(SZ) Für Stimmung ist in diesem Stück von Anfang an gesorgt: Wald,
  schattig und ernst, doch nicht düster, heißt es in der Szenenangabe.
  Der Kenner ist sofort im Bilde, doch auch dem nicht ganz so Kundigen
  dämmert es bei den nächsten Sätzen: Eine Lichtung in der Mitte. Links
  aufsteigend wird der Weg zur Gralsburg angenommen. Jawohl, so startet
  der Parsifal, das Urgewächs deutscher Opernkultur, mitten in gesundem,
  kräftigem Wald. Kein deutscher Wald, sondern einer im gotischen
  Spanien, aber immer noch weit weg von der ökologischen Trostlosigkeit
  Finnlands, Schwedens, Russlands, wo sie skrupellos die letzten
  Urwälder niedermachen zur Holz- und Papiergewinnung. Wie nobel dagegen
  der Gralsburg-Wald. Gurnemanz, rüstiggreisenhaft, und zwei Knappen,
  von zartem Jünglingsalter, sind schlafend unter einem Baume gelagert .
  . . Gurnemanz: "He! Ho! Waldhüter ihr, Schlafhüter mitsammen, so wacht
  doch mindest am Morgen."

  Das Erwachen freilich kann oft bitter sein. Ein abrupter
  Szenenwechsel, fort aus dem Mythos, hinein ins Dickicht des
  politischen Alltags. Ein leerer lichter Platz in der Hamburger
  Innenstadt, Große Elbstraße, vor der Deutschlandzentrale von
  Greenpeace. Einen deutschen Waldbesitzer, auf dem Weg ins
  Rüstiggreisenhafte, finden wir dort, und zwei Getreue, ein Mädchen und
  einen jungen Waldhüter, alle drei, stellvertretend für die AGDW, die
  Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände, auf Baumstämmen
  gelagert. He! Ho! signalisierten sie. "Greenpeace zerstört meine
  Zukunft. Greenpeace zerstört mein Lebenswerk." Greenpeace tut das
  durch einen Holzführer, der uns vor wenigen Wochen vorgelegt wurde,
  "Gute Hölzer - schlechte Hölzer", und der uns moralisch beraten soll
  in Sachen Holz und Papier, vom Gartenmöbel bis zum Papierrecycling.
  Der uns warnt vor dem regenwaldfeindlichen Verlangen nach Edelhölzern
  - Mahagoni, Merbau, rotes Meranti -, aber auch Zurückhaltung
  empfiehlt, was Kiefer, Lärche, Fichte angeht. ( He! Ho! Dabei wird bei
  uns regelgerecht geforstet. Der Greenpeace-Führer verwirrt und
  verschreckt die Kunden - bis zum Plastik-, Stahl- und Betonrausch.

  Forstlich forsch ist diese Aktion/Argumentation - und sogar dem
  deutschen Weihespiel verwandt. Christoph Schlingensief, ein
  anerkannter Schlafhüter deutscher Kunst, ist eben im Frankfurter Raum
  auf der Suche nach Freiwilligen, er will das Pfahlhockerprojekt
  recyceln, das er in Venedig absolviert hat. Und nächstes Jahr macht er
  dann den Parsifal. Was dieses Streiflicht angeht - es wurde strikt
  nach den Regeln im Sprachführer "Gute Sprüche - blöde Sprüche"
  verfasst. Das heißt ohne Ausbeutung ausgeleierter Kalauer wie "Wie man
  in den Wald hineinruft . . ." oder "Den Wald vor lauter Bäumen nicht
  mehr sehen . . ."