(SZ) Muss schon eine irre Type gewesen sein, der Freiherr Karl
  Friedrich Christian Ludwig Drais von Sauerbronn aus Karlsruhe.
  Studierte Physik, Baukunst und Landwirtschaft, war acht Jahre lang
  Forstmeister, wurde im Wald zum Erfinder. Zuerst erfand er die
  "Fahrmaschine", ein vierrädriges Gefährt mit Fußkurbelantrieb. Dann
  aber, es war 1817, ließ er sich ein einspuriges Zweirad patentieren,
  bald ihm zu Ehren Draisine genannt. Diese "Laufmaschine" avancierte in
  Europa und in den USA sofort zum Modehit. Herren wie Damen stiegen
  entzückt um, vom Pferd auf den harten Bock des Zweirads. So fing das
  alles an. Das sperrige Ding war - hier ist das Wort am rechten Platz -
  Vorläufer unseres liebenswerten Fahrrads. Drais erfand noch allerlei.
  Zum Beispiel eine Fleischhackmaschine. Er empfing ob seiner Verdienste
  die Kammerherrenwürde, wurde sie aber wieder los nach einer wüsten
  Schlägerei in der Öffentlichkeit.

  Draisine und Fleischhackmaschine - der Fortschritt, der
  unvermeidliche, hat die beiden großen Erfindungen des Freiherren
  endlich zusammengeführt. Die Synthese trägt den Namen Mountainbike.
  Das Mountainbike ist kein braves Fahrrad mehr. Es ist rasende Waffe,
  Panzer auf zwei Rädern, blitzschnell hervorschießende
  Fleischhackmaschine. Wer als scheuer Fußgänger, bieder den Bürgersteig
  benutzend, durch die Stadt schnürt, tut gut daran, mit der Wachheit
  des zur Jagd freigegebenen Wilds jedes Mountainbike angespannt und
  misstrauisch schon aus der Ferne zu beobachten. Aber ach, es geht ja
  nicht! Sie kommen von vorn, von hinten, von links, von rechts, in
  Rudeln, als Einzelkämpfer. Keine Ampel stoppt sie, kein Fluch, kein
  Flehen, keine drohende Faust hält sie auf. Und unsichtbar bis zum
  letzten Augenblick greifen sie an auch in dunkler Nacht. Wer, ein
  Momentchen nur dösend, nicht hellwach weghechtet, der wird zerhackt,
  ist verloren. Was tun?

  Wir Gejagten sind zivilisiert und einsichtig genug, uns dieser Form
  des Fortschritts nicht sinnlos entgegenzustemmen. Darum ein Vorschlag
  zur Güte. Wie wäre es, wenn wir zu unserer Lebensrettung so vorgingen:
  Jeder, der sich auf zwei Beinen mit Bodenberührung fortbewegt wird per
  Gesetz verpflichtet a) in der Außenwelt ständig einen Sturzhelm zu
  tragen und b) immer mindestens einen Airbag umzuschnallen. Klar, ohne
  den Kanzler wird das nichts. Sicher auch nicht ohne die Hilfe einer
  Gazette, die dem Kanzler vox populi ist. Wenn die mit knalliger
  Schlagzeile diese Forderung vortrüge, der Kanzler könnte sich ihr
  nicht versagen. Im Fall des Sozialhilfe-Empfängers in Florida hat das
  ja auch geklappt. Der Kanzler würde binnen ein oder zwei Wochen ein
  Gesetz verabschieden lassen. Den Mountainbikern wäre gedient und uns
  braven, gehetzten Fußgängern ebenso. Also der ganzen Nation.