(SZ) In Fortführung unserer Ausführungen vom vergangenen Donnerstag
über die wahre Natur der Weißwurst sowie ihres Leugners W. Siebeck;
unter Berücksichtigung des Umstandes, dass derzeit die ganze Welt der
bayerischen Landeshauptstadt zuläuft, angelockt durch einen rituellen,
der rhetorischen Hochbegabung des Münchner Oberbürgermeisters Ude Hohn
sprechenden Urschrei - O'zapft is; bedenkend weiterhin den grandiosen
Sieg unseres Ministerpräsidenten Edmund St. in Relation zur
katastrophalen Löchrigkeit der Hintermannschaft des FC Bayern - sehen
wir uns gleichwohl genötigt, auf einen scheinbar nebensächlichen
gemeinsamen Nenner des Münchner Oktoberfestes und des deutschen
Nationalgeschmacks auszuweichen.
Es handelt sich um eine Sache, welche geeignet ist, die Mauer in den
Köpfen einzureißen, weil nichts Brüder im Osten und Schwestern im
Westen so sehr eint wie die Liebe zur Thüringer Bratwurst, wie eine
Umfrage des Magazins Stahnke zutage förderte. Da jubiliert das grüne
Herz Deutschlands. Und wir alle bangen mit dem Erfurter
Grill-Weltmeister Hans-Joachim Fuchs, welcher mit seinem Team, eine
Kiste "Thüringer" im Gepäck, soeben auf Jamaika eintraf, um auf der
Barbecue 03 den Titel zu verteidigen. An der heimatlichen Basis aber
herrscht Krieg. Gilt es schon als Frevel, wenn Majoran und Kümmel der
Thüringer Wurstmasse beigemengt werden, versinken wir gleich vor Scham
angesichts der Tat des Bratwurstprofigrillers Uwe Scholz aus Arnstadt.
Auf dem Domäne-Parkplatz in Erfurt-Bindesleben servierte er das
köstlich duftende Röststück tatsächlich in einem Doppel- und nicht,
wie geboten, im einfachen Brötchen (Semmel!). Die Verfehlung des
Scholz bringt uns zurück auf die laufende Münchner Wiesn, allwo
Metzgermeister Johann Drexel ein frisch patentiertes coffeinhaltiges
Energiewürstchen namens "Breaker" unters bierselige Volk gebracht hat,
von der Wirkung eines Espresso. Dass wir letzteren
schwarzbitter-flüssig vorziehen, schlürfend und nicht kauend, mag man
unserem Traditionalismus anlasten.
Angesichts der sich überschlagenden Ereignisse zwischen den Zipfeln
kommt ein Ereignis zu kurz, welches sich im vogtländischen Auerbach
zugetragen: ein Wettkochen, angeregt vom "Arbeitskreis deutscher
Sauerbraten" (für britische Leser: zow-uhr-brah-tihn). Leckeres,
süßsaures, mariniertes Rindfleisch, im gewöhnlichen deutschen
Restaurant aber meist eine Katastrophe. Eigentlich dauert die
Zubereitung vier Tage + drei Stunden. In Auerbach schaffte es der
Sieger, Promi-Koch Herkendell aus Berlin, an einem Abend. Köstlich!,
murmelten Albert von Sachsen, Minister Gillo und Minister Schwanitz,
die Juroren, und entfernten mit Grazie die Fasern von sechs süßsauren
Wettbewerbsbraten.