(SZ)Herr K., vollschlank, ehemals Gebäudesanierer, jetzt Controller in
einer Süßwarenfirma, Herr K. spürt es schon. Es geht in den Körper
hinein, aber nicht wieder hinaus, ein zartes Schieben, ein leichtes
Vibrato. Pulsbeschleunigung. Hirnhitze. Lang, lang ist's her, dass es
so über ihn gekommen ist. Jahre sind vergangen, seit er für dieses
feldbuschartige Wesen im Versand geschwärmt hatte - eine Zicke, wie
sich dann herausstellte (sie hat ihm eine gescheuert). Nun also
wieder, von irgendwo her, dieses Schwingen im Zwerchfell, für das es
nur eine Erklärung gibt. Sie steht in der Zeitung, in der mit der
hohen Auflage: "Der Mars jagt Lustwellen durchs All." Je näher er uns
kommt, sagt ein neuzeitlicher Astrologe, desto wilder und
leidenschaftlicher werden wir. K. spürt, dass ihm der Mars schon ganz
nah ist. Es könnte also an ihm sein, die Frage zu beantworten, ob in
dieser Nacht Helden gezeugt werden. Eindeutig zu beantworten,
spätestens um 2.37 Uhr, wenn der Mars ihm am nächsten ist, der
glühende, feurige Planet.
Herr K. schnallt sich den Gürtel enger, er ist nur noch wildes
Begehren, ein Bohlen, ein Kinski. Was er leider nicht weiß, das steht
in den Schriften der klassischen Astrologen. Laut Ptolemaios hat der
Mars eine so hitzige Natur, dass er Fisteln und Trockenheit
verbreitet. Laut Firmicus bewirkt er Fieberhitze, die zum Wahnsinn
führt. Laut Valens bringt er vierfüßige Tiere dazu, Krankheiten zu
übertragen. Laut Abuma'sar impft er den Menschen eine gemeine Sprache
ein.
Herr K., der das alles nicht weiß, richtet sich auf einen langen Abend
ein. Spätestens um 2.37Uhr, so viel ist sicher, wird die
Feldbuschartige vor seiner Tür stehen, angetrieben von den Lustwellen
des Mars. Er zieht also die bequeme Haushose an, legt sich die
Katzenzungen aus dem Firmen-Deputat zurecht, öffnet sich den
Schwingungen, die da über ihn kommen. Im Fernsehen läuft "der Bulle
von Tölz", dann geht's zwanglos rüber zu stern TV und dem Thema
"Affenliebe international - wie ein Schimpanse in Spanien sein Glück
findet", anschließend die gewohnten Sexy Clips auf dem Sportkanal.
Endlich schlägt's 2.37Uhr, er hat eigens den Wecker gestellt.
Sehnsüchtige Blicke richten sich auf den roten Punkt am Südhimmel, da
beißt Katze Schnurrli K. kräftig ins Bein, den juckt's am ganzen
Körper, der Mund ist staubtrocken, er stößt widerwärtige Schimpfwörter
gegen Gott, den Chef und die Zeitung aus. Dann umfängt ihn die Nacht,
eine frostige Nacht. Anderntags fragt ein Kollege freundlich, ob er
den feurigen Planeten gesehen habe. Herr K. fletscht die Zähne und
schließt sich im Büro ein. "Er ist nun endgültig wahnsinnig geworden",
sagt die Frau vom Versand. Drei Monate später ist er ein Fall für die
Zeitung mit der hohen Auflage. "Deutschlands irrster Controller"
lautet die Schlagzeile in glutroter Farbe.