(SZ) Ob mit dem Tod alles vorbei ist oder der Ärger erst richtig
losgeht - Hölle, Fegefeuer, Jüngstes Gericht -, weiß keiner so genau,
weshalb der Spekulation Tür und Tor geöffnet ist. Optimisten glauben
gar an ein irgendwie erfreuliches Weiterleben, sei es vor dem Throne
Gottes und der vierundzwanzig Ältesten, sei es in Gesellschaft
schwarzäugiger Jungfrauen. Letzteres wäre in Ordnung, sofern Naddel
nicht darunter ist. Weil aber wenig Verbürgtes aus dem Jenseits
dringt, wappnen sich die Menschen für alle Eventualitäten, getreu dem
Bekenntnis Woody Allens: "Ich glaube an kein Leben nach dem Tode,
obwohl ich immer Unterwäsche zum Wechseln dabei habe." Dies bedenkend,
haben die ägyptischen Pharaonen auf die letzte Reise erlesene Weine,
Obst, Bier und Kosmetika mitgenommen, während es der chinesische
Kaiser Qin Shi für nötig hielt, mit einer schlagkräftigen
Terracotta-Armee in die Grube zu fahren. Heute ist man bescheidener,
wie der Hymne des sauerländischen Fußballclubs SV Heggen zu entnehmen
ist: "Und wenn ich einst gestorben bin,/ so tragt mich hoch hinauf./
Begrabt mich auf dem Sportplatz hin,/ sonst steh ich wieder auf./ Legt
auf mein Grab ein' Fußball hin!"
Bei allem Respekt vor den Heggener Kickern: Der Ball gehört ins Grab,
nicht obendrauf. Nur so ist eine Fortsetzung des Spielbetriebs in der
Ewigkeit gewährleistet. Wie sorgfältig die Hinterbliebenen sein
müssen, um bei der Auswahl der Grabbeigaben keinen Fehlgriff zu tun,
zeigt der Fall eines tödlich verunglückten Belgiers, der zu Hause im
geschlossenen Sarg aufgebahrt lag. Plötzlich und zum nicht geringen
Entsetzen seiner Witwe klingelte das Handy aus dem Totenschrein. Es
war, wie sich herausstellte, noch in der Motorradjacke, die man dem
Unfallopfer beigelegt hatte. Folgt man der Erklärung des
verantwortlichen Bestattungsunternehmers, dann war die Sache halb so
schlimm: Nicht ein Anrufer hatte die Totenruhe gestört, sondern
lediglich die Handy-Batterie. Sie hatte pflichtschuldigst
signalisiert, dass sie in Kürze leer sein würde - ein subtiles Zeichen
der Vergänglichkeit.
Wenn jetzt wieder einer lospoltert, das sei ja ein Skandal, nicht mal
im Tod habe man Ruhe vor dem Mobilfunkgedudel, dann möge er sich an
Gottfried Kellers Gedicht "Lebendig begraben" erinnern, in dem der
verscharrte Scheintote klagt: "Da lieg' ich denn, ohnmächtiger
Geselle, ins Loch geworfen, wie ein Straßenheld." Selber schuld, darf
man hinzufügen, warum hat er kein Handy im letzten Hemd deponiert.
Dann könnte er, der ohnmächtige Geselle, um Hilfe rufen, den
Friedhofsgärtner zum Beispiel. Es würde tuuuttuuut machen, sehr lange
tuuutuuut, und dann, endlich, meldete sich wer, eine wohltönende
Frauenstimme: "Der gewünschte Gesprächspartner ist vorübergehend nicht
zu erreichen."