie soll überleben Franz Josef
  Wagner, der Chefkolumnist der Bild-Zeitung - latent gefährdet, labiler
  Charakter, seichweiches Herz, so kennt ihn die ganze Nation. Immer
  abends um elf ist er raus aus der Kneipe, hat sich Schmidt
  reingezogen, das hat Wagner gerettet. Ohne Schmidt bleibt nur Grappa
  und Gavi. So wird aus der Nacht endgültig Umnachtung.

  Das Volk geht auf die Straße und fordert die Macht übers
  Fernsehprogramm. Unverzüglich sollen die Herrschenden Sat 1 die
  Sendelizenz entziehen. Natürlich müssen die öffentlich-rechtlichen
  Anstalten jetzt Schmidt einstellen, koste es, was es wolle. Logisch:
  Parteien kontrollieren die Sender, das Volk wählt die Parteien, also
  ist Volkes Wille Programm. Und wie sieht die Realität aus? Kein
  Schmidt mehr und viel zu wenig Sport. Letzten Samstag zum Beispiel nur
  knapp elf Stunden Sport am Stück in der ARD, davor und danach
  reichlich Minderheitenprogramme. Sonntags noch weniger Sport, grade
  mal knapp acht Stunden am Stück. Demokratie schaut anders aus, da
  entscheidet die Mehrheit. Und die schreit nach Schmidt. Harald, nicht
  Renate, nicht Ulla. Und nach Andrack, den knuddeligen Kompagnon,
  dessen Leben die Menschen in Deutschland besser kennen als ihr
  eigenes. Wann endlich kommt das rettende Wort des Papstes?