(SZ)Was weiß man schon von Alabama: seit 1819 US-Staat, Beiname Heart
of Dixie. Doch nun kommt ein gewisser Roy Moore, seines Zeichens
oberster Richter von Alabama. Still und heimlich ließ er in einer
Julinacht des Jahres 2001 einen zweieinhalb Tonnen schweren
Granitblock ins Foyer des Gerichts der Hauptstadt Montgomery schaffen.
Ein richtiges Monument, schön und geschmackvoll wie ein Grabstein.
Obenauf liegen, in diesen Stein gehauen, die zwei Tafeln mit den Zehn
Geboten. Richter Moore war zufrieden. Nicht so seine Kollegen und
viele Alabamaer, denen dieses Zehn-Gebote-Denkmal ein gewaltiger Dorn
im Auge ist. Nach vergeblichen Aufforderungen, das Teil wegzuräumen,
weil es dem Verfassungsgrundsatz der Trennung von Staat und Kirche
widerspreche, ist der hartnäckige Richter Moore nun verurteilt worden
zum Abtransport. Ansonsten muss er täglich fünftausend Dollar zahlen.
Außerdem wurde er suspendiert. Doch Moore weigert sich
unerschütterlich: "Wir werden unser in der Verfassung verbürgtes
Recht, Gott zu achten, weiter verteidigen."
Kleiner Rückblick: Halsstarrigkeit und Eigensinn gehören von Anfang an
dazu. Als der Mann Mose auf den Sinai stieg, um dort unter Donner und
Blitz - etwa so, wie es Moses Heston in Cecil B. De Milles Filmepos
erlebt hat - mit den Geboten eingedeckt zu werden, hatte das Volk in
der Ebene keine Geduld und verlangte nach Göttern, "die vor uns her
gehen"(2. Mose 32, 1). Bruder Aron goss daraufhin das goldene Kalb,
und schon wurde getanzt und gefeiert bis zum Abwinken. Als Mose
zurückkehrte, zerbrach er vor lauter Zorn über die Festivitäten die
Tafeln. Er musste sie später vierzig Tage und Nächte ohne Wasser und
Brot nacharbeiten. Wegen des Goldkalbstanzes war der Oberste schwer
sauer und wollte nicht mehr: "denn du bist ein halsstarriges Volk; ich
möchte dich unterwegs vertilgen"(2. Mose 33, 3). Moses hat dann die
Sache nochmal geradegebogen.
Wie wenig doch ausreicht, um quasi als Religionsstifter dazustehen!
Inzwischen wird vorm Gericht in Montgomery gebetet und gesungen für
"Roy's Rock", während andere nach Kompromissen suchen: Ob er nicht für
Atheisten ein Molekül in Stein meißeln lassen und für Muslime einen
Koran aus Marmor herschaffen könne? Roy Moore hat einschlägige
Erfahrungen; er hat sich vor elf Jahren die Zehn Gebote, in Rosenholz
geschnitzt, über seine Bank gehängt. Den folgenden Prozess gewann er
und auch die Wahl zum Höchsten Richter. Benutzt die Zehn Gebote frech
als Karriereleiter, dieser Roy Moore. Wie aber hält er es im einzelnen
mit den Geboten? Nicht deren Aufstellung en bloc, erst deren Befolgung
bewahrt davor, nicht doch unterwegs vertilgt zu werden. In diesem
Sinne: "Schöner grüner Mond von Alabama! Leuchte uns!"