(SZ) Janich ignoriern, murmelt der Berliner, wenn ihm wieder einmal
  ein keilförmiger Trupp großer, dunkel gewandeter Männer
  entgegenstürmt. Aus Erfahrung weiß er, dass sich mittendrin der kleine
  Kanzler befindet, welcher zur nächsten Besprechung hastet, die so
  wenig bringen wird wie die vorherige. Gleich wird Schröder für einen
  Moment sichtbar sein: Jetzt! Der Berliner aber wendet nicht den Kopf.
  Sein ausgeprägtes Selbstwertgefühl sowie seine Abscheu vor jedweder
  Unterwerfung verbieten es ihm, irgendjemanden als Größe anzuerkennen,
  und so verfolgt er Schröder allenfalls - allenfalls! - aus den
  Augenwinkeln heraus, so lässt er ihn, auf eine körperliche Weise,
  spüren, wie schnuppe er ihm ist. Und wenn der Luftzug, nein, wenn die
  Windhose, die Schröder & Jungs entfacht haben, vorübergezogen ist,
  sagt der Berliner, dem hab icks wieda ma jezeigt.

  Was aber braucht es, prinzipiell gesehen, zum Ignorieren? Na,
  jemanden, der sich ignorieren lässt, der sich offen präsentiert und
  sich nicht tarnt wie ein Geheimagent. Insofern stehen den Berlinern
  harte Zeiten bevor. Bald wird bei ihnen ein Heer von Agenten
  einfallen, und dies auch noch in Mitte, auf einer Brache, die bis
  jetzt Maklern und Müllkutschern zum Golfspielen dient. Dort, auf
  weitem, egalitärem Grund, soll die neue BND-Zentrale errichtet werden.
  Die Einheimischen sind schon sensibilisiert. Haben die Schlapphüte um
  ihr Anwesen in Pullach nicht eine drei Meter hohe, vier Kilometer
  lange Horrorwand gezogen, eine monumentale grauhäutige Schlange, die
  noch von Alpha Centauri aus erkennbar ist? Und waren einst diejenigen
  Agenten, die in Pullach wohnten, zur Täuschung der Sowjets morgens
  nicht erst mit dem Auto rein nach München und dann mit der S-Bahn
  wieder raus in ihr Nest gefahren, unzählige Liter Sprit schluckend,
  unzählige Streifenkarten stempelnd?

  Maua hatten wa schon, Stau ooch, wettern die Berliner. Eindeutig, sie
  wollen die Untertaucher und Abhörer nicht in ihrer Mitte. Und dieses
  Mal, dieses eine Mal haben die Spürnasen Wind bekommen von einer
  bestimmten, für wen auch immer gefährlichen Entwicklung. Und schon
  reagieren sie. Sie schwören, ihre Einkapselung aufgeben zu wollen, und
  versprechen, eine Ladenzeile sowie Cafés und Restaurants zu zimmern,
  die jeder besuchen kann. Die Berliner aber, lebend und lernend im
  weltweit größten Traditionskabinett der Tricks und Fälschungen,
  stellen dazu in einer auf Stullenpapier vervielfältigten Erklärung,
  die sie seit gestern in der Untergrundbahn verbreiten, folgendes fest:
  Ein Geheimdienst, der vorgibt, sich zu öffnen, streut damit nur ein
  weiteres Mal Desinformationen. Mitbürger! Baut einen Maschendrahtzaun
  um die neue Zentrale! Errichtet Checkpoints! Lasst die Schlapphüte
  nicht heraus, bis sie sich ergeben! Schickt sie sodann zurück nach
  Bayern!