(SZ)Wie verschwenderisch in den Zeitungen mit diesem Wort umgegangen
  wird: Zahllos, heißt es, seien die Liebhaberinnen, welche unter Mick
  J. gelegen hätten, zahllose Schlösser säumten nebenan in Frankreich
  den Fluss L., und zahllose Aktenordner befänden sich in den nicht
  minder zahllosen Räumen der G.-Behörde. Natürlich ist das Unfug, denn
  mag es sich auch um hunderte Nymphen, Schlösser und Akten handeln, so
  sind es doch nicht so viele, dass man sie nicht zählen könnte. Man
  kann alle und alles zählen, nur die Sterne nicht, die nicht, denn von
  denen gibt es nun wirklich unendlich viele. Sie funkeln noch dort, wo
  kein Teleskop hinreicht, sie leuchten über unsere Vorstellungskraft
  hinaus, und hilflos muten unsere Versuche an, sie in unseren Rechnern
  und Gehirnen zu registrieren. Siebzig Trilliarden sind derzeit
  erfasst, im winzigen Ausschnitt des Alls, den wir überblicken, das
  sind 70000000000000000000000 Sterne; wie das flirrt vor den Augen, wie
  grell die Nullen blinken, wie sie zu einer flimmernden endlosen Kette
  verschmelzen.

  Und immer und ewig werden die Nullen, also die Sterne, weiterblinken,
  oder? Eben nicht. Sie sind, im Gegenteil, schon dabei, sich zu
  verkrümeln. Die alten Sterne verlieren an Helligkeit, scheinen nur
  noch matt und rötlich, und junge, heiße, blaublitzende Sterne werden
  nicht mehr genügend geboren, wie amerikanische Forscher herausgefunden
  haben. Nebenbei: Dauernd finden irgendwelche amerikanischen Forscher
  irgendwas heraus, es scheint zu viele von ihnen zu geben, jemand
  sollte sie nummerieren, und die Nummer, die schon etwas herausgefunden
  hat, muss dann mindestens zehn Jahre Pause machen, sonst werden wir
  erschlagen vom ganzen Wissenswust. Wo waren wir? Beim Geburtenknick im
  Himmel. Bei der Vergreisung der Sterne. Sie ist dauerhaft und
  unumkehrbar. Vor sechs Millionen Jahren sind 30-mal mehr Sterne
  geboren worden als heute, da es kaum noch Rohstoffe gibt am Firmament,
  ja, die Materie geht zur Neige, ist nicht erneuerbar, mehr und mehr
  Sternenleichen treiben durchs All, traurige farblose Knochen unserer
  Träume, und es wird dunkler und dunkler.

  Das ist nicht gut für die Erde. Für Deutschland allerdings ist es
  wurscht. Es fügt sich, dass jetzt, da die Sache mit den Sternen
  herausgekommen ist, auch die neueste Menschengeburtenrate
  veröffentlicht wurde. Der zufolge belegt Deutschland mit 1,34 Kindern
  pro Frau nur Rang 180 von 191 Staaten. Wie erschreckend! Das reicht ja
  nicht, das führt, wie jeder leicht ausrechnen kann, stracks zum Ende
  der Population. Schon bald wird die Gegend hier menschenleer sein,
  eine Wüstenei, getränkt mit zahllosen Tränen jener letzten
  Staatsbürger, die gar niemanden mehr zur Fortpflanzung fanden, und
  noch eine Weile sanft beschienen von erlöschenden Sternen.